„Der Fehler Diess’ wird instrumentalisiert und zum Politikum. Offensichtlich soll der Manager beschädigt werden.“

Fragen nach einer Gewerkschaftszugehörigkeit sind zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern in Dienstgesprächen ebenso tabu wie die nach politischer oder sexueller Orientierung, Schwangerschaft und Krankheiten. Insofern hat VW-Markenchef Herbert Diess einen Fehler gemacht, als er sich in Zusammenhang mit Beförderungen nach der IG-Metall-Mitgliedschaft der Kandidaten erkundigte. Daran scheint es keinen Zweifel zu geben, ein Sprecher bestätigte entsprechende Fragen. Die seien allerdings nicht direkt gestellt, sondern einer Mail handschriftlich angefügt worden.

Demnach wollte Diess den Behauptungen nachgehen, dass IG-Metall-Mitglieder bei Beförderungen bevorzugt werden. Das wäre schließlich ungerecht. Die Gewerkschaft äußerte dagegen indirekt den Verdacht, dass IG-Metall-Mitglieder benachteiligt werden könnten.

Wie der Fall genau gelagert war, sollte intern geklärt werden. Und damit sind wir beim eigentlichen Thema. Denn auch dieser Vorgang wird eben nicht intern behandelt, sondern an die Öffentlichkeit durchgestochen. Die Quelle ist nicht bekannt. So wird er instrumentalisiert und zum Politikum. Dieser Eindruck verfestigt sich vor dem Hintergrund, dass es Verfehlungen wie die von Diess tagtäglich in Unternehmen von der Größe des VW-Konzerns geben dürfte. Ihnen muss zwar intern nachgegangen werden, sie haben aber bei weitem nicht die Sprengkraft zum Beispiel des Abgas-Betrugs, der öffentlich diskutiert werden muss.

Offensichtlich soll der Manager beschädigt werden. Aber von wem? Seit seinem Antritt im Juli 2015 ist er durch sein kantiges Wesen ein Fremdkörper geblieben, wiederholt gab es Konflikte mit dem Betriebsrat. Erst in der vergangenen Woche eskalierte ein Streit um die Umsetzung des „Zukunftspakts“ – Diess wurde vom Betriebsrat vorgeworfen, dass er die VW-Grundwerte mit Füßen tritt. Das wiegt schwer.

Betriebsratschef Bernd Osterloh steht unter Druck. Als Mitglied des Aufsichtsratspräsidiums wurde er von Ex-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch der Mitwisserschaft im Abgas-Skandal bezichtigt. Als Mitglied des Aufsichtsratspräsidiums ist Osterloh mitverantwortlich für die unverschämte 12-Millionen-Euro-Abfindung für die überraschend ausgeschiedene Ethik-Chefin Christine Hohmann-Dennhardt. Zudem bekleidet Osterloh ein Wahlamt – und wählen dürfen bei VW auch Leiharbeiter. Sie sind einer der Streitpunkte mit Diess.

Es mag sein, dass die Parallelität zwischen all diesen Entwicklungen reiner Zufall ist. Auffällig ist sie allemal.