„Bei den Parlamentswahlen 2015 erhielt Erdogans AKP hierzulande fast 60 Prozent, zehn Prozent mehr als in der Türkei.“

Der Besuch des türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim am Samstag in Oberhausen hat im Vorfeld heftige Reaktionen ausgelöst. „Werbefeldzug für eine Diktatur“ und „unglaubliche Frechheit“, echauffieren sich Politiker von CSU bis Linkspartei. Was der AKP-Politiker im Ruhrgebiet vorhat, liegt auf der Hand: Vor Tausenden von Deutsch-Türken soll für das Referendum im April und die damit erhoffte nicht mehr zu beschränkende Macht des türkischen Präsidenten Erdogan geworben werden. Dass die in Deutschland lebenden Türken den Ideen Erdogans mehrheitlich aufgeschlossen gegenüberstehen, darf vorausgesetzt werden. Bei den Parlamentswahlen 2015 erhielt Erdogans AKP hierzulande fast 60 Prozent, zehn Prozent mehr als in der Türkei. Yildirims Auftritt ist daher kein Zufall. Er erfolgt in einer Phase der Vorhaltungen. Die jüngsten Spitzel-Vorwürfe gegenüber Ditib-Mitgliedern und die damit verbundenen Razzien in Deutschland belegen das. So groß das Misstrauen gegenüber der türkischen Staatsführung, so bedeutend bleibt das Land als Helfer in der weiter zu bewältigenden Flüchtlingskrise.

Und doch wäre es ein Leichtes, dem Auftritt Yildirims ein öffentliches Zeichen entgegenzusetzen. Warum diskutiert Angela Merkel nicht auf großer Bühne mit Can Dündar, Ex-Chefredakteur der Zeitung Cumhuriyet? Verurteilt, weil er seine Arbeit machte. Geflohen, weil er seines Lebens nicht mehr sicher sein konnte.

Man müsste nur eine Halle anmieten, wenn man denn wollte...