Gifhorn. Ein Zugunglück hat sich im Kreis Gifhorn bei Dalldorf ereignet. Die Feuerwehr muss nun Propangas kontrolliert abfackeln.
Bei dem Zugunglück im Landkreis Gifhorn bei Dalldorf laufen die Bergungsarbeiten weiter. Der erste der vier havarierten Kesselwagen ist soweit möglich leergepumpt, berichtet die Feuerwehr. Das restliche Propangas müsse nun abgefackelt werden. Dies werde aktuell vorbereitet.
Gleichzeitig wird der Inhalt eines anderen Kesselwagens in einen Wagen der Deutschen Bahn umgefüllt, heißt es weiter. Auch hier müsse der Restbestand abgebrannt werden. Die ersten mit dem Propangas befüllten Kesselwaggons werden durch die Deutsche Bahn abtransportiert, erklärt die Feuerwehr weiter.
Die Feuerwehr nutzt mehrere explosionsgeschützte Lüfter, um das immer noch leckende Propan aus dem Arbeitsbereich der Einsatzkräfte zu befördern. Ein Voraustrupp der Werkfeuerwehr Volkswagen Wolfsburg solle prüfen, ob mit Großlüftern an der Einsatzstelle unterstützt werden kann.
Fest steht nun wiederum die Unfallursache: Der Aufprall war ersten Erkenntnissen zufolge menschliches Versagen, und kein technisches. Die Bundespolizei ermittelt nun wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr und fahrlässiger Körperverletzung.
In der Nacht auf Montag sollte es beim Zugunglück im Kreis Gifhorn bereits hell werden
Die Bergung der havarierten Propangas-Waggons bleibt nach dem Zugunglück bei Dalldorf (Kreis Gifhorn) eine brenzlige Angelegenheit. Nun steht fest, dass große Teile des gespeicherten Gases aus den Waggons kontrolliert abgefackelt werden – und zwar in der Nacht. Wie die Leitung der Gifhorner Kreisfeuerwehr nun mitteilt, kann es deshalb im Bereich der Bahnanlage zwischen Meinersen und Leiferde bis in die frühen Morgenstunden zu einem hellen Feuerschein kommen. Wie lange das Abbrennen dauert, ist noch unklar. Jedoch beteuert ein Sprecher, dass das der Vorgang unter kontrollierten Bedingungen und strenger Bewachung stattfindet.
Die Bahn-Schnellstrecke Hannover-Berlin, auf der am Donnerstag zwei Güterzüge bei Leiferde/Dalldorf zusammengestoßen sind, bleibt bis auf Weiteres gesperrt – vermutlich noch wenigstens eine Woche. Derweil gab es bei den Vorbereitungen für die Räumung der Unfallstelle am Samstagabend einen Vorfall, durch den die Einsatzkräfte sich veranlasst sahen, die Arbeiten vorübergehend einzustellen und die Sicherheitsmaßnahmen zu erhöhen.
Am Samstag waren Werkfeuerwehren der BASF Ludwigshafen und des Chemparks Dormagen mit speziellen Pumpen und Zusatzmaterial eingetroffen, am Sonntag kamen die aus Marl und des Flughafens Hannover dazu. Letztere hat Hebekissen dabei, um gegebenenfalls die Waggons anheben zu können. Die Bahn hat auch zwei Schienenkräne sowie einen Autokran in Bereitschaft.
Die Experten begannen damit, das Propangas aus den umgestürzten und beschädigten Kesselwaggons abzupumpen. Das berichtet die Gifhorner Kreisfeuerwehr. Damit die schweren Fahrzeuge zur Unfallstelle gelangen, ist der Feldweg aus Richtung Dalldorf mit 500 Tonnen Mineralgemisch befestigt worden.
Gassee bewegte sich in Richtung der Sozialeinrichtungen
Allerdings habe sich Höhe der Austrittsstelle ein Gassee gebildet, der in Richtung Westen zu den Sozialeinrichtungen an der Einsatzstelle gewandert ist. „Hierdurch erfolgte am Abend ein sofortiger Stopp aller Tätigkeiten und abschalten sämtlicher Wärmequellen, Licht, Strom und Motorgeräte“, teilt Feuerwehr-Sprecher Carsten Schaffhauser mit.
