Zur „Kundgebung mit anschließendem Familienfest“ hatte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) aus Anlass des „Tags der Arbeit“ am 1. Mai auf den historischen Marktplatz eingeladen. Es gab wieder zahlreiche Forderungen an die Politik. Rund 250 Teilnehmer waren dabei.
Gülsün Dogan (Verdi), stellvertretende Leiterin der Kita Lummerland, stellte in ihrem Grußwort die Frage: „Wie sollen wir pädagogischen Fachkräfte der Bildung und der Förderung des Kindes gerecht werden, unter schlechten Rahmenbedingungen, hohem Personalmangel und schlechter Bezahlung?“
Da seitens der Politik keine Lösungsvorschläge kämen, brachte die Kita-Leiterin ihre ein. Neben der besseren Bezahlung und der monatlichen Vergütung der Vierjährigen-Ausbildung warb sie für die Neuberechnung des Personalschlüssels. Für 20 bis 25 Köpfe starke Kindergruppen solle es mindestens drei pädagogische Fachkräfte geben müssen.
„Was wir täglich in die Kitas investieren, ist Lebenszeit – unter körperlicher und seelischer Belastung durch zum Beispiel den Personalmangel“, sagte Gülsün Dogan. Die Politik müsse endlich die Realität sehen und handeln. Es fehle an Wertschätzung des an sich wunderbaren Berufes als Erzieherin oder Erzieher.
Die Klimakrise trifft die viel härter, die deutlich weniger daran schuld sind
Klara Upadeck von „Fridays for Future Peine“ griff in ihrer Rede das DGB-Motto „Ungebrochen solidarisch“ auf und verwies erneut auf Klimagerechtigkeit: „Einsatz für Klimagerechtigkeit sollte selbstverständlich sein. Allein schon aus Solidarität gegenüber denjenigen, die am meisten unter der Klimakrise leiden und leiden werden.“
Von der Zunahme von Hitzeextremen durch den Klimawandel seien besonders ältere Menschen und Personen mit chronischen Vorerkrankungen (wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen) betroffen. Konsequenter Klimaschutz könne in diesem Fall Leben retten.
Menschen im globalen Süden seien mehr von Klimakrise betroffen, aber weniger dafür verantwortlich. Die Klimakrise verstärke schon bestehende Ungleichheiten. Klimagerechtigkeit bedeute auch Solidarität gegenüber kommenden Generationen.
„Die nötigen Maßnahmen sind bekannt“, so Klara Upadeck: Wegkommen von fossilen Energieträgern und Ausbau der erneuerbaren Energien, weg von Individualverkehr mit Verbrenner-Autos hin zu guten und günstigen ÖPNV, mehr Nachhaltigkeit statt immer mehr Konsum.
Forderungen in den jüngsten Tarifauseinandersetzungen gerechtfertigt
Die Zweite Bevollmächtigte und Gastrednerin, Brigitte Runge von der IG Metall Salzgitter-Peine, forderte mehr öffentliche Investitionen und eine Stabilisierung der Reallöhne: „Kräftige Lohn- und Gehaltszuwächse sind das beste Mittel gegen steigende Lebenshaltungskosten.“ Deshalb seien die Forderungen in den jüngsten Tarifauseinandersetzungen bei der Deutschen Post, der Bahn, im öffentlichen Dienst oder auch bei den bereits vor Monaten erzielten Tarifabschlüssen wie in der Metall- und Elektroindustrie gerechtfertigt und volkswirtschaftlich richtig. Runge: „Durch die Inflation sinken die Reallöhne und ohne eine stabile Kaufkraft wird es keinen wirtschaftlichen Aufschwung geben.“
Erbschaftsteuer mit Biss und die Wiedererhebung der Vermögensteuer
Darüber hinaus machte die Metallerin deutlich: „Wir brauchen keine Kürzungsdebatte bei Sozialleistungen. Im Gegenteil, hier ist deutlich Luft nach oben!“ Die Ungerechtigkeit des Steuersystems spiegele sich in der ungleichen Verteilung von Vermögen in Deutschland wider. Die vermögendsten zehn Prozent besäßen mehr als 60 Prozent des Gesamtvermögens. „Was wir brauchen, ist endlich eine Erbschaftsteuer mit Biss und die Wiedererhebung der Vermögensteuer!“, forderte Brigitte Runge.
Auszubildende bei Peiner Träger kündigen an, sich für die 4-Tage-Woche einzusetzen
Jana Auf der Landwehr und Thomas Schönberg von der Jugend- und Auszubildendenvertretung der Peiner Träger GmbH sind der Meinung, dass das Bildungssystem auch für Jugendliche in der Ausbildung auf den Prüfstand gehört. Sie forderten attraktive Ausbildungsplätze mit einer festen Übernahmezusage. Zudem stellten sie fest: „Wir brauchen keine Statussymbole, keine fetten Autos und Eigenheime, um ein gutes Leben zu führen. Aber wir brauchen für jeden jungen Menschen die Option auf einen Ausbildungsplatz, und wir wollen eine garantierte Übernahme nach erfolgreich abgeschlossener Berufsausbildung – auch bei der Peiner Träger GmbH.“
Die beiden Auszubildendenvertreter kündigten an, in der kommenden Tarifrunde der Stahlindustrie alles daran zu setzen, „eine 4-Tage-Woche mit 32 Stunden, bei vollem Lohnausgleich durchzusetzen“. Das sei motivierend, produktiver, gesünder und attraktiv für Fachkräfte.
Blick zurück auf den 2. Mai 1933: Nationalsozialisten überfallen Gewerkschafter
Torsten Gutsmann, der die Maikundgebung als DGB-Kreisverbandsvorsitzender moderierte, warf bei all den Zukunftsthemen auch einen Blick in die Vergangenheit vor 90 Jahren, als die Nationalsozialisten die Gewerkschaftshäuser überfielen: „Uns Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern wird an jedem 1. Mai immer wieder schmerzlich bewusst, was dem ‘Tag der Arbeit’ im Jahr 1933 folgte. Am 2. Mai stürmten Nationalsozialisten im ganzen Land Gewerkschaftshäuser, Büros und Wohnungen.“
Mehr Waffen „kompletter Irrweg“
Gemeinsam stünden Gewerkschafter nicht nur für eine offene Gesellschaft mit Respekt und gegen Hass und Hetze ein, sondern auch für ein Ende des Krieges in der Ukraine. Torsten Gutsmann betonte: „Es ist ein kompletter Irrweg zu glauben, immer mehr Waffen würden die Welt sicherer machen und dauerhaften Frieden ermöglichen. Das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr ist ein Fehler, ebenso wie die Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels der NATO. Nicht die Aufrüstungsspiralen, sondern öffentliche Investitionen in einen modernen Sozialstaat und die unabdingbare sozial-ökologische Transformation sind erfolgversprechende Antworten auf die Probleme unserer Zeit.“
Mehr als nur Reden auf dem Markt in Peine
Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung auf dem Markt in Peine von Hannes Salzmann, der Gewerkschafts- und populäre Lieder spielte. An Ständen wurden Essen und Getränke angeboten. Eine Hüpfburg und ein Glücksrad sowie ein Bastelangebot für Kinder durch den Kinderschutzbund rundeten das Programm ab.
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