Braunschweig. Sie wollen sich verteidigen, imponieren oder einschüchtern. Schon ab der Klasse 5 in der Schule ist Gewaltprävention nötig.

Schüler und Jugendliche, die ein Messer in der Tasche haben – die Berichte darüber häufen sich. Jetzt wurde ein 19-Jähriger vom Braunschweiger Landgericht zur einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt, weil er in einem Club auf einen anderen Besucher eingestochen hatte. Der Stich hätte auch tödlich ausgehen können.

Mehrfach trafen bereits Gruppen von Schülern und Jugendlichen im Umfeld der Braunschweiger Schlossarkaden aufeinander, auch hier etliche mit Messern bewaffnet, es kam zu Auseinandersetzungen mit Stichverletzungen.

Wie die Braunschweiger Polizei berichtet, nehmen solche Ereignisse zu. In Schulen gebe es eine ähnliche Problematik, Lehrerinnen und Lehrer seien zunehmend verunsichert. Bereits ab Klasse 5 seien jetzt Unterricht und Situationstraining zur Gewaltprävention notwendig.

Die Redaktion richtete Fragen an die Polizei Braunschweig, die von Sprecher Lars Dehnert beantwortet werden.

Wie schätzt die Polizei aktuell die Gefährlichkeit von Messern in der Hand von Schülern und Jugendlichen ein?

Messer sind naturgemäß aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften – scharf, spitz – in einem hohen Maße gefährlich! Der Erfahrung nach und auch nachdem, was Jugendliche Beamten gegenüber äußern, wenn Messer bei Ihnen aufgefunden werden, wird das Messer nicht mitgeführt, um gezielt und gewollt andere Menschen damit anzugreifen. Vielmehr fällt immer der Standardsatz: „Ich habe das Messer nur dabei, um mich zu verteidigen.“ Dass ein Messer dazu geeignet ist, schlimmste oder sogar tödliche Verletzungen zu verursachen beziehungsweise auch selbst zu erleiden, das ist vielen jungen Leuten nicht bewusst. Es stellt sich auch der Eindruck dar, dass man oftmals einfach mit dem Trend mitschwimmt. Es ist angesagt oder obligatorisch, dass man ein Messer dabeihat. Das Mitführen eines Messers wird durch meist männliche Jugendliche oder Heranwachsende aber auch oft genutzt, um zu imponieren, andere einzuschüchtern oder zu bedrohen. Der Schritt dazu, das Messer dann auch im Rahmen von Auseinandersetzungen einzusetzen, ist dann aufgrund einer sich dynamisch einstellenden und emotional aufgeladenen Situation, oftmals sehr klein. Zudem gibt es Messer auf dem Markt, die aufgrund ihrer Beschaffenheit extrem gefährlich sind, jedoch im Rahmen der Legalität liegen.

Ist denn tatsächlich eine Zunahme von Gewaltdelikten mit Messern zu beobachten, und um welche Zahlen geht es da?

Dem Eindruck oder den Erfahrungen der Kollegen der Polizei Braunschweig nach, ist tatsächlich eine Zunahme von Gewalt- und Rohheitsdelikten unter Anwendung von Messern erkennbar. Auch statistisch lassen sich diese Zahlen belegen. Wurden im Jahr 2021 noch 138 Straftaten unter Anwendung von Messern registriert, waren es 2022 schon 182 Taten. Diese Entwicklung scheint sich auch in diesem Jahr fortzusetzen. Ebenso werden bei einer Vielzahl von Personenkontrollen, die wir durchführen, vor allem bei Jugendlichen, immer wieder Messer festgestellt.

Was unternimmt die Polizei, auf welche Maßnahmen setzt sie, was kann sie tun?

Bezogen auf das sich momentan darstellende Problem von Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen im Innenstadtbereich, werden durch die Polizei intensive und niederschwellig angesetzte Kontrollen durchgeführt. Erkannte größere Jugendgruppen werden unmittelbar durch starke Polizeikräfte kontrolliert. Diese Kontrollen beinhalten im Einzelfall auch Personendurchsuchungen, um etwaige gefährliche Gegenstände oder Messer aufzufinden. Fehlverhalten wird mit polizeilichen Maßnahmen im Rahmen rechtlicher Möglichkeiten belegt. Dabei wird aber auch das Gespräch mit den Jugendlichen gesucht. Maßnahmen werden erläutert, und es wird das sich momentan darstellende Phänomen von Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen thematisiert und hinterfragt. Gesprächsführungen dieser Art werden übrigens positiv aufgenommen und schaffen zum Teil ein Verständnis.

Was kann zu einer wirkungsvollen Prävention noch getan werden?

Das Präventionsteam der Polizeiinspektion Braunschweig steht bereits im engen Kontakt mit vielen Schulen im Stadtgebiet. Gewaltprävention wird durch Fachpersonal in Form von Unterrichten und Situationstrainings an Schulen bereits ab der 5. Klasse thematisiert. Gerade im Hinblick auf das Mitführen von Messern durch Schüler, ist hier ebenfalls ein steigender Trend zu erkennen. Eine zunehmende Unsicherheit bei Lehrerinnen und Lehrern ist deutlich wahrnehmbar. Demzufolge gibt es vermehrt gezielte Anfragen im Bereich der Gewaltprävention zum Thema „Messer“.