Aus diesem Grund seien vier explosionsgeschützte Lüfter geordert worden, die es ermöglicht haben, dass die chemischen Werkfeuerwehren ihre Arbeit wieder aufnehmen konnten. Die Sicherheitsmaßnahmen seien laut Schaffhauser erhöht worden: „Die Einsatzstelle wird nur von den absolut notwendigen Einsatzkräften betreten.“ Darüber hinaus werde die Luft durchgängig mit Messgeräten überwacht. „Beim Erreichen der kritischen Grenze gibt es einen akustischen und visuellen Alarm.“
Der Fachzug Wasserförderung Nord der Gifhorner Kreisfeuerwehr hat mittlerweile zur Brandsicherung drei Wasserwerfer aufgestellt. Schaffhauser: „Sollte es zu einem Brandausbruch an einer der Austrittsstellen kommen, beträgt die kritische Zeit zehn Minuten, bis es zur Explosion kommen kann. In dieser Zeit muss von der Feuerwehr der Kessel gekühlt werden, um eine solche Explosion zu verhindern.“
Die Vorgeschichte: Das war der Stand am Samstagabend
Am Freitag bereiteten Bundespolizei, Feuerwehr, Deutsche Bahn und das Technische Hilfswerk die Unfallstelle auf die Bergung der letztlich fünf umgekippten und verkeilten Waggons und der einen Lok vor.
Die 20 intakten Gas-Waggons wurden bereits durch die Deutsche Bahn abtransportiert. Die Feuerwehr Leiferde leistete dabei Unterstützung und trennte zwei verkeilte Kesselwaggons mit hydraulischem Gerät.
„Die große Herausforderung ist, das Bergungs- und Räumungsmaterial an die Unfallstelle zu bekommen“, sagte der Sprecher der Bundespolizei, Kevin Müller. Die Zufahrtswege seien uneben, tief verschlammt und teils zugewachsen. Aus diesem Grund sind am Freitagmorgen nicht nur bereits Bäume gefällt worden, sondern auch 500 Tonnen Schotter angeliefert und auf dem Weg verteilt worden, um ihn passierbar zu machen.
Die intakten Waggons sind aus dem Gefahrenbereich gezogen
Weiterhin strömt aus den beiden leckgeschlagenen Kesseln Propangas – was nicht nur deutlich zu riechen, sondern auch an den Vereisungen in Lecknähe und den Kondensationsfahnen sichtbar ist. „Etwa drei Meter drumherum besteht Explosionsgefahr“, sagte Torben Niehs, ebenfalls Feuerwehrsprecher. Beim Radius des Gefahrenbereichs komme es allerdings auch stark auf Witterung und Wind an. Die Polizei hält Unbefugte weiträumig von der Unfallstelle fern. Feuerwehrkräfte aus dem Landkreis stellen rund um die Uhr Brandschutz sicher und wechseln sich dafür in Schichten ab.
Seit Samstagabend wird das Gas abgepumpt werden
Das Propangas soll in zwei bereitgestellte Kesselwaggons umgepumpt werden. Der Abpumpvorgang ist laut Niehs ist das eine langwierige Sache: Zehn Stunden dauere vermutlich die erste Hälfte. Weil die beiden defekten Kessel auf der Seite liegen sind die Ventile für die zweite Hälfte verdeckt sind.
Nach der Bergung aller Waggons und der Lok muss auch die Oberleitung repariert werden. Mit dem Rückbau der zerstörten Teile war am Freitag aber noch nicht begonnen worden.
Die Feuerwehr Leiferde hat am Freitag die Brandsicherung übernommen – nur für den Fall der Fälle. Dazu hat sie einen Wasserwerfer aufgebaut und auf die übrig gebliebenen fünf Waggons ausgerichtet.
Eine gute Nachricht betrifft den verletzten Lokführer: Er sei laut Polizeisprecher Müller nicht schwer verletzt und könne das Klinikum wohl schon bald wieder verlassen.
