Braunschweig. Harzkurier-Redaktionsleiterin Svenja Paetzold-Belz ist seit etwa einem Jahr Veganerin. In dieser Kolumne beleuchtet sie Veganismus – und gibt Tipps.

„Was darfst Du denn dann überhaupt noch essen!?“ Mehr als ein Jahr als Veganerin und diese Frage habe ich inzwischen wohl häufiger gehört als die nach meinem Namen oder meinem Beruf. Vegan, das ist radikal, das ist extrem, das bedeutet kulinarische Askese.

Während Flexi- und Vegetarismus in der Gesellschaft angekommen sind, gilt Veganismus – also der absolute Verzicht auf alle Produkte tierischen Ursprungs so wie Milchprodukte oder Eier – noch immer als Extrem unter den Ernährungsformen. Dabei sehen sich Veganerinnen und Veganer, denen häufig noch das Image renitenter Missionierender anhaftet, gefühlt immer häufiger mit den bohrenden Nachfragen von Mischkostessern konfrontiert, die den veganen Lebensstil als sinnfrei, heuchlerisch oder naiv kritisieren: „Fehlen dir nicht alle möglichen Nährstoffe? Hast du nicht ständig Hunger? Isst du jetzt nicht nur noch Hasenfutter und Tofu? Essen hat doch auch was mit Genuss zu tun!“

Zwischen den besorgten (und manchmal einfach provokanten) Fragen nach meiner Gesundheit, den hartnäckigen Mythen einer omnivoren Gesellschaft und den Kampfparolen veganer Influencerinnen und Influencer auf Instagram, wusste ich am Ende gar nicht mehr, was Fakt, was Polemik ist. Ich wollte eine möglichst unabhängige wissenschaftlich begründete Einschätzung und bildete mich 2021 daher kurzerhand per Fernschule zur Ernährungsberaterin für vegetarische und vegane Kostformen weiter.

Was sind Herausforderungen, was die Gefahren von Veganismus? Und was die Vorteile?

Svenja Paetzold-Belz, Redaktionsleiterin des Harz Kurier.
Svenja Paetzold-Belz, Redaktionsleiterin des Harz Kurier. © Mark Härtl

Im Rahmen der Gesundheitskampagne möchte ich daher über die Herausforderungen und Gefahren von Veganismus informieren, aber auch Vorurteile ausräumen und die Vorteile der Ernährungsweise ansprechen. Als Veganerin möchte ich dabei mit der nötigen Offenheit, als Redakteurin angemessen kritisch und vor dem Hintergrund meiner Weiterbildung entsprechend informiert an das Thema herangehen. Denn eines zusammengefasst vorweg: Vegan muss nicht ungesund sein, erfordert dann aber einiges an Ernährungswissen und Planung und ist selbst dann nicht als Lebensweise für jeden geeignet. Doch dazu später mehr.

Die Aspekte Tierwohl und Klimaschutz, die statistisch gesehen noch häufiger Grund für eine Entscheidung für ein veganes Leben sind als Fragen der Gesundheit, will ich dabei höchstens streifen. Beide gelten für mich als unbestreitbar belegbar und sind auch meine persönliche Motivation gewesen, meine Ernährung auf eine rein Pflanzliche umzustellen – mit kleinen Ausnahmen. Auch dazu später mehr.

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Um Ihnen die Chance zu geben, es nicht bei der Theorie zu belassen, möchte ich Sie außerdem zu einem Experiment einladen: Zu jedem Kolumnenbeitrag biete ich ein veganes Rezept aus meiner eigenen Küche an. Vielleicht probieren Sie eines davon (oder alle) aus und lassen sich überraschen, wie vielseitig auch Gerichte sein können, die ohne tierische Inhaltsstoffe auskommen.

Nachhaltige Ernährungsformen- Rettet Veganismus die Umwelt?

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    Part 1: Vegan weckt auch Neugier der Allesesser

    „Einmal den Salat ohne Dressing, bitte!“ – viele Jahre lang war das für vegan lebende Menschen die einzig mögliche Bestellung im Restaurant. Ich habe es da heutzutage schon deutlich besser. Kreative vegane Gerichte stehen inzwischen auf den Karten vieler Restaurants, vegane Produkte bekommt man in Supermärkten in eigens dafür eingerichteten Regalen.

