Oberstdorf. Als “brutaler Außenseiter“ setzt sich Deutschlands Mixed-Team bei der WM mal wieder durch. Skispringer Geiger erlebt ein famoses Wochenende in seinem Heimatort Oberstdorf. Die ersten beiden Medaillen geben richtig Schwung für die bevorstehenden Großschanzen-Wettbewerbe.

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Komplette Gefühlsexplosion nach der Erfüllung eines Kindheitstraumes:

Das deutsche Skisprung-Mixed-Team um die Oberstdorfer Katharina Althaus und Karl Geiger hat mit Gold bei der Heim-WM im Allgäu für eine Riesen-Überraschung gesorgt und sogar die Favoriten Norwegen und Österreich hinter sich gelassen. "Das ist schon extrem überraschend. Wir haben gehofft, um eine Medaille mitspringen zu können. Dass wir Gold gewinnen, ist fantastisch", sagte Männer-Bundestrainer Stefan Horngacher. Frauencoach Andreas Bauer fügte in der ARD an: "Ich bin megastolz auf die Mädels. Mir ist ein Felsbrocken vom Herzen gefallen."

Im Auslauf der Schattenbergschanze herzten sich Geiger, Althaus, Markus Eisenbichler und Anna Rupprecht nach dem Triumph, den so keiner erwartet hätte. "Für uns gab es nur etwas zum Gewinnen, das haben wir gemacht", sagte Horngacher. Die komplett glückliche Althaus hüpfte in ihrem Heimatort wie ein Flummi durch den Auslauf, für Silber-Gewinner Geiger war es der nächste Riesentriumph in seinem coronabedingt zuschauerleeren Heimstadion. "Einfach fantastisch" nannte Althaus den Coup.

Auch Geiger und Eisenbichler, die in ihren Karrieren schon einige Erfolge erlebt haben, waren außer sich. "Es ist wirklich unbeschreiblich. Wir haben uns wirklich alle zusammengerissen, es war unglaublich", sagte Geiger. Das komplette Quartett habe einen "brutalen Job" gemacht. Eisenbichler, der Deutschland gar als "brutalen Außenseiter" sah, berichtete von einer kleinen Motivationsrede, die er vor dem Wettbewerb an die beiden zuvor bei der WM schwächelnden Teamkolleginnen Althaus und Rupprecht gehalten hatte.

Für Deutschland hielt damit zum Abschluss der ersten WM-Woche eine bemerkenswerte Siegesserie im Mixed-Team, bei dem je zwei Frauen und zwei Männer von der Schanze springen. 2015 im schwedischen Falun, 2017 im finnischen Lahti und 2019 im österreichischen Seefeld hatte es ebenfalls jeweils den WM-Titel gegeben. Eisenbichler (2017 und 2019) sowie Althaus (2015 und 2019) waren zuvor je zweimal beim Titel dabei, Geiger vor zwei Jahren in Tirol. Für Rupprecht ist es der erste WM-Titel. "Die Medaille tut extrem gut", sagte Eisenbichler, der für den Ruhetag am Montag nichts geplant hat: "Entspannen. Ausschlafen."

Wie für Kollege Geiger erfüllte sich auch für Althaus ein Traum im eigenen Ort mit gerade einmal 10.000 Einwohnern. "Niemand hätte mit uns gerechnet. Wir hatten so eine Außenseiterrolle. Dass es so läuft, packe ich gar nicht. Daheim eine Medaille zu holen, toppt so viel", sagte die 24-Jährige. Althaus stellte ein "Gläschen Sekt oder Bier" in Aussicht

Sie hatte pünktlich zum Mixed-Wettbewerb nach mäßigen Leistungen in dieser Woche plötzlich ihre Topform wieder gefunden und dem deutschen Quartett mit Sprüngen auf 104 und 99,5 Meter jede Menge Sicherheit verliehen. Auch Eisenbichler (100 und 98,5 Meter) sowie Rupprecht (92,5 und 98,5 Meter) steigerten sich nach mäßigen Vorleistungen auf der Normalschanze. "Da ist heut irgendwas drin. Ich weiß gerade nicht, was ich sagen und was ich denken soll. Ich bin dankbar an die Trainer, dass sie mir das Vertrauen gegeben haben", sagte "Eisei".

Geiger hingegen hielt sein hohes Niveau vom Vortag, als er mit 103,5 und 102 Metern Silber im Einzel holte. Diesmal sprang der Allgäuer zweimal 99,5 Meter und sicherte im letzten von acht Durchgängen die Goldmedaille. Norwegen blieb trotz Dominator Halvor Egner Granerud und Olympiasiegerin Maren Lundby nur der zweite Platz. Bei Österreich konnten vor allem die beiden Männer nicht mit dem deutschen Duo mithalten. Als Geiger den Sieg über die Ziellinie brachte, herrschte auch ohne Publikum Freude pur.

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