Die Vorgeschichte: Das war der Stand am Donnerstagabend
In Höhe Dalldorf im Kreis Gifhorn fuhr gegen 3.40 Uhr ein Zug, der Propangas in 25 Tankwagen transportierte, auf einen anderen Güterzug auf, der vor einem Streckensignal hielt. Warum, war zu diesem Zeitpunkt noch unklar. Vier Waggons des Zugs mit den Gas-Kesselwagen entgleisten.
Die Spezial-Einsatzkräfte des Transport-, Unfall-, Informations- und Hilfeleistungssystems hatten nach der Erkundung am Nachmittag entschieden, am Abend keine weiteren Bergungsmaßnahmen durchzuführen. Von der Bundespolizei wurde der Gefahrenbereich auf rund 100 Meter um die Einsatzstelle eingegrenzt und abgesperrt. Mehrere Streifenwagenbesatzungen sicherten diesen rund um die Uhr ab.
Laut Bundespolizeisprecher Kevin Müller war ein Sabotageakt auszuschließen. Laut Hauptkommissar Müller trat aus zwei leckenden Waggons Gas aus. Beide waren umgekippt, einer hatte einen Mast der elektrischen Oberleitungen umgerissen.
Der Wind trieb das ungiftige Propan-Gas in Richtung Meinersen. Am Unfallort selbst herrschte Explosionsgefahr, bis die Waggons leer sind. Der Lokführer (45) des Gas-Zugs kam mit Verletzungen ins Krankenhaus nach Gifhorn. Feuerwehrleute holten ihn aus der havarierten E-Lok, was ohne schweres Gerät gelang. Der Lokführer im vorderen Zug wurde leicht verletzt. Er war es, der nach dem Aufprall den Alarm auslöste.
Feuerwehr-Spezialisten des Chemieparks Marl unterstützen
Zunächst hatte die Freiwillige Feuerwehr bei Dalldorf mehr als 200 Einsatzkräfte zusammengezogen, darunter Gefahrgut-Spezialisten. Dann verlagerte sie unter Leitung des Meinersener Gemeindebrandmeisters Sven Mayer die Einsatzbasis an den Bahnhof Leiferde, wo eine Infrastruktur für Atemschutzeinsätze und Dekontamination eingerichtet wurde.
Erst zweieinhalb Stunden nach der Kollision brach ein Vorauskommando auf, um die Situation zu erkunden, die Gaskonzentration zu messen und die Lage der entgleisten Gas-Waggons zu kartieren. Auf dieser Grundlage konnten im Laufe des Tages die Bergungstrupps von Fachfirmen ihre Arbeit aufnehmen. Gegen 14 Uhr kamen Spezialisten der Werksfeuerwehr des Chemieparks Marl mit Spezialgerät. Die Experten stellten im Rahmen des bundesweiten Transportunfall-Informations- und Hilfeleistungssystems Technik zur Leckortung zur Verfügung.
Zugstrecke bleibt länger gesperrt
Die Bahnstrecke Hannover-Berlin ist gesperrt. Nach Angaben der Deutschen Bahn gibt es Umleitungen und Zugausfälle. Wie der Zugbetreiber Enno mitteilt, ist die Strecke zwischen Gifhorn und Meinersen bis auf Weiteres gesperrt. Davon betroffen ist auch die Enno-Linie RE 30 von Hannover nach Wolfsburg.
Alle Informationen zu Zugausfällen und alternativen Fahrtmöglichkeiten finden Sie hier.
Ebenfalls gesperrt ist die Kreisstraße zwischen Dalldorf und Meinersen, die mit einer Brücke über die Bahnlinie führt. Dies führt ebenfalls zu Umleitungen des lokalen Busverkehrs der Verkehrsgesellschaft VLG.
Grund für die Streckensperrung sind Schäden an der Oberleitung, die durch die entgleisten Kesselwagen herbeigeführt wurden. Laut Hauptkommissar Müller von der Bundespolizei sind die Stromleitungen über mehrere hundert Meter hinweg beschädigt. Zudem sind die Gleise an der Aufprallstelle der Züge verzogen. Die Reparaturen werden laut DB Netz AG voraussichtlich mehrere Tage andauern, heißt es. Der gesamte Streckenabschnitt Hannover-Wolfsburg war nach dem Unfall stromfrei.
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