    Tatsächlich steigt die Zahl der vegan lebenden Menschen in Deutschland jährlich an. So gaben laut Nationaler Verzehrstudie, die zwischen 2005 und 2007 durchgeführt wurde, damals nur 0,1 Prozent der Deutschen an, vegan zu leben. Ende 2016 waren es laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Skopos 1,6 Prozent. Laut dem Ernährungsreport des Bundesamts für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) lag die Zahl 2021 schon bei 2 Prozent.

    Die Gründe sind vielfältig: So leben laut einer Online-Befragung aus dem Jahr 2013 die meisten Menschen aus tierethischen Gründen vegan, Klimaschutz steht als Grund an zweiter Stelle. Erst auf dem dritten Platz landet Gesundheit als Beweggrund. Weil sich das Image veganer Küche wandelt, kaufen laut dem Ernährungsreport des BMEL auch immer mehr Mischkostessende vegane Produkte. 71 Prozent der für den Report Befragten taten dies aus Neugier.

    Das heutige Rezept für Neugierige: Kichererbsen-Omelette mit Ofengemüse und Salat. Für zwei Portionen etwa 300 Gramm Gemüse der Saison mit etwas Salz und Öl als Ofengemüse zubereiten. Für den Omelette-Teig je 80 Gramm Kichererbsenmehl mit etwas Salz, Pfeffer, je einer kleinen Zehe zerdrücktem Knoblauch, einer Prise Paprikapulver und einem halben Teelöffel Schwarzkümmelsamen mischen. Alles mit Wasser anrühren, bis ein flüssiger Teig entsteht (etwa wie Eierkuchenteig). Teig mit Öl je in eine Pfanne geben und wie einen Pfannkuchen backen. Das Ofengemüse auf einer Hälfte verteilen, nach Wunsch Oliven und veganen Käse hinzugeben und die andere Hälfte umklappen, sodass eine Tasche entsteht. Mit frischem Salat, zum Beispiel mit Möhrensalat mit Kreuzkümmelsamen, und Fladenbrot servieren.

    Part 2: „Nur Grünzeug kann gar nicht gesund sein“

    Doch, es kann. Übergewicht, Typ-2-Diabetes, Herzkrankheiten, Bluthochdruck, Krebs – Studien haben gezeigt, dass eine pflanzliche Ernährung einen präventiven Effekt auf viele Krankheiten haben kann. Nebenbei: Vegan lebende Menschen haben im Vergleich mit anderen Ernährungsformen im Schnitt auch den niedrigsten Body-Mass-Index und den geringsten Anteil an adipösen Menschen. Die Ernährung kann demnach zu einem gesunden Gewicht verhelfen.

    Jetzt zum „Aber“: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) kommt auf Grundlage aktueller wissenschaftlicher Literatur zu dem Schluss, „dass eine ausreichende Versorgung mit einigen Nährstoffen für vegan Lebende nicht oder nur schwer möglich ist“. Wie viel von welchem Nährstoff braucht mein Körper? In welchem Lebensmittel ist er enthalten? Welche Nährstoffe muss ich ergänzen? Diese Fragen können Bücher beantwortet, in einer Ernährungsberatung geklärt oder mit dem Hausarzt besprochen werden.

    Letzteren sollten gesundheitsbewusste vegan Lebende regelmäßig aufsuchen: Ein Check aller potenziell kritischen Nährstoffe ist einmal im Jahr Pflicht. Und selbst dann: Schwangeren, Stillenden, Säuglingen, Kindern und Jugendlichen rät die DGE von veganer Ernährung ab. In diesen Lebensphasen sei der Bedarf an bestimmten Nährstoffen zu hoch, als dass eine rein pflanzliche Ernährung ihn zuverlässig decken könnte. Das gilt auch für alle, die krankheitsbedingt einen besonderen Bedarf an Nährstoffen haben oder aufgrund von Allergien auf bestimmte pflanzliche Lebensmittel verzichten müssen.

    Rezept: Kartoffelsalat mit weißen Riesenbohnen. Für zwei Portion 250 Gramm Kartoffeln kochen, pellen und in Stücke schneiden. Für das Dressing je einen Esslöffel Balsamico, Ahornsirup, Senf, und Olivenöl mit Salz und Pfeffer mischen. Eine Handvoll Salat, zum Beispiel Eichblatt, und zwei Tomaten waschen und hacken. Eine kleine rote Zwiebel würfeln. Zutaten mit dem abgetropften Inhalt einer Dose weißer Riesenbohnen und nach Bedarf mit klein geschnittener Gewürzgurke mit dem Dressing vermengen. Kürbiskerne rösten und hinzugeben.

