Im Jahr 1982 trat Carl H. Hahn seine Aufgabe als Chef des VW-Konzerns an. Hendrik Rasehorn hat ins Archiv geblickt und einige Meilensteine zusammengesammelt.
6. Januar 1982: Anfang dieser Woche hat Dr. Carl H. Hahn (55) seinen Job auf dem Chefsessel des VW-Konzerns in Wolfsburg als Nachfolger von Toni Schmücker angetreten. Für ihn muss es ein Triumph gewesen sein, denn schon unter dem legendären VW-Chef Prof. Heinrich Nordhoff galt der 1954 bei VW eingetretene „junge Mann“ Hahn bald als Kronprinz. Sporen verdiente er sich 1959 bis 1964 als Chef der US-Tochtergesellschaft VW of America, die mit 600.000 verkauften Wagen im Jahr bisher nie wieder solche Erfolge verbuchen konnte wie in der Ära Hahn. In den VW-Vorstand nach Wolfsburg gerufen, platzten zunächst die Kronprinzen-Träume und -Pläne. Die Gewinnschrumpfung des Jahres 1971 wurde nämlich auch dem VW-Verkaufschef Hahn angelastet. Die Konsequenz: Er ging als Topmanager zum Reifenkonzern Conti-Gummi nach Hannover. Von dort schaffte er nun doch den Sprung zur Nummer 1 in Wolfsburg. Wer Carl H. Hahn Kälte bis zum Gefrierpunkt nachsagt, kennt den Mann nicht richtig.
3. Mai 1982: „Das Automobilgeschäft bleibt sehr schwierig!“, stöhnt Carl H. Hahn. Sein Ziel: das Niveau halten! Zur Zeit sieht es nicht danach aus, dass dieses Ziel erreicht werden kann.
17. Dezember 1982: Die Volksrepublik China wird im März den Vertrag mit VW über die Montage von Santana-Personenwagen unterzeichnen. 1983 sollen 500, 1988 schon 20.000 Wagen in Shanghai montiert werden.
1. Juli 1983: Die Produktion des VW-Konzerns in Übersee bezeichnete Hahn als „erhebliche strategische Stärke“. Für VW sei der größte Automarkt der Welt, der US- Markt, unverzichtbar. Er habe nicht die Absicht, die Fertigung in den USA aufzugeben, sagte Hahn zu den Branchengerüchten der letzten Tage.
13. September 1983: Auf der 50. Internationalen Automobilausstellung (IAA) steht der Nachfolger des zuletzt meistverkauften bundesdeutschen Automodells im Mittelpunkt des Interesses. (...) Das VW-Werk investierte mehr als eine halbe Milliarde Mark in die Neukonstruktion seines wichtigsten Modells. (...) So konnte VW-Vorstandschef Dr. Carl Hahn bei der Vorstellung des Neuen voller Stolz sagen: „Das Volkswagenwerk hat mit dem Golf eine neue Fahrzeugklasse geschaffen. Er ist das klassenlose Auto schlechthin.“
24. Februar 1984: Mit der Automatisierung in Halle 54 habe VW, versicherte Hahn, im Automobilbau „international die Spitze“ erreicht und für das Jahr 2000 vorgesorgt: „Auch der VW-Konzern kann es sich nicht leisten, dem Zwang zum Einsatz von Robotern auszuweichen.“
3. Mai 1985: „Auf dem europäischen Markt gibt es einen Kampf um Zehntel-Prozentpunkte, und wir sind mittendrin.“ Diese Erkenntnis stimmt VW-Chef Dr. Carl H. Hahn nicht pessimistisch. (...) „Die Automobilkonjunktur wird mehr und mehr durch die zu erwartende Motorisierung in den Ländern der Dritten Welt gestützt werden.“ Diese Vorhersagen entsprechen dem Engagement des VW-Konzerns mit einem Werk für die Santana-Produktion in Shanghai, die Kooperation mit Nissan in Japan und das neue Montage-Werk in Tunesien.
11. September 1985: Schon in den ersten Pressekonferenzen vor dem Auftakt dieser größten Autoschau der Welt wird dem Umweltschutz Vorrang eingeräumt. Für die meisten Modelle werden Katalysator- Versionen oder Nachrüstsätze angeboten. „Maßnahmen für einen wirksamen Umweltschutz gehören neben dem Kampf gegen die Arbeitslosigkeit national wie international zu den wichtigsten Aufgaben der Gesellschaft“, sagte Dr. Carl H. Hahn, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG.
