Hannover. Im Umweltausschuss des niedersächsischen Landtags wird die Kritik an „Schacht Konrad“ lauter.

Unsere Leserin Annette Behrens aus Winnigsted (Kreis Wolfenbüttel) fragt:

Wie alt sind die letzten Sicherheitsexpertisen zum Schacht? Und steht fest, dass dort nicht auch Wassereinbrüche passieren können, wie in der Asse?

Die Antwort recherchierte Michael Ahlers

Es blieb Wolfram König vorbehalten, dem Präsidenten des Bundesamtes für Strahlenschutz, bei einer Anhörung im Landtag für „Schacht Konrad“ in die Bresche zu springen.

Mehr als 500 Nebenbestimmungen umfasse die „Konrad“-Genehmigung, betonte König am Montag. Dass der Stand von Wissenschaft und Technik eingehalten werde, sei sichergestellt. Dabei sei der aktuelle Stand der Bestimmungen maßgeblich, nicht etwa der von 2002, versicherte König – dem Jahr der „Konrad“-Genehmigung durch das niedersächsische Umweltministerium. Es könne nicht angehen, dass Deutschland „zuhauf“ Zwischenlager für Atommüll habe, merkte König auch noch an. Das ist letztlich die Position des Bundes, der für die Endlagerung zuständig ist. Ein „planfestgestelltes“, also formal sicheres Endlager unter Tage muss irgendwann auch mal genutzt werden.

„Nicht rückholbar gilt als gescheitertes Konzept“

Zur „Konrad“-Genehmigung gehörten auch Analysen zur Langzeitsicherheit. Das heißt: Wassereinbrüche à la Asse sind danach ausgeschlossen, die Sicherheit wird laut Behördenangaben sozusagen fortlaufend betrachtet. Man könne „Konrad“ nicht mit der Asse vergleichen, sagte König vor den Abgeordneten denn auch.

Im Umweltausschuss des Landtags sahen die anderen Geladenen, die zur Anhörung gekommen waren, das allerdings durchweg anders. „Wir kritisieren seit Jahren, dass Schacht Konrad in den 1980er Jahren als atomares Endlager ausgewählt wurde, ohne zu überprüfen, ob es nicht besser geeignete Standorte gibt“, erklärte Salzgitters Oberbürgermeister Frank Klingebiel (CDU) nach seiner Befragung auch noch einmal schriftlich. Heute wäre ein solcher Standortvergleich zwingend vorgeschrieben, so Klingebiel. Wolfgang Räschke von der IG Metall Salzgitter-Peine betonte, das Endlager liege in einem dicht besiedelten Industriegebiet. Der Müll in „Konrad“ soll aus Strahlenschutzgründen schnell verschlossen und nicht „rückholbar“ eingelagert werden. Für Kritiker wie Klingebiel und Räschke ein spätestens seit dem Asse-Desaster gescheitertes Konzept.

„Wir würden heute nicht so ein Bergwerk nehmen“, sagt König

Ulrich Löhr vom Landvolk sah erheblichen Probleme auf die Lebensmittelbranche zukommen, die doch vom Vertrauen in die Produkte lebe. Gewerkschafter Räschke warnte davor, Endlager erster und zweiter Klasse zu haben. Zweiter Klasse, das wäre „Konrad“, erster Klasse das derzeit wieder mal besonders dringend bundesweit gesuchte Endlager für hochaktiven Müll. Denn dieses Endlager soll erst nach einer Grundsatzdiskussion, wie man Atommüll am besten lagert, gesucht werden – in einem komplexen und offenen „Suchverfahren“. Schacht Konrad dagegen sei „politisch“ planfestgestellt worden, kritisierte Ursula Schönberger von der AG Schacht Konrad.

Dass die Anhörung im Landtag überhaupt stattfand, ist einem Antrag von SPD und Grünen vom Herbst 2015 zu verdanken. Der forderte eine aktualisierte Sicherheitsanalyse von „Konrad“ sowie ein umfassendes Entsorgungskonzept des Bundes für alle atomaren Abfälle. Die Landesregierung solle gegenüber der Bundesregierung außerdem für Rückholbarkeit auch im Fall „Konrad“ eintreten, hatten SPD und Grüne gefordert. „Mit Rückholbarkeit ist Konrad nicht zu realisieren“, erklärte BfS-Präsident König.

Der Hamburger Fachanwalt Ulrich Wollenteit, der für die Stadt Salzgitter eine Stellungnahme in Sachen „Konrad“ geschrieben hat, erklärte bei der Anhörung, Planfeststellungsbeschlüsse könnten auch widerrufen werden. Dazu aber bräuchte Landesumweltminister Stefan Wenzel (Grüne), dessen Haus für die Genehmigung zuständig ist, sehr handfeste Gründe. „Wir würden heute als Betreiber nicht so ein Bergwerk nehmen“, räumte König zwar ein. Doch damit zielte der BfS-Präsident auf den stark erhöhten Aufwand zum Umbau des Bergwerks, das ein Endlager werden soll.