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      Part 3: Nährstoffmangel bei veganer Ernährung – gut versorgt statt blass und krank

      Blass, mager und immer müde – das typische Vegan-Klischee. Und zugegeben: Nährstoffmangel ist keine Freude, kann sogar richtig gefährlich werden. Wer sich vegan ernährt, sollte daher seinen Nährstoffhaushalt im Blick behalten. Potenziell kritische Nährstoffe sind Vitamin B12, Vitamin B2, bestimmte Omega-3-Fettsäuren, Kalzium, Jod, Zink, Eisen und Selen.

      Die gute Nachricht? Fast alle davon sind auch in Pflanzen enthalten. Allerdings häufig in geringerer Menge oder in einer Form, die der Körper weniger gut verwerten kann. Gute Planung ist in der gesunden veganen Küche daher alles. Obwohl ich schon lange Hobby-Köchin bin, nimmt die Planung meiner Mahlzeiten seit meiner Ernährungsumstellung viel Zeit in Anspruch. Jeden Freitag erstelle ich zum Beispiel einen Plan, welche Gerichte im Laufe der Woche auf den Tisch kommen.

      Quinoa ist ein hervorragender Eisenlieferant.
      Quinoa ist ein hervorragender Eisenlieferant. © dpa | Sebastian Gollnow

      Immer im Blick: Eine Vielfalt an Vollkorngetreide, Hülsenfrüchten, Obst, Gemüse, Nüssen und Fleischersatz wie Tofu oder Seitan. Nur so bleibe ich optimal versorgt.

      Der Vorteil: Vegane Ernährung hat meinen ohnehin bereits experimentierfreudigen Kochstil zusätzlich bereichert. Zutaten wie Hirse, braune Berglinsen, Tempeh oder Vollkornreisflocken hätte ich andernfalls vielleicht nie entdeckt. Wussten Sie zum Beispiel, dass das Pseudogetreide Quinoa ein hervorragender Eisenlieferant ist oder dass in Erdnüssen ordentlich Zink steckt? Weil vegan Lebende auf ihren Nährstoffhaushalt achten, setzen viele Hersteller ihren veganen Produkten übrigens inzwischen Stoffe wie Kalzium und Vitamin B12 von selbst zu. Ein Blick auf die Inhaltsstoffe lohnt also.

      Vitamin B12, das als einziger Nährstoff natürlicherweise nur in tierischen Produkten vorkommt, sollte trotzdem unbedingt als Nahrungsergänzung zugeführt werden. Ein chronischer Mangel kann Folgen bis hin zu einer Störung des Nervensystems haben. In Reformhäusern gibt es außerdem Algenöl, in dem besagte kritische Omega-3-Fettsäuren enthalten sind.

      Übrigens: Vegan Lebenden fehlt auch eine ganze Menge ungünstiger Stoffe. So ist die Ernährung kalorienärmer als Mischkost, enthält weniger gesättigte Fettsäuren, Cholesterin, Natrium und Phosphor.

      Rezept: Hirse-Porridge mit exotischen Gewürzen und frischem Obst. Für zwei Portionen eine Messerspitze gemahlene Nelken, eine Prise gemahlenen Ingwer, eine Prise gemahlenen Kardamom, einen Teelöffel Kurkuma und einen halben Teelöffel Zimt in einem kleinen Topf kurz erhitzen, bis sie zu duften beginnen. 120 Gramm Hirseflocken (nach Bedarf im 50-50-Mix mit Haferflocken) mit etwa 400 Millilitern Pflanzenmilch zugeben und alles unter Rühren aufkochen. Köcheln lassen, bis ein dicker Brei entstanden ist (dauert wenige Minuten). Herd ausschalten und abgedeckt einige Minuten quellen lassen. Mit frischem Obst (zum Beispiel Mango und Himbeeren), einigen gerösteten, ungesalzenen Cashewnüssen und nach Bedarf mit etwas Ahornsirup servieren. Mit frischen bzw. ganzen Gewürzen wird der Geschmack intensiver. Man muss sie nur vor dem Essen wieder heraussammeln.

