Salzgitter-Bad. Das Kabarett-Duo ist in der Kniestedter Kirche aufgetreten – im Interview sprechen sie über Corona, die Witze-Bibel und ihren Satireauftrag

Schon über 25 Jahre machen Adrian Engels und Markus Riedinger miteinander Comedy. Auf den Kleinkunstbühnen Deutschlands nennen sie sich dann „ONKeL fISCH“, um zu zeigen, dass sie eine Einheit sind, als Team arbeiten. Mit ihrem Programm „Wahrheit“ konnten sie dieses Wochenende immerhin um die 60 Menschen in die Kniestedter Kirche in Salzgitter-Bad locken.

Negativtrend bei Zuschauerzahlen setzt sich fort

Damit setzt sich im Veranstaltungshaus ein Negativtrend fort, der schon seit Beginn der letzten Spielzeit besteht. Engels und Riedinger reisen viel herum mit ihrer Show, können den Trend teils bestätigen, teils nicht. Warum an einigen Orten weniger Leute zur Kleinkunst kommen, können aber auch die beiden Kabarettisten nur mutmaßen. Nach ihrer zweistündigen Show nehmen sie sich Zeit für ein Interview, ganz informell, ohne Anzüge und zwischen Applaus und Abbau.

ONKeL fISCH ist schon zum zweiten Mal in Salzgitter aufgetreten. Wie gefällt es Euch im größten Braunschweiger Vorort, wie ihr sagt?

Adrian: Ich hab mich vor dem Auftritt darauf gefreut, muss ich sagen. Natürlich ist es Schade, dass die Kniestedter Kirche nicht komplett gefüllt war. Aber das ist einfach ein sehr schöner Raum, ich bin so nah an den Leuten dran. Deswegen bin ich sehr gerne hier.

Verzeichnet Ihr seit der Pandemie auch einen Zuschauerrückgang?

Adrian: Ja klar, da ist eine riesen riesen Veränderung eingetreten. Die beiden ersten Pandemiejahre waren noch viel heftiger und so langsam hat es sich zum Besseren gewendet. Außerdem ist die Resonanz noch oft unerklärlich unterschiedlich. Wir haben Orte, wo fast so viele kommen, wie vor Corona.

Markus: Aber auch genauso viele, bei denen das nicht der Fall ist.

Könnt Ihr Euch erklären, warum?

Adrian: Wir können uns halt nur selbst etwas zusammenreimen. Ich glaube das hängt damit zusammen, dass niemand wirklich gesagt hat, dass die Krisenzeit vorbei ist. Und so lange verhalten sich Menschen auch nicht so. Das Oktoberfest lehrt mich da zwar das Gegenteil, ist vielleicht aber auch nur eine Ausnahme.

Auf der Bühne habt Ihr Eure Beziehung mit der einer Ehe verglichen. Wie viel Zeit verbringt Ihr denn Miteinander?

Adrian: Wir verbringen so wahnsinnig viel Zeit miteinander. Wir haben Bürozeiten werktags und fahren zwischendurch noch einmal weg.

Markus: Wir gehen auch mal zusammen einen Saufen. Und es ist auch immer noch so, dass ich Adrian öfter sehe, als meine Frau und meine Kinder.

Ihr habt mittlerweile über 20 Programme geschrieben. Tauscht man nicht irgendwann einfach die neuen Inhalte in alten Witz-Formaten aus?

Adrian: Nein, enge Formate haben wir auf gar keinen Fall. Wir brainstormen unsere Themen und bauen gegenseitig auf unseren Ideen auf. Irgendwann erkennen wir dann, welche Nummer vielleicht dazu gut passt. Da hilft uns auch unser Erfahrungsschatz. Wir blicken ja auf gepflegte 28 Jahre zurück.

Markus: Es ist jetzt nicht so, dass wir Witzformat 17, Analyse vier mit dem Achterende. Unter Komikern ist es aber auch ein Running Gag, dass diese Witze-Bibel mit allen existierenden Formaten noch nicht gefunden wurde.

In Eurem aktuellen Programm wollt ihr ja die Wahrheit aufdecken und werdet sehr theoretisch. Hat Kabarett denn auch einen Bildungsauftrag?

Adrian: Hmmm, Nö.

Markus: Nö, eigentlich gar nicht. In dem Programm hat uns tatsächlich einfach sehr interessiert, wie wir den philosophischen Teil von Wahrheit einarbeiten können. Auch die Herausforderung hat uns hier echt gekitzelt. Nach dem Motto: Ist es überhaupt möglich, Wahrheitsmodelle auf lustige Art und Weise zu erzählen und es Leuten zu verklickern, die niemals einen philosophischen Text lesen würden. Genau damit spielen wir ja. Den Bildungsauftrag seh ich da wirklich gar nicht, sondern mehr die Challenge.

Adrian: Bei dem Programm geht es uns schlicht und ergreifend darum, dass wahnsinnig viel Wert auf die Wahrheit gelegt wird. Die Leute suchen verzweifelt nach dem Wahren. Die Querdenker sind da eines der besten Beispiele. Der Verschwörungstheoretiker, der verzweifelt nach der Wahrheit sucht.

Habt ihr denn die Wahrheit irgendwo in eurem Programm entdeckt?

Adrian: Nein, die Wahrheit als solche gibt es nicht. Selbst, wenn wir von unterschiedlichen Perspektiven draufschauen, können wir uns ihr nur nähern. Und damit müssen wir lernen, umzugehen.