Berlin. Der Vergeltungsschlag in Syrien erhitzte die Gemüter bei Maybrit Illner. Dabei sollte eigentlich eine andere Frage beantwortet werden.

Die Rollen sind klar verteilt: Ein Diktator greift sein eigenes Volk mit Giftgas an, der Westen schlägt zurück. „Die Beweise sind erdrückend“, sagte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Donnerstagabend bei

Auch interessant

.

Doch ganz so einfach scheint es nicht zu sein. Der CNN-Reporter Frederik Pleitgen, der zur Zeit des

Auch interessant

war, traut jeder Seite – also auch den Rebellen – ein solches Verbrechen zu.

Journalist kritisiert Luftangriff des Westens

Eigentlich wollte Maybrit Illner über „Das Syrien-Dilemma – kein Ausweg ohne Putin?“ diskutieren. Doch schnell landete ihre Runde bei einer anderen Frage: Wer steckte wirklich hinter dem vermeintlichen Giftgas-Einsatz in Syrien? Und darf der Westen mit einem Vergeltungsschlag antworten?

Zumindest der deutsch-syrische Journalist Aktham Suliman bezeichnete den Luftschlag als Bruch des Völkerrechts. „Es war ein Angriff. Lassen Sie andere Länder in Ruhe“, sagte er in Richtung Verteidigungsministerin von der Leyen.

Die konterte, dass der Luftschlag nötig gewesen sei, um überhaupt in Syrien wieder einen politischen Prozess in Gang zu setzen. Im Land tobe ein Krieg, Machthaber Assad habe Hunderttausende auf dem Gewissen. „Man hat bei Ihnen das Gefühl, dass Syrien ein friedliches Land war“, antwortete sie dem ehemaligen Al Jazeera-Korrespondenten.

Von der Leyen vertraut US-Koalition

Doch ist es wirklich schlau, Fakten zu schaffen ohne die Beweise abzuwarten? Bisher konnten unabhängige Kontrolleure die Arbeit vor Ort noch nicht aufnehmen. Ministerin von der Leyen verteidigte zwar – ebenso wie Kanzlerin Angela Merkel zuvor – den militärischen Luftschlag, doch Beweise dafür, dass wirklich der syrische Diktator Assad Gas eingesetzt hat, lieferte auch sie nicht.

„Wir sind überzeugt von dem, was uns die drei Nationen USA, Frankreich und Großbritannien vorlegen“, so die CDU-Politikerin. Was das genau ist, sagte sie nicht. Von der Leyen argumentierte zwar leidenschaftlich, doch jegliche Zweifel an der westlichen Interpretation wischte sie mit Worthülsen bei Seite.

Einen ebenso uninspirierten Auftritt legte der ehemalige SPD-Chef Matthias Platzeck, aktuell Vorstandsvorsitzender des „Deutsch-Russischen Forums“, hin. Russland sei zwar nicht glaubwürdig, sagte Platzeck pflichtschuldig. Aber eigentlich stamme die „Chemie-Waffen Ur-Lüge“ von den USA. Die seien mit dieser Begründung nämlich in den Irak-Krieg gezogen.

Syrischer Journalist durchbrach Plattitüden-Ping Pong

Der ehemalige SPD-Chef Matthias Platzeck (l.) kritisierte den Westen für sein Vorgehen in Syrien.
Der ehemalige SPD-Chef Matthias Platzeck (l.) kritisierte den Westen für sein Vorgehen in Syrien. © ZDF | ZDF/Harry Schnitger

Wo von der Leyen den Russen Blockade im Sicherheitsrat und bei der Aufklärung vorwarf, gab Platzeck zurück, dass der Westen sich selber nicht an seine Werte halte. Dieses Schwarze Peter-Spiel hätte vermutlich ewig so weiter gehen können, wenn nicht Aktham Suliman, der deutsch-syrische Reporter, irgendwann mit schrillen Thesen das Ping Pong der Plattitüden durchbrochen hätte.

Seiner Ansicht nach sei der „Westen“ für die Lage in Syrien verantwortlich. „Das syrische Volk will sich aber nicht von außen sagen lassen, wie seine Zukunft aussehen soll“, sagte er. Die USA und Europa hätten in der Region nur Schlechtes geleistet. „Sie sind die letzten, die wir bei Problemen anrufen“.

Die zweifelhafte Rolle Russlands? Nicht der Rede wert. Der Schlächter Assad? Auch kein unlösbares Problem. Sein Vorschlag: Syrien brauche demokratische Wahlen und dann werde alles gut. Selbst die bis dahin so besonnene Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock konnte bei diesen Ausführungen nicht mehr an sich halten. „In Syrien werden Städte ausgehungert, es kommt keine medizinische Hilfe ins Land und Krankenhäuser werden bombardiert“, warf sie Suliman vor.

Der Westen hat keine Syrien-Strategie

Doch die hitzige Diskussion konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es eigentlich keine Strategie für Syrien gibt. Zumindest die europäischen Länder haben nichts anzubieten. „Wir haben nur geschaut, welcher Tweet aus Amerika kommt“, sagte die Politikwissenschaftlerin Daniela Schwarzer.

Und so ist auch die Frage, wann es Frieden in Syrien geben kann, völlig offen.

Dafür, das glaubt zumindest, CNN-Reporter Frederik Pleitgen, müsse erst eine Entscheidung auf dem Schlachtfeld gefallen sein.

An Baschar al-Assad, dem von Russland gestützten Machthaber, werde der Westen da wohl nicht vorbeikommen. Seine Armee kontrolliert inzwischen wieder weite Teile des Landes.

Sehen Sie die komplette Sendung in der ZDF-Mediathek.