24. Februar 1986: Die Volkswagenwerk AG wird in das spanische Automobil-Unternehmen Seat, dessen Mehrheit der Wolfsburger Konzern übernimmt, in den nächsten fünf Jahren rund fünf Milliarden Mark investieren. (...) Mit der neuen Spanien- Tochter, deren volle Übernahme rund 1,5 Milliarden Mark kosten wird, habe VW noch eine lange Durststrecke vor sich, sagte Hahn. Der Erfolg werde sich erst in den 90er Jahren zeigen.
7. Mai 1986: Wenn Dr. Carl H. Hahn, der Chef des Volkswagen-Konzerns, im Geschäftsbericht 1985 blättert, könnte er eigentlich Genugtuung verspüren. Immerhin steht dort ein Umsatz von 52,5 Milliarden Mark zu Buche, 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Unter dem Strich verblieb ein Überschuss von 596 Millionen Mark. „Das ist eines der besten Ergebnisse der Nachkriegszeit“, sagte Hahn am Dienstag in Wolfsburg.
24. März 1987: Im Wolfsburger VW-Automuseum war alles schon seit Wochen für Hunderte von Gästen vorbereitet. Der 50-millionste Wagen, den die Volkswagen AG seit 1945 produzierte, sollte groß gefeiert werden. Doch der Schaden von 480 Millionen Mark durch Devisenbetrügereien, den Europas größter Automobilproduzent vor knapp zwei Wochen öffentlich eingestehen musste, ließ den Festakt drastisch schrumpfen. (...). „Wir müssen uns aus Gründen dieses Rückschlags weder bei den Investitionen noch bei den sozialen Leistungen einschränken“, sagte Hahn in seiner Begrüßungsrede.
21. November 1987: Mit der Schließung des US-Volkswagenwerkes in Westmoreland/Pennsylvania schafft sich die Volkswagen AG für die Zukunft eine bessere Basis. In einem ARD-Interview sagte VW-Vorstandschef Carl Hahn am Freitagabend, damit müsse VW künftig nicht mehr die großen Verluste aus dieser Fabrik tragen, „die wir nicht mehr verantworten konnten“.
19. August 1988: Die Volkswagen AG will mittelfristig mehr als eine Milliarde Mark einsparen. Das Unternehmen werde die direkten und indirekten Gemeinkosten abbauen, die Fertigungstiefe verringern und die Integration der drei Marken VW, Audi und Seat verstärkt vorantreiben, sagte Vorstandschef Carl Hahn gegenüber der Auto-Zeitung.
25. August 1988: Der Wolfsburger Volkswagen- Konzern will sein Geschäft in der Volksrepublik China erheblich ausweiten. Am Mittwoch unterzeichneten der VW-Vorstandsvorsitzende Carl Hahn und der Präsident der „Ersten Automobilfabrik“ in Changchun, Geng Zhaojie, in Wolfsburg eine Absichtserklärung über „langfristige Zusammenarbeit“.
11. Mai 1989: Kosten einsparen, Abspecken und Fitmachen für die 90er Jahre – das waren die Schlachtrufe von VW-Chef Dr. Carl Hahn auf der Bilanzpressekonferenz des VW-Konzerns gestern in Wolfsburg.
1. Dezember 1989: Mit aller Deutlichkeit hat sich VW-Chef Carl-H. Hahn dagegen ausgesprochen, den japanischen Autoherstellern zum Zeitpunkt der Verwirklichung des EG-Binnenmarktes 1993 Tür und Tor zu öffnen. „Die erste Ernte sollen die Europäer einfahren.“
5. Dezember 1989: Der Volkswagen-Konzern, Wolfsburg, hat dem DDR-Automobilhersteller IFA, Karl-Marx-Stadt, die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens vorgeschlagen. VW-Vorstandsvorsitzender Carl Hahn nannte gestern bei einem Besuch in Karl-Marx-Stadt „die Vorbereitung einer Zusammenarbeit“ bei Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Personenwagen und Transportern als Ziel eines solchen Joint-Ventures.
10. Mai 1990: Einen Rekordgewinn von erstmals mehr als einer Milliarde Mark und eine Autoproduktion von knapp drei Millionen Stück meldet der Volkswagenkonzern für 1989. Der Vorstandsvorsitzende der Volkswagen AG, Carl H. Hahn, sagte am Mittwoch auf der Bilanzpressekonferenz, im abgelaufenen Jahr hätten erstmals in der Unternehmensgeschichte alle Tochtergesellschaften einen Gewinn erzielt.
25. Oktober 1990: Der Vorstandschef der Volkswagen AG, Carl Hahn, soll zwei Jahre länger, bis Ende 1993, im Amt bleiben. (...) Als Hahn-Nachfolger werden u. a. VW-Einkaufsvorstand Daniel Goeudevert, Mercedes-Vorstand Helmut Werner und Audi-Chef Ferdinand Piëch gehandelt.
19. November 1990: Der VW-Konzern, Wolfsburg, gibt sich eine neue Führungsstruktur. (...) „Alle Macht den Marken“ sei künftig die Devise von VW, betonte Hahn. Die Marken würden bei VW zur dominanten Organisationsachse.
14. Dezember 1990: Der Volkswagen-Konzern befindet sich in der expansivsten Phase seiner Geschichte. Allein bis 1995 sind Investitionen von 52 Milliarden Mark (ohne Vermiet- und Leasinggeschäfte) zu bewältigen. Dahinter stehen die Projekte in Sachsen (Mosel/Zwickau), in der CSFR (Skoda), in China (First Automobile Works, FAW), die Übernahme der restlichen Gesellschaftsanteile an Seat und möglicherweise eine weitere Zusammenarbeit mit Ford in Portugal (Großraumlimousine). Dazu kämen umfangreiche Investitionen in die laufende Modernisierung der vorhandenen Fertigungseinrichtungen und ganz wesentlich in neue Produkte. Das Ziel ist es mit einer technischen Offensive und einer komplett neuen Modellpalette“, so VW-Vorstandschef Carl H. Hahn, in den EG-Binnenmarkt zu gehen.
30. März 1991: Der Chef der Volkswagen AG, Carl H. Hahn, hat am Donnerstag den Kooperationsvertrag mit dem tschechoslowakischen Automobilhersteller Skoda unterzeichnet. Die Wolfsburger beteiligen sich zunächst mit 31 Prozent an Skoda, später soll die Beteiligung auf 70 Prozent erhöht werden.
12. Dezember 1991: Die wirtschaftliche Entwicklung und das erneuerte VW-Modellprogramm werden aus heutiger Sicht auch 1992 eine volle Beschäftigung in allen VW-Werken ermöglichen. Dies sagte der VW-Vorstandsvorsitzende Hahn.
20. Februar 1992: Die Volkswagen AG wird nach den Worten von VW-Chef Carl Hahn aus Kostengründen langfristig Arbeitsplätze abbauen. (...) In der näheren Zukunft werde die Personalzahl von rund 126.000 im Inland aber gehalten.
16. März 1992: Der langjährige Chef des VW-Konzerns Carl H. Hahn (65), soll früher gehen als geplant. (...) Neuer Konzernchef solle Ferdinand Piëch (54) werden, derzeit Chef der VW-Tochter Audi.
20. März 1992: Hahns Vertrag war erst 1990 verlängert worden. Immerhin hatte er VW zum größten Autohersteller Europas und zum viertgrößten der Welt ausgebaut. Doch seit Anfang der Woche gilt Hahn als Verlierer. So soll das Unternehmen im vergangenen Jahr einen operativen Verlust von rund 800 Millionen Mark erlitten haben. Die Zahl sagt aus, wie viel der Konzern mit der Herstellung und dem Verkauf von Autos verloren hat. Mit rund 1,5 Milliarden Mark soll die Einführung des neuen Golf zu Buche schlagen.
7. Mai 1992: Der Volkswagen-Konzern gibt auch 1992 weiter Vollgas. Der größte westeuropäische Automobilhersteller ist in die ersten vier Monate mit einem Bestwert für Absatz und Aufträge gestartet. (...) Sowohl bei Volkswagen als auch bei Audi liegen die Auftragsbestände auf historischem Höchststand, sagte am Mittwoch in Wolfsburg VW-Chef Carl H. Hahn.
18. Juni 1992: Carl H. Hahn, Vorstandsvorsitzender von VW, ist in Madrid von einer internationalen Jury aus Herausgebern und Chefredakteuren führender europäischer Wirtschaftsmedien als „Bester Europäischer Unternehmer des Jahres“ ausgezeichnet worden.
Quelle: Archiv der Funke Mediengruppe/Redaktion: Hendrik Rasehorn
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