Berlin. Die Koalition will eine Grundrente einführen, um Senioren vor Altersarmut zu schützen. Arbeitsminister Hubertus Heil legt nun vor.

Es ist eines der wichtigsten Projekte, das Sozialminister Hubertus Heil in diesem Jahr in ein neues Gesetz verwandeln will: Der Sozialdemokrat will endlich etwas gegen Altersarmut unternehmen. Jetzt ist er konkret geworden.

Heil hat ein Konzept für die von der großen Koalition vereinbarte Grundrente vorgelegt. Es sei ein milliardenschweres Programm, das für drei bis vier Millionen ehemalige Geringverdiener die Rente um bis 447 Euro monatlich aufstocken werde, schreibt die „Bild am Sonntag“.

Huberts Heil: Grundrente aus Respekt vor Lebensleistung

„Sehr viele Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, landen wegen ihrer niedrigen Löhne als Rentner in der Grundsicherung. Das will ich ändern“, sagte der SPD-Politiker der Zeitung. „Jemand, der Jahrzehnte lang hart gearbeitet hat, hat das Recht, deutlich mehr zu bekommen als jemand, der nicht gearbeitet hat. Das ist eine Frage des Respekts vor Lebensleistung.“

Seit Jahren schon ist Altersarmut ein Thema, aber bislang hat noch kein Sozialminister ein wirksames Mittel dagegen gefunden. Heil hatte seinen Plänen zunächst den Arbeistitel „Respekt-Rente“ gegeben.

Ursprüngliche Idee: Zehn Prozent über Grundsicherung

Im Koalitionsvertrag hatten sich CDU, CSU und SPD auf eine Besserstellung armer Senioren geeinigt. Dort hieß das Projekt bereits „Grundrente“. Vereinbart war ursprünglich, dass die neue Grundrente ein Alterseinkommen zehn Prozent oberhalb des Grundsicherungsbedarfs garantieren soll.

Bekommen sollen die Grundrente all jene, die 35 Jahre mit Beitragszahlung, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit aufweisen. Offen war nur noch der Weg zum Ziel. Der scheint nun gefunden.

Grundrente: So soll Heils Plan funktionieren

Heil sagte, er rechne mit jährlichen Kosten in Höhe eines mittleren einstelligen Milliardenbetrags. „Mein Ziel ist es, dass wir das aus Steuermitteln finanzieren.“

Nach Heils Angaben prüft die Rentenversicherung künftig bei jedem Versicherten automatisch, ob er Anspruch auf Grundrente hat. Dafür wird dem Zeitungsbericht zufolge die Summe der gesammelten Rentenpunkte durch die Versicherungsjahre geteilt.

Kommt ein Versicherter im Jahresdurchschnitt auf weniger als 0,8 Punkte, wird er automatisch hochgewertet. Eine Bedürftigkeitsprüfung werde es nicht geben, betonte Heil.

So kommt die Rente auf das Konto – und das will die Große Koalition dafür tun

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    Grundrente soll spätestens bis 2021 in Kraft treten

    „Wer immer nur Mindestlohn verdient hat, bekommt die höchste Aufwertung von 447 Euro. Aber auch die Renten von Geringverdienern, die etwas über dem Mindestlohn liegen, wollen wir höher bewerten“, sagte der Minister der „Bild am Sonntag“.

    Er kündigte an: „Die Grundrente soll spätestens zum 1. Januar 2021 in Kraft treten und drei bis vier Millionen Menschen erreichen.“ Sie werde nicht nur für Neu-Rentner, sondern auch für die bisherigen Rentner gelten. „Wir können bei der Lebensleistung keinen Unterschied machen.“ Zu 75 Prozent würden Frauen von der neuen Grundrente profitieren.

    Göring-Eckardt zweifelt an Finanzierbarkeit von Heils Grundrente

    Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt äußerte Zweifel an der Finanzierbarkeit. „Heils Konzept ist nur dann mehr als ein Luftschloss, wenn es solide finanziert wird“, sagte sie unserer Redaktion.

    „Die Koalition ist mit der Mütterrente II bereits eine teure Verpflichtung eingegangen – es ist nicht erkennbar, woher die Finanzierungsspielräume für Heils milliardenschwere Grundrente kommen sollen.“

    Grundsätzlich sei der Vorstoß aber ein Schritt in die richtig Richtung. „Wer sein Leben lang gearbeitet und Kinder erzogen hat, muss im Alter mehr haben als die Grundsicherung“, sagte Göring-Eckardt.

    Vorige Versuche scheiterten

    Ein Rentnerpaar auf einer Bank vor dem Reichstag.
    Ein Rentnerpaar auf einer Bank vor dem Reichstag. © dpa | Stephan Scheuer

    Ursprünglich war im Koalitionsvertrag „ein regelmäßiges Alterseinkommen zehn Prozent oberhalb des Grundsicherungsbedarfs“ vorgesehen. Dieser Plan scheiterte jedoch daran, dass die Grundsicherung überall in Deutschland unterschiedlich hoch ist.

    Problematisch ist auch, dass die Rente nach dem Prinzip einer Versicherung funktioniert und bei der Auszahlung – grob gesagt – nur das berücksichtigt, was vorher eingezahlt wurde. Die Grundsicherung dagegen folgt dem Prinzip der Fürsorge und zahlt ausschließlich dann, wenn jemand das Geld wirklich braucht.

    Weil sich diese Prinzipien so schwer kombinieren lassen, waren die Vorgänger von Minister Heil an dem Versuch gescheitert, Altersarmut zu bekämpfen: Ursula von der Leyen (CDU) hatte es mit der „Zuschussrente“ versucht, aus der später die „Lebensleistungsrente“ wurde. Andrea Nahles (SPD) plante die „solidarische Lebensleistungerente“ – ohne Ergebnis.

    Vor diesem Hintergrund ist Heils Koalitionspartner jetzt durchaus zufrieden: „Ich freue mich, dass sich die SPD von der Idee verabschiedet hat,

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    Das hätte mit einer gerechten Rente nichts mehr zu tun gehabt“, sagte ­Peter Weiß, Sozialexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, unserer Redaktion, auf Heils damalige Ankündigungen zur „Respekt-Rente“.

    Gespräche in nächsten Wochen

    Die Union will aber noch mehr. Vor dem Hintergrund, dass in den drei ostdeutschen Bundesländern Brandenburg, Thüringen und Sachsen in diesem Jahr die Landtage neu gewählt werden,

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    Man müsse darauf reagieren, dass viele Ostdeutsche „gebrochene Erwerbsbiografien“ hätten. Ähnlich sieht es auch der Renten­experte Weiß: „Ich würde mir wünschen, dass wir bei der Ausgestaltung der Grundrente besonders auf die Situation in Ostdeutschland eingehen“, sagt er.

    Viele Menschen im Osten, die jetzt in Rente gehen, hätten Zeiten der Massenarbeitslosigkeit hinter sich. „Das sollten wir berücksichtigen, damit die Grundrente ihr Ziel wirklich erreicht“, so Weiß. In Koalitionskreisen ist die Rede davon, die Grundrente zunächst auch an Rentner zu zahlen, die etwas weniger Zeit als die bislang geplanten 35 Jahre angesammelt haben.

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  • (dpa/phn/cho)