Braunschweig. Minister Lies will den Druck auf Vermieter erhöhen, denn in Niedersachsen hat die Bremse noch nicht den gewünschten Erfolg gebracht.

Unser Leser Dirk Volkmann aus Königslutter fragt:

Die Mietpreisbremse hat weitgehend versagt, trotz der Versprechen der Bundesregierung. Wie kann die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt gestoppt werden?

Die Antwort recherchierte Andre Dolle

Menschen aus vier Millionen Haushalten ziehen in Deutschland jedes Jahr um. Vielen fällt es zunehmend schwerer, in den Großstädten eine bezahlbare Wohnung zu finden. Das ist auch in Braunschweig, Wolfsburg und Göttingen so.

Mietpreisbremse

2015 beschloss die Große Koalition im Bund deshalb die Mietpreisbremse in den Ballungsräumen. Die rot-grüne Landesregierung setzte diese als letztes Bundesland im Dezember 2016 auch für ausgewählte Städte in Niedersachsen um. Doch eine Analyse des Immobilienportals Immowelt zeigt ein Jahr später: Die Mieten sind oft weiter gestiegen. Eine der Ausnahmen bildet Braunschweig.

Das Ergebnis der elf untersuchten Städte: In vier Städten sind die Preise seit Einführung der Mietpreisbremse sogar stärker gestiegen als im Jahr zuvor, in drei Städten hat sich der Anstieg zumindest verlangsamt und in vier Städten sind die Angebotsmieten zurückgegangen. Die Märkte sind von ihren Voraussetzungen her manchmal unterschiedlich.

Weitere Studien zeigen: Viele Vermieter halten sich nicht an das Gesetz. Strafen müssen sie aber nicht fürchten. Kritiker sagen, das sei ein Grund für das Versagen der Bremse. Eigentlich soll sie Menschen, die umziehen, vor zu hohen Mieten schützen. Denn eine Wohnung, die neu bezogen wird, darf laut Gesetz höchstens zehn Prozent mehr kosten als vergleichbare Wohnungen in der Gegend.

Timo Sass, Chef des Mietervereins Braunschweig und Umgebung, hält die Bremse für dringend verbesserungswürdig. „Mieter haben zum Beispiel keinen Anspruch, zu erfahren, was der Vormieter bezahlt hat. Sie haben in einem möglichen Rechtsstreit also Beweisprobleme.“ Zudem bemerkt Sass in seiner Beratungspraxis: „Mieter scheuen die direkte Konfrontation mit ihrem Vermieter.“ Sie seien froh, wenn sie die erwünschte Wohnung überhaupt bekommen. Er habe wegen der Mietpreisbremse innerhalb eines Jahres maximal zehn Anfragen erhalten, sagte Sass.

Das in Niedersachsen zuständige Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz sieht es mit Blick auf die Preisbremse ähnlich wie der Mieterverein. Sprecherin Justina Lethen sagte unserer Zeitung: „Das Instrument muss weiter verbessert werden.“

Doch die Zuständigkeit liegt beim Bund. Lethen kündigte an, dass sich ihr Chef, Bauminister Olaf Lies (SPD), im Bundesrat für eine Verschärfung der Mietpreisbremse einsetzen werde. Lethen sagte: „Niedersachsen wird entsprechende Gesetzesinitiativen, die der Verbesserung der Mietpreisbremse dienen, im Bundesrat nach Kräften unterstützen.“

Die SPD hat sich bei diesem Thema auch bei den Koalitionsverhandlungen mit der CDU in Niedersachsen durchgesetzt. Die Union sieht die Mietpreisbremse kritisch. Die SPD-Position findet sich 1:1 im Koalitionsvertrag wieder. Dort steht: „Die gesetzlichen Regelungen zur Mietpreisbremse sind auf der Bundesebene weiterzuentwickeln. So wollen wir in den Städten und Gemeinden mit angespannten Wohnungsmärkten die Menschen vor überzogenen Mieterhöhungen schützen und das Mietniveau stabilisieren. Wir werden uns für ein soziales Mietrecht engagieren.“

Immowelt-Sprecher Jan-Carl Mehles hält die Mietpreisbremse indes für das falsche Instrument. Er sagte: „Die Mietpreise bekommt man vor allem mit dem Wohnungsbau – dem sozialen Wohnungsbau – in den Griff. Ein erhöhtes Angebot auf dem Mietmarkt sorge sofort für spürbare Entlastung bei den Mietpreisen.

Doch den sozialen Wohnungsbau haben auch die Großstädte in unserer Region in den vergangenen Jahren vernachlässigt. Braunschweig und Wolfsburg haben zusammen in den drei Jahren bis Ende 2016 lediglich 280 Sozialwohnungen geschaffen.