Lebenstedt. Der Arbeitskreis Stadtgeschichte archiviert nicht nur, sondern initiiert auch Führungen und Projekte. Jetzt ist er für den Gemeinsam-Preis nominiert.

Jeder kleinste Hinweis, jeder Notizzettel, jeder Listeneintrag ist wichtig. Maike Weth hütet die Originale im Archiv des Arbeitskreises Stadtgeschichte wie einen Schatz. Die Historikerin weiß, es sind unbezahlbare Zeugen der Geschichte.

Jeder Hinweis und jede Postkarte wird archiviert

140 Mitglieder zählt der Verein mit dem ehrenamtlichen Vorstand und den zwei Historikerinnen, wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Büroangestellten. Dabei sei der Verein auf das Ehrenamt angewiesen. „Nur mit ihnen können wir existieren. Alle Arbeiten über die Gedenkstätte hinaus werden von den freiwilligen Helfern gestemmt“, berichtet Vorsitzende Krim Weber-Rothmaler. Ihre ehrenamtlichen Helfer sammeln und archivieren alle Informationen, die ihnen zugetragen werden – jede Postkarte, jeden Hinweis. Krim Weber-Rothmaler erfasst selbst Erinnerungsberichte. Ihre Kollegen digitalisieren Interviews, Fragebögen und Transportlisten. Sie leiten Führungen zu den Gedenkorten der vier ehemaligen Konzentrationslager in Salzgitter, Friedhöfen und Siedlungen. Sie betreuen Gäste während ihrer Salzgitterbesuche. „Oft entstehen so tiefe Freundschaften zwischen den Salzgitteranern und den Hinterbliebenen oder ehemaligen Häftlingen. Sie überreichen uns oft Erinnerungsstücke“, berichtet Historikerin und Leiterin der Gedenkstätte Maike Weth. „Wir sind über jede Info über die Eltern oder Großeltern sehr dankbar. Daher lassen wir auch alles stehen und liegen, wenn uns wieder ein Anruf vom Werkstor der Salzgitter AG erreicht“, so Maike Weth. Aber auch umgekehrt suchen Hinterbliebene nach Informationen ihrer Angehöriger. Über ein Dutzendmal im Jahr wollen Reisende aus der ganzen Welt spontan die Gedenkstätte, den historischen Ort ihrer Familie, besuchen.

In einem FSJ können junge Menschen Geschichte hautnah erleben

2020 konnten aufgrund der Corona-Beschränkungen nur wenige Gruppen empfangen werden. Vor der Pandemie waren es bis zu 100 Stück jährlich. Während des Lockdowns ist auch die Gedenkstätte geschlossen. Doch im Büro in der Wehrstraße gibt es keinen Stillstand. Die Historikerinnen Maike Weth und Teri Arias sind gut beschäftigt. Sie bereiten die neue Dauerausstellung vor. Die neue Broschüre dafür liegt bereits druckfrisch im Büro. Weitere restauratorische Untersuchungen und das Freilegen von Wandgestaltungen werden derzeit durchgeführt. Für weitere Projekte ist der Verein dennoch auf jede Spende angewiesen. Seit 2007 bietet der Arbeitskreis Stadtgeschichte eine Stelle im Rahmen des „Freiwilligen Sozialen Jahres – Politik“ an. Jedes Jahr lernen so jungen Menschen die Geschichte auch durch eigene Projekte hautnah kennen. „Die FSJler helfen uns immer sehr. Wir wollen schließlich, dass die Geschichte lebendig bleibt. Aber auch jedes neue Vereinsmitglied ist bei uns herzlich willkommen. Neue Ideen und jede noch so kleine Hilfe können wir jeder Zeit gebrauchen“, sagt Krim Weber-Rothmaler.

Gedenkstätte und Vermittlung der Geschichte stehen im Fokus

In den vergangenen 30 Jahren hat sich der Arbeitskreis Stadtgeschichte zu einer Instanz bezüglich der Geschichte Salzgitters und darüber hinaus entwickelt. Neben vielfältigen Bildungs- und Veranstaltungsangeboten bleibt der Kontakt zu ehemaligen KZ-Häftlingen, Zwangsarbeitern und Displaced Persons sowie deren Angehörigen ein wesentlicher Bestandteil seiner Arbeit.

Zum 40. Stadtgeburtstag wurde der Verein gegründet, das war 1983. Sein oberstes Ziel – eine Gedenkstätte des Konzentrationslagers Drütte – konnte zehn Jahre danach realisiert werden. 1992 übergaben der Betriebsrat der Peine-Salzgitter AG den Mitgliedern dem Verein den ersten Gedenkraum. Als Träger der Gedenk- und Dokumentationsstätte KZ Drütte bietet der Verein ein breites Spektrum an Veranstaltungen und Projekten an. „Im Fokus steht zwar die Gedenkstätte, aber wir vermitteln die Geschichte der gesamten Stadt“, betont die Vorsitzende Weber-Rothmaler. Beispielweise in Lebenstedt gebe es „unheimlich viele Zeichen und Bauten, die aus den nationalsozialistischen Zeiten stammen.“

Gemeinsam-Preis 2021- Die Kandidaten im Überblick