Berlin. Schwinden nach der EU-Wahl die Chancen für Manfred Weber als Kommissionspräsident? Günther Oettinger würde zur Not Macron überstimmen.

Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger hat sich dafür ausgesprochen, den EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber notfalls gegen den Willen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron als neuen Kommissionspräsidenten durchzusetzen.

Ein historisch schwaches Ergebnis für die Christdemokraten bei der Europawahl – welche Erklärung haben Sie?

Günther Oettinger:

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Gewinner sind die Grünen, das sage ich voller Respekt. Damit wird deutlich, dass bei der Europawahl ein Thema im Mittelpunkt stand: Klimaschutz und Umweltschutz. Und da haben die Grünen ein Profil, das ihnen hilft.

Haben die Klima-Aktivistin Greta Thunberg und der YouTuber Rezo den Wahlausgang beeinflusst?

Oettinger: Generell hat die junge Generation in diesem Wahlkampf eine prägende Rolle gespielt – und so auch das Wahlergebnis beeinflusst.

Grüner Höhenflug- So hat das Rezo-Video bei der Europawahl mobilisiert

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    Schwinden die Chancen des christdemokratischen Spitzenkandidaten Manfred Weber, Nachfolger von Jean-Claude Juncker an der Spitze der EU-Kommission zu werden?

    Oettinger: Die christdemokratische EVP ist stärkste Fraktion im Europäischen Parlament – vor den Sozialisten und Demokraten. Und das Parlament hat mehrfach erklärt, dass nur ein Spitzenkandidat als Kommissionspräsident wählbar ist. Damit kommen viele nicht in Frage. Und der sozialistische Spitzenkandidat Frans Timmermans sollte mal nachschauen, wie Martin Schulz vor fünf Jahren das Wahlergebnis bewertet hat.

    Martin Schulz hat als unterlegener sozialistischer Spitzenkandidat noch in der Nacht dem Erstplatzierten Jean-Claude Juncker gratuliert – und ihm seine Unterstützung zugesagt. Das war damals demokratisch logisch und kann heute nicht falsch sein.

    Den französischen Präsidenten Emmanuel Macron wird das nicht sonderlich beeindrucken.

    Oettinger: Es wäre mit Sicherheit sinnvoll, wenn wir die allererste Reihe Europas – es geht ja um fünf Positionen – mit Frankreich auswählen könnten. Aber Macron hat kein Vetorecht. Ich erinnere daran, dass sich beim letzten Mal der britische Premierminister David Cameron und der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban gegen Juncker ausgesprochen haben – und trotzdem wurde Juncker Kommissionspräsident. Hier gilt keine Einstimmigkeit.

    Europawahl 2019- Jubel und Frust in Deutschland

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    Die Grünen können sich freuen: Nach den ersten Hochrechnungen darf die Ökopartei jubeln. Sie kann ihr Ergebnis im Vergleich zu 2014 verdoppeln. © dpa | Tobias Hase
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    Die Chefinnen liegen sich sogar in den Armen: Annalena Baerbock (l.), Grünen-Vorsitzende, und Fraktionschefin Katrin Göring-Eckard. © dpa | Kay Nietfeld
    Nach den ersten Hochrechnungen stehen CDU/CSU zwar auf Platz eins, müssen aber starke Verluste verkraften. In Berlin gratulieren sich Anhänger der Union.
    Nach den ersten Hochrechnungen stehen CDU/CSU zwar auf Platz eins, müssen aber starke Verluste verkraften. In Berlin gratulieren sich Anhänger der Union. © dpa | Michael Kappeler
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    Keine Freude hingegen herrscht bei der SPD. Die Partei ist der große Wahlverlierer. © dpa | Wolfgang Kumm
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    SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley meinte: „Ich habe alles gegeben. Mehr ging nicht.“ © dpa | Wolfgang Kumm
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    Für die FDP lief es besser – zumindest ein bisschen. Spitzenkandidatin Nicola Beer und FDP-Chef Christian Lindner freuen sich in Berlin über die kleine Steigerung. © dpa | Carsten Koal
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    Junge Anhänger der FDP klatschen zögerlich nach der ersten Hochrechnung in Berlin. © dpa | Carsten Koal
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    Er ballt die Faust, doch das Ergebnis ist nicht so stark wie erhofft: AfD-Chef Jörg Meuthen gibt sich dennoch zufrieden. © Reuters | Axel Schmidt
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    Also wird Macron überstimmt, wenn er sich gegen Weber stellt?

    Oettinger: Wir werden alles tun, um Manfred Weber an die Spitze der EU-Kommission zu bringen. Die EVP ist zwar schwächer als vor fünf Jahren, aber immer noch die stärkste Fraktion.