Wolfsburg. An bestehenden Tarifverträgen darf laut Bernd Osterloh nicht gerüttelt werden.

Unser Leser, der sich „Is einfach so“ nennt, schreibt auf unseren Internetseiten:

„Ohne einen massiven Jobabbau wird es nicht gehen, und der wird kommen, allerdings auch in der Zulieferindustrie!“

Die Antwort recherchierte Christina Lohner und Thomas Kruse

60 Entscheider aus Management und Betriebsrat zerbrechen sich seit Wochen in sechs Arbeitsgruppen den Kopf, wie bei der Marke VW gespart werden soll. Die Kernmarke muss wettbewerbsfähiger werden, darin sind sich Arbeitgeber und -nehmer einig. Dazu zählt auch ein in der Summe massiver Stellenabbau, wie unser Leser richtig feststellt. Betriebsbedingte Kündigungen soll es aber nicht geben. „Wir müssen die Mannschaft verkleinern, aber es wird keine Entlassungen geben“, sagte am Donnerstag Markenchef Herbert Diess vor rund 20.000 Mitarbeitern im Wolfsburger Stammwerk.

Vorstand und Betriebsrat hatten zu einer zusätzlichen Betriebsversammlung eingeladen, um die Beschäftigten über die Verhandlungen zum sogenannten Zukunftspakt zu informieren, in dem die künftige Ausrichtung der Standorte festgelegt werden soll. Ziel des Betriebsrats sind dabei auch feste Zusagen für die jeweilige Anzahl von Mitarbeitern. Diese markierte er in einem Brief an die Mitarbeiter, der unserer Zeitung vorliegt, als eine von vier „roten Linien“.

Nicht zur Debatte stehen für die Arbeitnehmervertreter zudem bestehende Tarifverträge und betriebsbedingte Kündigungen. Der Abbau von Arbeitsplätzen dürfe darüber hinaus nur entlang der demografischen Kurve stattfinden: im Wesentlichen über die Altersteilzeit.

Doch auch Leiharbeiter werden es in Zukunft schwerer haben, übernommen zu werden. In den vergangenen Jahren des stetig wachsenden Erfolgs waren Tausende allein bei der Marke VW in die Stammbelegschaft aufgenommen worden. Der Betriebsrat kündigte am Donnerstag an, sich für weitere befristete Übernahmen stark zu machen. „Letztlich wird der Auftragseingang da die entscheidende Rolle spielen“, sagte ein Sprecher. „Die Weiterbeschäftigung muss das oberste Ziel sein“, forderte auch Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD). Wo diese am Ende nicht möglich sei, müsse sich der Konzern „nach Kräften bemühen, die Menschen in andere Arbeitsverhältnisse zu vermitteln“.

Auch inhaltlich werden sich die Arbeitsplätze ändern, ein Teil der Mitarbeiter soll umgeschult werden. Ebenso sollen die Ausbildungsberufe auf den Prüfstand, langfristig werden womöglich auch weniger junge Menschen ausgebildet und übernommen. „Wir bremsen den Ausbau konventioneller Technologien, investieren dafür aber in Zukunftstechnik wie die E-Mobilität, die digitale Vernetzung, neue Mobilitätsdienste“, sagte Diess. Betriebsratschef Bernd Osterloh sagte: „Wenn es darum geht, Volkswagen in eine neue Zukunft zu lenken, die unsere Arbeitsplätze dauerhaft sicher macht, dann können wir darüber reden.“

„Wir werden auch neue, zukunftsträchtige Aufgabenfelder an den Standort Wolfsburg holen“, kündigte er an. 700 Stellen im Bereich Digitalisierung und IT seien bereits identifiziert. Zum Stellenabbau bekräftigte er, in den nächsten zehn Jahren könnten 1.500 bis 2.500 Mitarbeiter pro Jahr in Altersteilzeit gehen. „Wo Aufgaben entfallen, werden wir Stellen nicht wieder besetzen“, kündigte Personalvorstand Karlheinz Blessing an.

Das Ziel sind nach Informationen unserer Zeitung 3,7 Milliarden Euro Einsparungen ab Abschluss des Zukunftspaktes bis zum Ende des Jahres 2020. Dabei sollen wesentliche Ziele des Mitte 2014 gestarteten Effizienzprogramms in den Zukunftspakt übergehen, nicht aber die Sparmaßnahmen bei Einkauf und Lieferanten.

Osterloh zählt zur Arbeitsgruppe Verwaltung, die Bürokratie abbauen soll. Geleitet wird sie von Arno Antlitz, der im Markenvorstand für die Finanzen zuständig ist. Uwe Fritsch, der den Braunschweiger Betriebsrat leitet, sitzt in der Gruppe Komponente Thomas Schmall gegenüber, der im Vorstand für den Bereich zuständig ist. Weitere Teams kümmern sich um Einsparpotenziale bei Fahrzeugbau und technischer Entwicklung. Die Gruppe „Value Engineering“ betrachtet den gesamten Produktentstehungsprozess. Hinter der „Personellen Transformation“ steht der sozialverträgliche Abbau von Stellen und die Weiterqualifizierung.