Quedlinburg. Der Prozess habe laut Richter Theo Buß vom Amtsgericht Quedlinburg keinen Beweis ergeben, dass die Angeklagte den tödlichen Schuss abgegeben habe.

Nach einer Gesellschaftsjagd im Harz wird ein 81 Jahre alter Jäger tot und mit einer Kugel im Kopf vor seinem Hochsitz gefunden. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Unfall aus und klagt eine 22-jährige Jägerin als Schützin wegen fahrlässiger Tötung an. Am Mittwoch hat das Amtsgericht Quedlinburg die junge Frau nun freigesprochen. „Im Ergebnis ist nicht bewiesen, dass die Angeklagte den tödlichen Schuss abgegeben hat“, sagte Richter Theo Buß am Mittwoch.

61 bewaffnete Jäger, bewaffnete Treiber und Schützen aus möglichen weiteren Revieren seien an dem Tag im Wald bei Ballenstedt an der Jagd beteiligt gewesen, sagte Buß. Die Anzahl der in Frage kommenden Schützen sei groß. Ein Sachverständiger, der am Mittwoch gehört worden war, hatte es für möglich erklärt, dass der Schuss vom Hochsitz der damals 20-Jährigen abgegeben wurde - einen anderen Hergang konnte er allerdings nicht ausschließen. Eine Verurteilung wäre nur in Frage gekommen, wenn andere Möglichkeiten hätten ausgeschlossen werden können, sagte Buß. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Staatsanwaltschaft ging von Verstoß gegen Unfallverhütungsvorschrift aus

Die Staatsanwaltschaft war davon ausgegangen, dass die junge Frau, die von Kindesbeinen an bei Jagden dabei war, auf einen Hirsch zielte und ihn verfehlte. Der Schuss habe unbeabsichtigt den rund 190 Meter entfernten 81-Jährigen in den Kopf getroffen. Die Jägerin habe eine Unfallverhütungsvorschrift nicht eingehalten, die vorschreibt, stets in Richtung Boden oder Hang zu zielen. Jäger müssen so schießen, dass die Munition beim Verfehlen des Ziels im Boden landet – Kugelfang heißt das in der Jägersprache. Jagdmunition ist besonders energiereich, um das Wild auch mit einem Schuss zuverlässig zu töten.

Der Grad der Fahrlässigkeit sei sehr, sehr gering, hatte Oberstaatsanwältin Eva Vogel in ihrem Plädoyer gesagt. Sie hatte eine Verwarnung und 100 Stunden gemeinnützige Arbeit beantragt. Die Verteidigung plädierte auf Freispruch.

22-jährige Jägerin: „Ich trage keine Schuld“

Die Angeklagte ist Studentin der Agrarwissenschaft und stammt aus einer landwirtschaftlichen Familie, die schon lange zur Jagd geht. Die 22-Jährige hatte den Prozess von Anfang an mit großer äußerlicher Gelassenheit verfolgt. In ihrer Befragung zum Prozessauftakt berichtete sie mit Selbstsicherheit vom Geschehen am 28. Oktober 2017. Sie habe auf den Hirsch geschossen – aber viel Zeit für den Schuss gehabt und entsprechend auch auf den Kugelfang geachtet. Eine Kugel wurde nicht gefunden. Eine Kugel wäre bei der Art der verwendeten Munition im Boden quasi nicht auffindbar, da sie sich beim Auftreffen auf ein Hindernis in viele kleine Stücke zerteilt.

Zum Ende des Prozesses am Mittwoch sagte die junge Jägerin, der Tod des Jägers tue ihr unendlich leid, sie trage aber keine Schuld daran.