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        Part 4: Muskeln auch ohne Eiweiß von Tieren

        Man sieht sie immer häufiger, die gestählten Muskeln vegan lebender Fitness-Models, die auf Instagram-Fotos prall in der Sonne glänzen – alles angeblich „powered by plants“. Aber veganes Essen und intensiver Sport: Geht das? Kann eine Ernährung ohne Fleisch und Milchprodukte einem sportlichen Körper genug Treibstoff bieten?

        Fakt ist: Vegan Lebende nehmen im Schnitt weniger Kalorien zu sich als Mischköstler, Sie müssen daher generell darauf achten, genug zu essen. Eiweiß gehört zu den Nährstoffen, die sie besonders im Blick behalten sollten. Eine grundsätzliche Gefahr der Unterversorgung besteht aber nicht. Denn auch Getreide, Gemüse, Nüsse und Hülsenfrüchte sind gute Eiweißlieferanten. Allerdings sind tierische Eiweiße, vereinfacht gesagt, für den Körper besser verwertbar als pflanzliche.

        Laut verschiedener Studien nehmen vegan Lebende daher im Schnitt weniger Eiweiß zu sich als Mischköstler und vegetarisch Lebende, liegen aber noch im Bereich dessen, was die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt.

        Regelmäßiges Sporttreiben erhöht nun aber den Eiweißbedarf. Die Lösung liegt in der in vorigen Beiträgen schon häufig erwähnten Vielfalt. Denn: Die gezielte Kombination verschiedener pflanzlicher Eiweiße kann ihre Verfügbarkeit für den Körper deutlich erhöhen. Wer also intensiv Sport treiben und Muskeln aufbauen oder halten will, sollte proteinhaltiges Vollkorngetreide, zum Beispiel als Brot, Reis oder Nudeln, mit dem Eiweiß aus Gemüse und Hülsenfrüchten kombinieren.

        Rezept: Vollkornspaghetti mit schneller Linsen-Bolognese. Für zwei Portionen 200 Gramm Stangensellerie und zwei große Karotten fein hacken und mit gehackter Zwiebel und Knoblauch in etwas Pflanzenöl anbraten. Etwas Zimt, Kreuzkümmel, Salz und ein Lorbeerblatt hinzugeben. Alles mit einem Schuss Ahornsirup karamellisieren und mit einem Schluck Balsamico ablöschen. Eine Dose Tomaten hinzugeben und köcheln lassen, bis das Gemüse gar, aber noch bissfest ist. Derweil 140 Gramm Vollkornspaghetti zubereiten. Abgetropften Inhalt einer Dose Linsen hinzugeben. Mit Pfeffer abschmecken und mit gerösteten Pinienkernen servieren.

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          Part 5: Veganes Fleisch, was soll das eigentlich?

          Veggie-Wurst, Soja-Schnitzel, vegane Hack-Bällchen und sogar pflanzlicher Thunfisch – mit dem steigenden Interesse an veganer Ernährung wird auch die Palette der Ersatzprodukte immer kreativer. Und absurder, wie mancher meint. „Wenn Du kein Fleisch isst, warum muss Dein Essen dann danach aussehen und schmecken?“ Die häufigsten Beweggründe für eine vegane Lebensweise sind Studien zufolge Klimaschutz und Tierwohl. Viele Menschen verzichten also aus persönlichen ethischen Gründen bewusst auf Produkte, die ihnen eigentlich schmecken. Sie möchten der Umwelt etwas Gutes tun und Tierleid nicht unterstützen.

          Vegane Varianten bekannter Nahrungsmittel erleichtern dabei den Umstieg auf eine pflanzenreichere Ernährung oder helfen beim Durchhalten. Und mal ehrlich: Selbst wenn viele von uns sich heute anders ernähren als in der Kindheit – manchmal hat man einfach Lust auf ein Gericht „wie von Oma“. Ersatzprodukte können helfen, das auch vegan zu ermöglichen.

          Man müsse eine vegane Schnitzel-Alternative dann ja nicht unbedingt „Schnitzel“ nennen, argumentieren viele. Ja, stimmt. Das Wort beschreibt aber etwas Bekanntes, unter der man sich sofort etwas vorstellen kann. „Flache panierte vegane Sojazubereitung in Scheiben mit Schnitzelgeschmack zum Braten“ klingt wenig eingängig und passt auch auf keine Verpackung. Übrigens höre ich selten Klagen über den Unsinn von Eis, das sich als Nudelgericht tarnt, Hühnerfleisch in Nugget-Form und Wurstaufschnitt mit Bärchengesicht. Und haben Bier ohne Alkohol oder Kaffee ohne Koffein keine Daseinsberechtigung oder sollten anders heißen, nur weil ihnen charakteristische Inhaltsstoffe fehlen?

          Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass ich selbst in meinen Rezepten auf pflanzliche Fleisch-Ersatzprodukte verzichtet habe. Obwohl sie ab und zu auch bei mir auf den Tisch kommen, gehe ich aus verschiedenen Gründen sparsam damit um. Der wichtigste: Ich liebe Obst und Gemüse und gebe ihnen gerne die Chance, der Star auf meinem Teller zu sein. Zumal viele vegane Alternativen zu Fleisch und Wurst in Öko-Tests brutal durchfallen. Manchmal erleichtern sie mir trotzdem den Alltag: Beim Grillen mit der Familie kann ich dabei sein, ohne vorher lange in der Küche zu stehen. Und unter Fleischessern, unter denen man sich durchaus öfter für seinen Veganismus rechtfertigen muss, sind sie eine super Tarnung.

          Daher heute mal mit Rezept: Regenbogen-Veggie-Burger. Für zwei Portionen eine gelbe Paprika halbieren und leicht geölt und gesalzen im Ofen backen, bis sie weich ist. Zwei vegane Burger-Pattys nach Packungsbeilage zubereiten. Zwei Vollkornbrötchen halbieren und mit Hummus bestreichen. Die Brötchen mit Scheiben von Tomaten, Gewürzgurken, Salatgurke und roter Zwiebel und Salatblättern belegen. Darauf die Burger-Pattys und je eine halbe gelbe Paprika, dann den Brötchendeckel legen. Dazu passen selbst gemachte Gemüse-Pommes aus dem Ofen, zum Beispiel aus Kartoffeln, Süßkartoffeln, Kürbis oder Möhren.

          Part 6: Sparsam mit Alternativen zu Fleisch

          Unnatürlich, voller Zusätze und Aromastoffe und unmöglich gut für den Körper: Immer wieder werde ich im Alltag gefragt, ob ich meine pflanzliche Ernährung wirklich für gesund halte. Künstliches Fleisch – das kann doch nicht gut sein? Und tatsächlich: Jüngst schnitten vegane und vegetarische Wurstaufschnitt-Alternativen in einer Öko-Test-Bewertung wieder schlecht ab. Viele waren mit Mineralöl belastet, enthielten das umstrittene Bindemittel Carrageen und zu viel Salz. Ähnliche Berichte gab es schon über vegane Burger, Schnitzel und Hack.

          Ein Grund für den Verzicht ist nicht. Denn wie so oft macht die Dosis das Gift. So empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) auch Mischkostessenden, Fleisch- und Wurstwaren (ebenfalls häufig voll mit problematischen Inhaltsstoffen) mehr als Genuss- denn als Lebensmittel zu verwenden: selten und sparsam. Genauso verhält es sich mit den pflanzlichen Alternativen. Wer sich für vegan entscheidet, sollte grundsätzlich bereit sein, unverarbeitete pflanzliche Produkte zu konsumieren.

          Aber: Ausnahmen sind natürlich erlaubt. Um dabei die gesündeste Wahl zu treffen, kann man einige einfache Dinge beachten: Ein Blick auf die Zutatenliste ist für mich beim Einkaufen zum Beispiel Pflicht. Je länger sie ist, und je mehr Inhaltsstoffe mit komplizierten, nach Chemieunterricht klingenden Namen vorkommen, desto eher lasse ich die Finger vom Produkt. Auch die Reihenfolge der Zutaten auf der Liste gibt Aufschluss. Je mehr prozentual von einer Zutat enthalten ist, desto weiter vorne in der Liste steht sie. Fett- und Salzgehalt sind ebenfalls einen Blick wert. Ein Indikator ist auch der „Nutri-Score“: Mit seiner Hilfe können Produkte innerhalb einer Kategorie hinsichtlich ihres Nährwerts verglichen werden. Auf den Packungen ist eine Bewertungsskala von A bis E abgebildet. Leider ist die Kennzeichnung für Herstellende keine Pflicht.

          Statt Rezept diesmal Alternativen zum Wurst-Belag auf Brot: Vollkornbrot mit Hummus, gebackener Paprikahälfte, Tomatenscheiben und Minze; Oder: Avocado, Räuchertofu und Kresse; Oder süß: Erdnussbutter, Mango und Chia-Samen; Oder: Mandelbutter, Bananenscheiben und Leinsamen.

