Braunschweig. Kathrin Monyer-Rogner, Ehrenamtliche bei der Organisation Foodsharing, unterstützt die Frauen in der Not und ist für den Gemeinsam-Preis nominiert.

„Wenn jemand sich bei mir überschwänglich bedankt, ist es mir eher peinlich“, sagt Kathrin Monyer-Rogner. Die Erzieherin „rettet“ seit zweieinhalb Jahren nicht nur als Mitglied der Organisation Foodsharing Lebensmittel, die sonst in Supermärkten, Bäckereien und Restaurants vernichtet worden wären, obwohl noch einwandfrei verwendbar. Seit dem ersten Lockdown vor einem Jahr ist die 52-Jährige auch tatkräftig im Bündnis für die Bruchstraße aktiv, in der sich zuvorderst Foodsharing, die Initiative „Schrill“ und die Michaelis-Gemeinde mit Pastor Jakob Timmermann um die dort ansässigen Sexarbeiterinnen kümmern.

Die Anzahl und Vielfalt der Spender, die das Bündnis immer mal wieder unterstützen, reicht von der 5000-Euro-Hilfe der Bürgerstiftung bis zur Fünf-Euro-Gabe, Kleider-, Hygieneartikel- und Medinzinprodukte-Spenden eingeschlossen. Was benötigt wird, steht auf der von St. Michaelis eingerichteten Internetseite aktionbruchstrasse.de.

Frauen in der Bruchstraße fallen durch soziale Netz

Rund 30 Frauen wohnen in der Bruchstraße, Braunschweigs Rotlichtbezirk, „die Anzahl wechselt“, sagt Monyer-Rogner. Sie können derzeit nichts verdienen, leiden daher Hunger und fallen aus verschiedenen Gründen durchs übliche soziale Netz.

Viele der Sexarbeiterinnen unterstützen mit dem verdienten Geld ihre Familien in der Heimat und meist mehrere Kinder. „Man lernt im Gespräch mit den Frauen viele sehr unterschiedliche Schicksale kennen, wenn man erstmal ihr Vertrauen gewonnen hat“, berichtet die Ehrenamtliche. So helfen sie und ihre engsten Mitstreiterinnen, Foodsharing-Kollegin Manuela Bialek und Luisa Stegemann von „Schrill“, nicht nur mehrmals pro Woche, indem sie gerettetes Obst, Gemüse und Brot an die Frauen verteilen, sowie alle zwei Wochen mit einem durch Spenden finanzierten Großeinkauf helfen. Sie koordinieren auch Gaben von Restaurantküchen, die teilweise ganze Mahlzeiten für die Frauen in der Bruchstraße spendieren, und kümmern sich um Behördenangelegenheiten.

Für Monyer-Rogner ist ihr Engagement eine Selbstverständlichkeit

„Viele wissen überhaupt nicht, was zu tun ist, wenn ein Bußgeldbescheid ins Haus flattert und Wochen später sogar mit Erzwingungshaft, also Gefängnis, gedroht wird“, beschreibt Kathrin Monyer-Rogner, die beruflich als Koordinatorin in einem evangelischen Familienzentrum in Salzgitter-Lebenstedt tätig ist. Von der Verwaltung und dem Rat der Stadt wünscht sie sich, dass es für die Sexarbeiterinnen bald offizielle Ansprechpartner gibt.

Dass sie sich nach beruflichem Feierabend noch intensiv ehrenamtlich einsetzt, wurde ihr von Eltern und Großeltern vorgemacht, verrät die Gemeinsam-Preis-Kandidatin aus dem östlichen Ringgebiet. „Mein Mann hält mir den Rücken frei.“ Dort zu helfen, wo Not herrsche, empfinde sie „nicht als Pflicht, sondern als Selbstverständlichkeit. Ich sehe den Menschen, der Hilfe braucht, da ist mir egal, wo er herkommt oder welche Ausbildung er hat“, betont sie – auch wenn „man in manchen Situationen einfach eine Grenze ziehen muss“.

Als Dank für die Hilfe, die sie in der Bruchstraße leistet, freut sie sich am meisten über eine kleine Geste, vielleicht ein Lächeln, oder wenn eine der Frauen ihr dankerfüllt zuruft: „Kathrin, ich liebe Dich dafür!“ Dann weiß Monyer-Rogner, dass ihr Einsatz sich gelohnt hat – ein wenig rot wird sie bei Komplimenten und Danksagungen aber dennoch immer wieder.

Gemeinsam-Preis 2021- Die Kandidaten im Überblick