Braunschweig. Instagram und Tiktok haben ihn zum Idol für Tausende gemacht. Aber Mr. Phung bleibt, was er ist: ein netter Mann, der gerne lächelt.

Nein, dieser Mr. Phung kann gar nicht richtig verstehen, was da gerade mit ihm geschieht. „Es ist nicht wirklich wahr“, sagt er und lächelt dabei sein schönstes Lächeln, das immer auch mit einem heiseren, irgendwie verwunderten Kichern verbunden ist. Ja, Mr. Phung ist jetzt ein Star. In den sozialen Medien hat der Mann aus Braunschweig mehr als eine Million Klicks.

Wofür? Na, für seinen Asia-Shop, das frühere Görge City am Bankplatz in der Braunschweiger Innenstadt. Und an diesem Samstag dann der absolute Höhepunkt: Mr. Phung bietet am Nachmittag zwei Führungen in seinem Lebesmittelgeschäft an. Schließlich ist da zwischen fernöstlichen Nudelspeisen, scharfen Saucen und allerlei tierischen Spezialitäten der exotischen Art so einiges erklärungsbedürftig.

Führung durch den Asia-Shop: Die Menschen pilgern zu Mr. Phung nach Braunschweig

Und Mr. Phung erzählt ja auch mitreißend, bricht oft in sein unnachahmliches Kichern aus. Also, was sollen wir schreiben: Der Laden ist gerammelt voll, die Leute kommen aus ganz Norddeutschland, sogar mit dem Zug aus Hamburg und mit dem Flixbus aus Berlin. Extra zu Mr. Phung. Denn der ist mittlerweile ein Social-Media-Star. Da hatte es sich also herumgesprochen, man postete wie wild.

Zwischen den Regalen in seinem Element: Li Phung alias Mr. Phung mit Fanpublikum bei den Saucen.
Zwischen den Regalen in seinem Element: Li Phung alias Mr. Phung mit Fanpublikum bei den Saucen. © FMN | Henning Noske

Und dann pilgerten alle nach Braunschweig in den Asia-Shop. Mehr als 100 Menschen. Durchschnittsalter: 16 bis 20 Jahre. Und weil die Sache Kult ist und schon alle drüber reden und der Kult dann wieder und nochmal Reichweite, Follower und Klicks bringt und die dann wieder posten, und so geht es immer weiter, tja, deshalb ist auch der TV-Sender Pro 7 mit einem Team vor Ort. Ach so, nicht zu vergessen, wir auch.

Ein Mann aus Braunschweig wird zum Social Media-Star: Warum kommt Mr. Phung so gut an?

Warum bloß Mr. Phung? Was ist an ihm, was hat er an sich? Nichts, gar nichts. Der Mann ist so normal liebenswürdig, wie man nur normal liebenswürdig sein kann. Er heißt mit bürgerlichem Namen Li Phung und ist 52 Jahre alt. Seit einem halben Jahr ist er mit seinem Asia-Shop ins frühere Görge City eingezogen. Vorher betrieb er selbst das Ichiban in der Sonnenstraße, das betreibt jetzt ein Geschäftspartner. Und davor hatte er den Imbiss Mr. Phung in der Burgpassage.

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Aber die steht jetzt ja leer. Und Li Phung führt jetzt mit seiner Frau Cu Luc Mui und den Kindern Boayi (15) und Weng Phat (13), die schon gern mithelfen, den Asia-Shop. „Das mach‘ ich bestimmt bis zur Rente“, sagt er. Und der Laden hat es ganz schön in sich, Mr. Phung führt rund 2000 verschiedene Spezialitäten vom Reisbier bis zur Stinkfrucht.

Erklärt das seinen Erfolg? Noch nicht ganz. Wir stehen also mit Mr. Phung an einer prächtigen Peking-Ente, die er eigens auf einem Tisch im Laden für seine Gäste bereithält, tranchiert und mit leckerem Soja-Dressing bestreicht, jene Besucher, die gleich zur zweiten Führung kommen sollen. Na, das wird wohl wieder voll. Übrigens hält Mr. Phung, nur so nebenbei, Peking-Ente in der Woche auch für den Mittagstisch bereit, zum selber aufwärmen daheim oder am Arbeitsplatz.

Plötzlich berühmt auf Instagram und Tiktok: Mr. Phung dreht ein Video – ein neuer Star ist geboren

Das ist gut zu wissen. Aber was ist jetzt mit Social Media? Was mit Instagram und Tiktok, wo der bodenständige Mr. Phung gerade paradoxerweise durch die Decke geht, quasi weltweit? Nun, das kam so. Li Phung hatte eine gute Idee. Man muss bekannter werden. Vor allem deshalb, weil sich die Feinheiten und Spezialitäten im Asia-Shop bei der gutbürgerlichen Braunschweiger Kundschaft noch nicht bis ins Letzte herumgesprochen haben.

Werbung die Phungtioniert
Kommentar eines Users unter einem Video von Mr. Phung

Also drehte er ein Video. Ging da also durch die Gänge seines Ladens und dozierte zwischen den Regalen in seiner unfassbar liebenswürdigen Art über eingeschweißte Gladsnudeln, Krabben in Chili und als Chips, Shiitake Pilze und Fischsuppe aus Vietnam.

Der Erfolg - ein Hammer. Bei Instagram war binnen kürzester Frist ein neuer Star geboren. Die Kommentare überschlugen sich. „Werbung die Phungtioniert“, postete einer. Und ein anderer jammerte: „Ich heule, bin grad erst aus Braunschweig rausgezogen.“ Das ist der Mechanimus. Je origineller ein Post ausfällt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass nach dem Schneeballprinzip alle anderen auch wieder nachziehen. Am Ende ist die Sache nicht mehr zu stoppen.

Popularität nicht nur in Braunschweig: Mr. Phung kann sich seinen Erfolg selbst nicht erklären

So wie jetzt. Als Mr. Phung merkte, was er da losgetreten hatte, legte er natürlich nach. Und postete die Sache mit den Führungen bei sich im Laden. Da gibt‘s schließlich eine Menge zu lernen.

Schon sprudelten die euphorischen Antworten: „Bin ehrlich am überlegen, 250 km dafür zu fahren.“ Und, in einer Analyse von unfreiwilligem Tiefgang etwas später: „Das Woodstock unserer Generation.“

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Natürlich ist da auch Selbstironie im Spiel. Und natürlich die Klassiker der Social-Media-Kommunikation: „herr phung 4 president“ Samt rüder Prognose: „Diggah das war ein großer Fehler, am 09.09 wird halb Deutschland nach Braunschweig fahren.“

Ich muss ganz ehrlich sagen, ich weiß es nicht. Diese Frage stelle ich mir selbst auch.
Mr. Phung auf die Frage, was in zum Social Media-Star macht

Nicht ganz. Aber fast. Wie erklärt sich nun Mr. Phung selbst seine ungeheure Popularität? „Ich muss ganz ehrlich sagen, ich weiß es nicht. Diese Frage stelle ich mir selbst auch.“ Vielleicht 5000 Leute, das war seine optimische Vorstellung, würde er wohl auf seinen Asia-Shop aufmerksam machen können. Dann wurde es vermutlich mehr als eine Million. Da kichert er wieder, immer noch etwas verlegen.

Führung mit Mr. Phung: Gäste kommen sogar extra aus anderen Städten nach Braunschweig

Und dann mischt sich Paul (18) in unser Gespräch ein. Der Schüler des Gymnasiums Eppendorf ist eigens aus Hamburg mit dem Zug angereist. Deutschland-Ticket. Warum kommst du extra nach Braunschweig, gibt‘s denn in Hamburg keinen Asia-Shop? „Ja, schon“, sagt Paul mit entwaffnender Offenheit, „aber keinen Mr. Phung“. Das geht runter wie Sesamöl mit Kokoswasser. Keiner hat eine so tolle kultige Instagram-Präsentation, legt Paul noch nach - und holt sich einen leckeren Nudel-Snack aus Mr. Phungs Mikrowelle.

So sieh‘s aus. Das sind seine Fans. „Ich fühle mich geehrt“, sagt Li Phung und macht eine kleine Verbeugung. Paul ist jetzt happy, er hat eine Original-Stoff-Einkaufstasche aus dem Laden von Mr. Phung geschenkt bekommen. Kult! Und jetzt spendiert ihm der Meister auch noch ein Autogramm darauf. Wahnsinn! Alles aufgenommen von den TV-Leuten. Und auch von uns penibel notiert.

Mr. Phung: Social Media-Star und dennoch bescheiden – „ich fühle mich geehrt“

Dies sind neue Lebenswelten, auch im Journalismus. Während sie in Braunschweigs Schlossarkaden parallel dazu erfolgreich einen Brand niedergerungen haben und jetzt die Fassade kühlen, damit nichts mehr ausbricht, verlässt du kurz den Schauplatz an der Feuerwehrspritze, um bei Mr. Phung nach der Yum-Yum-Hühnersuppe zu schauen. Recherche bei den Followern - und, ganz ehrlich, bei Mr. Phung auch ein Volltreffer. Das wird man an den Zahlen sehen.

Und falls nicht, wenigstens einen wie ihn kennengelernt. Der könnte noch viel über die asiatische Küche erzählen, aus China, aus Japan, aus Vietnam und ganz besonders scharf aus Korea. Das ist interessant. Demnächst schauen wir mal wieder bei Mr. Phung rein. Also, wenn nicht so viel Rummel ist, weil er mal wieder was gepostet hat.