“Der überraschende Rückzug Sigmar Gabriels von der SPD-Kanzlerkandidatur und vom Parteivorsitz wirft viele Fragen auf.“

Was für ein Paukenschlag! Was für ein Chaos! Was für eine seltsame Art, mit Partei und Wählern umzugehen. Wer wird Spitzenkandidat der SPD und wird bei der Bundestagswahl 2017 ins Rennen gehen? Das sollte am kommenden Wochenende von der Parteiführung in einem geordneten Verfahren verkündet werden. Monatelang wurden Medien und Öffentlichkeit vom Parteichef auf diesen Fahrplan vertröstet.

Jetzt – auf den letzten Metern – überschlagen sich die Ereignisse. Über das Magazin „Stern“ verkündet Sigmar Gabriel den Verzicht auf die Kandidatur und den Rücktritt vom Amt des Parteivorsitzes.

Gabriels beschert Schulz einen Rumpelstart

Dass Gabriel angesichts der Umfragewerte entscheidet, Martin Schulz den Vortritt zu lassen, ist noch nachvollziehbar. Dass er den Parteivorsitz abgibt, um sich nicht als Parteichef ewig den Vorwurf des Zauderns anzuhören – ebenfalls nachvollziehbar.

Dass aber die Parteiführung und die SPD-Mitglieder über eine Interview-Schlagzeile zur Kenntnis nehmen müssen, was ihr Parteichef plant, ist mehr als schlechter Stil. Dieser Coup ist ein Rückschlag für die SPD im Kampf um Anerkennung, Macht und Glaubwürdigkeit. Ihre Erfolgsaussichten werden ohne Not verschlechtert und der neue Spitzenkandidat Martin Schulz muss mit einem Rumpelstart ins Rennen gehen.

Sigmar Gabriel wurde von seinen hartnäckigsten Kritikern immer wieder vorgeworfen, er sei sprunghaft und unberechenbar. Den Beweis für diese These hat er nun selbst geliefert.