Berlin. Paula Lambert ist Deutschlands bekannteste TV-Beziehungsexpertin. Sie moderiert „Paula kommt“ und sagt: Aufklärungsbedarf gibt es noch.

Paula Lambert (44) hat diese Erfahrung schon oft gemacht, und dennoch muss sie ihr vorkommen wie eine ewige Wiederholungsschleife: Da saß sie also nun wieder in einer Fernseh-Talkshow. Diesmal „Riverboat“. Als Sex- und Beziehungsexpertin, die gern sehr, sehr ins Detail geht und wenig verklausuliert über Liebespraktiken berichtet. Die übrigen Gäste der Runde lachen abwechselnd laut auf, die Moderatorinnen versuchen, das heikle Thema Sex-Praktiken elegant zu umschiffen.

Paula Lambert kichert als Einzige nicht und spricht weiter so selbstverständlich und nüchtern über das Intimste, als würde sie Gesundheitsartikel im Shoppingkanal verkaufen. Nur kurz wird sie ernst: „Das Innerste des Menschen sollte schon geschützt werden“, sagt sie. Voyeurismus, das sei für sie tabu. Aber wie die Liebe funktioniert, das wolle sie ihren Lesern und Zuschauern schon gern tabulos berichten.

Internet-Pornos verdrängten Sex-Experten aus dem TV

Die Autorin Paula Lambert beräte Paare bei ihrem Sexualleben.
Die Autorin Paula Lambert beräte Paare bei ihrem Sexualleben. © Maurizio Gambarini | Maurizio Gambarini

Das Interesse am offenen Umgang mit intimen Themen scheint auch nach fünf Büchern und knapp fünf Jahren als Moderatorin ihrer Sendung „Paula kommt“ beim Sender Sixx ungebrochen zu sein. Zuletzt erschien ihr gleichnamiges Buch, welches im Untertitel verspricht, „das ehrlichste Sexbuch der Welt“ zu sein.

Dass Sexprobleme im Fernsehen verarbeitet werden, knüpft an eine Tradition aus den 80er- und 90er-Jahren an, als Erika Berger bei RTL die Zuschauer live in Liebesdingen beriet oder

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(damals Feldbusch) bei RTL 2 das Erotikmagazin „Peep!“ präsentierte. Man erinnert sich auch an Lilo Wanders, die bei Vox die „Wa(h)re Liebe“ suchte.

Schaut man sich heute in den Programmen um, spielen Sex-Experten kaum noch eine Rolle. „Im Fernsehen sind sie in letzter Zeit aus der Mode gekommen“, sagt Joachim Trebbe, Kommunikationswissenschaftler an der FU Berlin. Ein Grund: das Internet und seine Porno-Fülle. Das mache klassische Aufklärungssendungen quasi überflüssig.

Paula Lambert findet gerade jetzt Aufklärung wichtig

Das sieht Paula Lambert, die in München geboren und in Bonn aufgewachsen ist, anders. Gerade in Zeiten von Internet sei Aufklärung wichtig. Weil viele Fragen trotz freizügiger Pose offenblieben. Ob Verhütung oder Verhalten beim ersten Mal – die alten Fragen hätten sich auch durchs Internet nicht erledigt. Außerdem sei persönlicher Kontakt wichtig, so Lambert: „Viele Menschen kommen zu mir in die Sendung, weil sie sonst wirklich niemanden haben, mit dem sie darüber sprechen können.“

Mit ihren Büchern will sie nicht nur mit Tabus aufräumen und unterhalten, sondern auch jungen Frauen zu einem starken Selbstbewusstsein verhelfen, sagt sie. Es gehe um den Mut, Nein zu sagen. „Dass man sich nicht aufwerten kann, indem man über eigene Grenzen geht, dieser Aspekt fehlt doch oft bei der Aufklärung“, sagt die Mutter von zwei Söhnen.

Beziehungen sind „knüppelharte Arbeit“

Laut Lambert drehe sich aber nicht alles um Sex. Es gehe genauso oft um Beziehungsfragen. Vor allem um die Frage, wie sich Frau und Mann nicht gegenseitig auf die Nerven gehen. Ihr Tipp klingt tausendfach gehört: Kommunikation. „Die meisten Menschen haben Angst, in Beziehungen ihr wahres Ich rauszulassen. Probleme zu benennen, ist nämlich wahnsinnig anstrengend.“

Am Ende führe das oft dazu, dass Leute sich trennten, und beim Nächsten werde es dann wieder genauso. Man solle sich deshalb darauf einstellen, dass Beziehungen „knüppelharte Arbeit“ seien. Es sei oft ein Muster erkennbar: „Die Leute sagen, sie haben ein Sex-Problem, aber am Ende geht es doch um Liebe.“