Krefeld. Der Abschied beim Deutschland Cup war überaus emotional. Sturm erklärte, dass er „ein Freund der Mannschaft“ gewesen sei.

In den Minuten nach der finalen Sirene für Marco Sturm als Eishockey-Bundestrainer wurde es in der Kabine der deutschen Nationalmannschaft emotional. In den Katakomben des Krefelder KönigPalastes gab es ein Abschiedstrikot, dann wurde es kurz still, es flossen Tränen. Die schmerzhafte Trennung berührte nicht nur die Kapitäne, den Kölner Moritz Müller etwa oder den Mannheimer Marcus Kink. Auch Sturm, der schon am Montagmorgen auf dem Weg zu seiner neuen Herausforderung nach Los Angeles ist, musste schlucken. „Ich war ein Freund der Mannschaft“, erklärte der 40-jährige Landshuter zum Abschluss des Deutschland Cups, „und wir werden immer Freunde bleiben.“

Moritz Müller fand ebenfalls passende Worte: „Marco war für uns mehr als ein Trainer. Er hat uns den Willen gegeben, überall gewinnen zu können.“ Dass es zum Abschluss in Krefeld drei knappe Niederlagen gab und Russland mit drei Siegen den Titel vom Turnier Augsburg 2017 verteidigte, waren nur Petitessen. Der rote Teppich war schon vor dem Abschluss-Spiel gegen die Slowakei (0:2) auf dem Krefelder Eis ausgerollt. Zur Bildcollage als Abschiedsgeschenk liefen die packendsten Bilder vom Olympia-Silber über die Videoleinwand.

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Patrick Reimers Siegesschrei nach dem Viertelfinal-Siegtor über Schweden ragte ebenso heraus wie ein stolz dreinblickender, kurz die Augen schließender Marco Sturm an der Bande nach dem Kanada-Triumph. Der sagte später: „Dieser Halbfinalsieg war neben der Olympia-Qualifikation in Lettland mein herausragender Moment als Bundestrainer.“

Neue Herausforderung in der NHL

Sturm wird genau diese Bilder in seinem Kopf abspulen. Ganz in Ruhe. Zehneinhalb Flugstunden sind es am Montagmorgen bis Los Angeles. Die Gedanken werden allerdings schnell die LA Kings beherrschen, Sturms neue große Herausforderung. Bereits am Dienstagabend im Staples Center gegen die Toronto Maples Leafs steht das Heimdebüt als Assistenztrainer ins Haus. Dann sind die vergangenen dreieinhalb Jahre mit einer Silbermedaille bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang, zwei Viertelfinals bei Weltmeisterschaften, sind 34:39 Siege und der Satz der deutschen Mannschaft von Rang 13 auf Platz acht der Weltrangliste als ein beachtliches Sprungbrett für Sturms großes Berufsziel zu werten.

Marco Sturms besonderer Draht zu den deutschen NHL-Spielern war stark, das Vertrauen in einen Bundestrainer groß, der selbst 1006-mal in der besten Eishockeyliga der Welt aufgelaufen ist. Doch Sturm wäre nicht Sturm, würde er nicht mit sachlichen, aber doch dringlichen Hinweisen an die Verantwortlichen im deutschen Eishockey seine Reise nach Kalifornien antreten. „Die Deutsche Eishockey-Liga muss uns mehr unterstützen, muss dem Nachwuchs mehr Chancen in der Liga geben, sonst rutschen wir wieder ab“, mahnt der 40-jährige Landshuter, „Länder wie Dänemark, Norwegen, Lettland oder die Slowakei sind uns auf den Fersen.“

DEB verliert sein Vorzeige-Gesicht

Die Eindrücke sind für Verbandspräsident Franz Reindl nicht neu. Dabei hatte der Garmischer Bronzegewinner von Innsbruck 1976 beim Turnier in Krefeld ohnehin mehr zu tun als ihm lieb war. Es gab viele Gespräche, was Sturms Nachfolge anbetrifft. Und natürlich Debatten darüber, ob die Bundestrainer-Position von der des General Managers wieder getrennt wird. Sturm füllte beide Funktionen aus, entwickelte dabei sich zum Vorzeige-Gesicht des Deutschen Eishockey-Bundes, das über die Grenzen der Sportart hinaus bekannt war.

Franz Reindl unterhielt sich am Wochenende mit seinem alten Freund Uwe Krupp (52), von 2005 bis 2011 als Bundestrainer unterwegs und nach seinem Engagement bei den Eisbären Berlin nun bei Sparta Prag unter Vertrag. Und auch mit Düsseldorfs Cheftrainer Harold Kreis (59). Kreis hatte unter Krupp bereits den Assistenztrainer beim Nationalteam gegeben.

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Gern hätte Reindl als Manager eine Persönlichkeit wie Ex-Nationalspieler Christian Ehrhoff eingebunden. Doch der 862-malige NHL-Verteidiger hat gerade erst vor ein paar Monaten ein neues Fitness-Sport-Projekt in seiner Heimatstadt Moers gestartet. Ein zeitintensiver Einstieg des 36-Jährigen scheint deshalb eher unwahrscheinlich, zumal Ehrhoff aus seiner Zeit in Nordamerika finanziell unabhängig ist. Hier wird die Suche wohl noch etwas andauern.

Reindl gilt als möglicher Nachfolger von Fasel

Dazu könnte Reindl selbst ein Postenwechsel bevorstehen. Er gilt als möglicher Nachfolger von Weltverbandspräsident Rene Fasel. Der 68-jährige Schweizer will 2020 abtreten, nach 25 Jahren im Amt. „Es ehrt mich sehr, dass mein Name mit dem Amt verknüpft wird“, sagt Reindl.

Die Auswahl eines neuen Bundestrainers wird Marco Sturm ab Montagabend aus der kalifornischen Sonne verfolgen: „Es wird entscheidend sein, dass Franz Reindl ein neues Gesicht für das deutsche Eishockey findet.“