          Part 7: Der Mensch – zwangsläufig Allesfresser?

          Menschen sind Raubtiere: Wir besitzen die Intelligenz, Tiere zu jagen und zu töten. Wir haben die Zähne, um Fleisch zu zerbeißen, und den Magen, um es zu verdauen. Warum sollten wir es dann nicht tun? Die Biologie ist ein gern bemühtes Argument gegen eine vegane Ernährung. Und ja: Vieles an unserer Anatomie und Physiologie spricht dafür, dass der Mensch schon lange ein allesfressendes Lebewesen ist. Jäger und Sammler ernährten sich bereits vor rund 10.000 Jahren von Pflanzen und Fleisch gleichermaßen.

          Im Laufe der Jahrtausende änderten sich die Essgewohnheiten unserer Vorfahren oft – meist zwangsläufig. Veränderte Umweltbedingungen brachten ein verändertes Nahrungsangebot mit. Ein Beispiel ist unsere Fähigkeit, Milch zu verdauen. Sie entwickelte sich erst mit der Neolithischen Revolution und der damit verbundenen zunehmenden Haltung von Tieren, die Milch geben. Vorher waren erwachsene Menschen nicht in der Lage, Laktose zu verwerten. Erst die Mutation eines Gens vor rund 8000 Jahren machte es möglich. Ist unsere Physiologie also ein sicheres Zeichen, dass wir tierische Lebensmittel benötigen? In vorherigen Beiträgen habe ich bereits angesprochen, dass vegane Ernährung Vorteile hat, aber gut geplant werden muss und nicht für jeden geeignet ist. Zumindest mit Stand heute.

          Ich möchte Sie zu einem Gedankenexperiment einladen: Sollten wir uns – ob aus Klimagründen der warum auch immer – einst kollektiv entscheiden (müssen), weitgehend auf tierische Lebensmittel zu verzichten: Ist es nicht denkbar, dass unsere Körper sich anpassen? Reine Spekulation. Dass die Physiologie aber nicht alles ist, zeigt noch ein anderer Umstand. Unsere Fähigkeit, mit möglichst geringem Energieaufwand an möglichst viele Kalorien zu gelangen, rettete unsere Vorfahren häufig vor dem Aussterben. In unserer heutigen Gesellschaft, in der Nahrung ständig verfügbar ist, unser Alltag sich aber oft sitzend am Schreibtisch abspielt, ist genau das Auslöser vieler Krankheiten. So wendet sich evolutionär vorteilhaftes Verhalten manchmal auch gegen uns.

          Rezept: Grüne Spargel-Cremesuppe mit Bärlauch und Seitan Für zwei Portionen eine kleine, gehackte Zwiebel mit einer kleinen gewürfelten Kartoffel in einem Topf anbraten und mit dem Saft einer halben Zitrone und einem Schuss Weißwein ablöschen. 500 Gramm grünen Spargel in Stücke geschnitten (holzige Enden entsorgen, Spargelspitzen aufbewahren) dazugeben und mit 500 Milliliter Gemüsebrühe ablöschen. Kochen, bis Spargel und Kartoffeln weich sind. 100 Gramm grüne Erbsen kurz mit garen. Alles mit einer halben Avocado und ein bis drei (je nach Geschmack) Blättern Bärlauch pürieren. Ggf. etwas Pflanzenmilch hinzugeben, um die Suppe dünner zu machen. Mit Pfeffer, Salz und etwas Weißweinessig abschmecken. 100 Gramm (abgetropft) Seitan aus dem Glas (gibt es im Asia- oder Bioladen) mit den Spargelspitzen mit Pfeffer und Salz anrösten. Suppe damit, mit Kräutern und gehackten, gerösteten Haselnusskernen servieren. Dazu passt Vollkornbrot.

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          Die zwei Jahre Corona-Pandemie und jetzt der Krieg in der Ukraine haben unser Leben verändert. Ängste und Sorgen gehören zu unserem Alltag, Körper und Seele reagieren, machen uns dünnhäutiger. Um diesen Belastungen standzuhalten und auch dort helfen zu können, wo wirklich Not ist, brauchen wir hier und da den Blick auf uns selbst. In diesem Sinne wollen wir Ihnen in unseren „Gesundheitswochen“ Rat geben. Hier finden Sie alle Texte: