Braunschweig. Niedersachsen bekommt einen zusätzlichen Feiertag - nicht alle freuen sich darüber. Die Kirchen können sich nicht entscheiden.

Unser Leserin Jutta Abry aus Helmstedt kommentiert:

Ich wünsche mir schon seit Jahren den Buß- und Bettag als Feiertag zurück.

Das Thema recherchierte Svenja Paetzold-Belz

Dass sich die katholische und die evangelische Kirche nicht immer ganz einig sind, liegt in der Natur ihrer Geschichte. Derzeit Anlass zur Kontroverse liefert die Entscheidung von SPD und CDU, in Niedersachsen einen zusätzlichen Feiertag einzuführen.

„Wir sprechen uns klar für den Reformationstag aus“, sagt Michael Strauß, Pressesprecher der evangelisch-lutherischen Landeskirche Braunschweig. Dieser sei aufgrund seiner historischen Bedeutung aber auch mit Blick auf das ökumenische Miteinander eine gute Wahl. „Das ist kein Tag, an dem nur der Protestantismus gefeiert werden soll. Das sollte durch die Zusammenarbeit der Kirchen anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten zu 500 Jahre Reformation in diesem Jahr klargeworden sein.“ Stattdessen habe sich die Reformation auch auf die römisch-katholische Kirche ausgewirkt. Sie sei ein Ereignis von gesamtgesellschaftlicher Tragweite gewesen. „Das Reformationsgedenken war in diesem Jahr mehr denn je ein Miteinander der Religionen“, so Strauß.

Ähnlich argumentieren Vertreter der katholischen Kirche – allerdings gegen den Reformationstag. „Wenn man in Niedersachsen einen religiösen Gedenktag als staatlichen Feiertag einführen möchte, dann sollte man einen Tag wählen, der von den unterschiedlichen Religionsgemeinschaften akzeptiert werden kann“, begründet der Leiter des katholischen Büros beim Land Niedersachsen, Felix Bernard, warum der Buß- und Bettag aus seiner Sicht die geeignetere Variante ist. „Er könnte gut als Tag des interreligiösen Dialogs und des Zusammenwirkens der Religionen gefeiert werden. Beten und Buße als Neuorientierung des Menschen gibt es in allen Religionen.“ Schon vor längerer Zeit habe man mit der evangelischen Kirche versucht, den Buß- und Bettag wieder einzuführen.

Wie die Gespräche auch ausgehen, dass die Wahl auf einen Tag mit religiöser Bedeutung fallen wird, steht fest: „Jeder weltliche Feiertag hätte etwas Zufälliges“, hatte Weil kurz vor der Bundestagswahl gesagt. Auch er könne sich vorstellen, dass der Reformationstag künftig als „Tag des Brückenschlages zwischen den Religionen und als Tag religiöser Zusammenarbeit“ gefeiert wird.

Schon lange diskutiert die Politik darüber, in Niedersachsen einen zusätzlichen Feiertag einzuführen. Gemeinsam mit den norddeutschen Nachbarn Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein hat das Land bundesweit die wenigsten Feiertage. Nur an neun Tagen haben Arbeitnehmer hier gesetzlich geregeltes arbeitsfrei. Mit 13 Tagen im Jahr können Arbeitnehmer in Bayern am häufigsten Zuhause bleiben. Generell ist die Zahl der Feiertage im katholisch geprägten Süden Deutschlands durchschnittlich größer.

„Wir möchten mit Bayern und Baden-Württemberg gern um optimale Rahmenbedingungen für unsere Wirtschaft konkurrieren, aber nicht um die Anzahl der Feiertage“, sagt der Präsident der Industrie- und Handelskammer in Niedersachsen, Christian Hinsch. Laut einer IHK-Pressemitteilung schätzt das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München, dass der zusätzliche Feiertag die Produktionsleistung der niedersächsischen Wirtschaft pro Jahr mit 264 Millionen belasten wird. „Das scheint uns durch die Praxis widerlegt“, sagt Strauß. „Im wirtschaftlich starken Süden geht es ja nachweislich auch.“

Mehr zum Buß- und Bettag lesen Sie hier: Was hat es mit dem Buß- und Bettag auf sich?