Wolfsburg. Branchenexperte Bratzel fordert VW auf, Kompetenz für Batterie-Zellen aufzubauen. Es stehe eine radikale Abkehr von der bisherigen VW-Welt an

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Auch in den Augen von Stefan Bratzel, der das Auto-Institut in Bergisch Gladbach leitet, braucht VW einen belastbaren Plan für die Zukunft. „Es steht eine radikale Abkehr von der bisherigen VW-Welt an – das wird jetzt VW 2.0.“ Für den grundlegenden Konzernumbau hin zur Elektromobilität, aber auch zu Mobilitätsdienstleistungen seien entsprechende Vorbereitungen nötig.

Um bei dem Wandel erfolgreich zu sein, brauche es auch die Arbeitnehmerseite, stellt Bratzel fest. Volkswagen müsse sich in Zukunft aber mit Konkurrenten wie General Motors, Ford oder Hyundai messen lassen können, um nicht an Bedeutung zu verlieren. „Und deren Rendite liegt eher bei 6 Prozent“, stellt der Branchenexperte klar. Um die Veränderung zu meistern, könnten die Wolfsburger nicht länger Bereiche mitschleppen, die sich nicht lohnen. Sonst laufe VW Gefahr, irgendwann einmal vom Markt zu verschwinden. „Man kann nicht das ganze Geschäft auf Porsche und Audi aufbauen“, sagt Bratzel. Die Premiummarken gehören zu den großen Gewinnbringern im VW-Konzern.

„Man kann nicht das ganze Geschäft auf Porsche und Audi aufbauen.“
„Man kann nicht das ganze Geschäft auf Porsche und Audi aufbauen.“ © Stefan Bratzel, Leiter des Auto-Instituts in Bergisch Gladbach

Denn „die Veränderungen, die anstehen, gehen in den Kern“, betont der Forscher – und die würden viele Milliarden Euro kosten. Die bis zu 30 Milliarden, die der Abgas-Skandal voraussichtlich insgesamt kosten wird, hätten die Wolfsburger hierfür gut brauchen können. Umso mehr müssen sie nach Bratzels Einschätzung nun auch über das Jahr 2025 hinaus schon einmal bis zum Jahr 2030 denken. VW müsse jetzt die richtigen strategischen Entscheidungen treffen, wie etwa Tesla derzeit.

Auch Bratzel zählt dazu die Konzentration auf die Kompetenzen für die Elektromobilität. Die Batterie werde der Verbrennungsmotor der Zukunft sein, glaubt der Experte. In zehn bis 15 Jahren muss VW seiner Meinung nach auch bei der Batterie-Zelle was zu sagen haben. Forschung und Entwicklung würden hier zum Kernthema. „In Deutschland gibt es dazu keine Kompetenz, das wird von Korea, Japan und China getrieben. Das muss sich ändern“, findet Bratzel – um nicht abhängig zu werden. Wenigstens Leitfabriken seien dann auch in Deutschland nötig, beispielsweise von mehreren Herstellern zusammen.

Um ein Elektroauto zu bauen, sind allerdings deutlich weniger Mitarbeiter nötig. Einen Stellenabbau von rund zehn Prozent in Deutschland in den nächsten zehn Jahren hält Bratzel daher für die „untere Grenze“. Vor allem handele es sich um deutlich andere Arbeitsplätze. Auch deshalb dürften Vorstand und Betriebsrat bei ihren Plänen nicht im Jahr 2025 aufhören. Wie viele Arbeitsplätze VW dann noch haben werde, hänge auch vom künftigen Marktanteil ab – und von der Wertschöpfung bei der E-Mobilität. Daran hänge letztlich auch der Haustarifvertrag: „Wenn man teurer ist, muss man besser sein – sonst wird das nicht langfristig funktionieren“, stellt Bratzel klar.