Braunschweig. Die Veranstaltung der Jusos in Braunschweig ist vorüber. Im Ticker können Sie alle wichtigen Beiträge von Esken, Kühnert und Co. nachlesen.
Die Jusos sind mit ihrem Bundeskongress zum ersten Mal in Braunschweig zu Gast. Bundeskanzler Olaf Scholz kommt trotz Einladung nicht in die Stadthalle. Darüber sind die Jusos sauer. Denn der Kanzler stellt sich dem eigenen Parteinachwuchs nicht.
Dafür haben für Samstag Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, SPD-Chefin Saskia Esken und SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert ihr Kommen zugesagt. Esken macht am Vormittag den Anfang, am frühen Nachmittag kommt Heil, am Abend Kühnert.
Unter Kevin Kühnert galten die Jusos als Krawalltruppe. Doch zuletzt wurde es still um den SPD-Nachwuchs. Am Freitagabend wurde ein neuer Vorsitz gewählt. Für Kanzler Scholz könnte es unbequem werden. „Laut, kritisch, links“, sollen die Jusos sein, versprach der neue Juso-Chef Philipp Türmer.
Bundeskongress der Jusos in Braunschweig: Neu-Chef Türmer zum Ende hin nochmal kämpferisch
13:45 Uhr: Der Bundeskongress der Jusos in Braunschweig ist beendet. Zuvor richtete der neue Juso-Chef Philipp Türmer noch mal ein paar Worte an die 300 Delegierten aus ganz Deutschland. Er sprach von einem „anstrengenden BuKo“. Es sei die erste Kampfabstimmung um den Juso-Vorsitz seit mehr als 20 Jahren gewesen. Im Lager von Türmers Konkurrentin Sarah Mohamed aus NRW gab es am Freitagabend viele Tränen.
„Am Ende sind wir alle Jusos. Wir kämpfen alle für die gleiche Sache“, sagte Türmer. „Wir haben das Grunderbe beschlossen, wir haben ein Konzept für die Ost-Landtagswahlen beschlossen, die Europawahl-Kampagne, der Nahost-Antrag“, resümierte er. Die Anträge werden die Jusos beim SPD-Bundesparteitag im Dezember zur Diskussion stellen.
Das Awareness-Team habe einen „extrem schwierigen Job“ gehabt. „Vor allem die Männer unter uns sollten sich kritisch reflektieren und ihr Verhalten ändern. Wir sind FeministInnen, wir sind ein feministischer Verband“, sagte Türmer. Er sprach von „kritische Männlichkeit“. Weibliche Jusos hatten Hassnachrichten bekommen, wollten den Kongress verlassen .Der Juso-Chef dankte dem SPD-Nachwuchs aus unserer Region um Jana Kurz, der Juso-Chefin im SPD-Bezirk Braunschweig. „Ihr wart ganz großartige GastgeberInnen“, sagte Türmer. Ganz zum Schluss wurde er noch einmal kämpferisch, die Jusos werden die SPD „auf links drehen“,
Jusos fodern auf Bundeskongress in Braunschweig kostenlose Menstruationsartikel auf öffentlichen Klos
11:30 Uhr: Die Jusos beschließen den Antrag „Alles Krise? Feministische Antworten auf die Krisen unserer Zeit“. Die Jusos wollen, dass die Sorgearbeit nicht nur bei Müttern liegt. Sie fordern kostenlose Menstruationsartikel auf öffentlichen Klos. Redner Mana erkennt eine „krasse Zunahme von Anti-Queer, Rassismus und Anti-Feminismus“. Die AfD bezeichnet er als „Nazi-Scheißhaufen“. Viele Rednerinnen und Redner sehen das „Patriarchat als Ursache vieler Krisen“. Maximilian sagt: „Alte weiße Männer haben zu viel Macht.“ Auch er will das „Patriarchat zerschlagen“.
Eine weitere Rednerin sieht den Kapitalismus eng mit dem Patriarchat verknüpft. „Wir brauchen klare feministische Lösungen“, fordert sie. Gina fordert ein Ende des Ehegattensplittings. Das ist auch Teil des Antrags. Gina bezeichnet das Ehegattensplitting als „sexistisches Modell“. Es fördere die finanzielle Abhängigkeit von Frauen gegenüber ihren Partnern.
Awareness-Team spricht bei Juso-Bundeskongress und berichtet von Hassnachrichten
10:50 Uhr: Teile der Jusos haben sich offenbar auch untereinander gezofft. Vom Rednerpult aus wurde immer wieder emotional und kontrovers diskutiert. Es gab um den Juso-Vorsitz auch zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder eine Kampfabstimmung, in der sich Philipp Türmer (27) aus Hessen gegen Sarah Mohamed (31) aus NRW durchsetzte. Was das dreiköpfige Awareness-Team auf der Bühne aber anprangert, geht viel tiefer.

Das Awareness-Team berichtet von Hassnachrichten. Einige, vor allem weibliche Mitglieder, wollten schon abreisen. Einige Männer waren offenbar aggressiv. Einige Frauen vertraten immer wieder offensiv feministische Politik. War das der Grund? Das wird nicht klar.
Eine Frau aus dem Awareness-Team berichtet von „männlich dominiertem Verhalten auf der Tanzfläche“ Samstagnacht in der Disco Stereowerk, in der die 300 Delegierten feierten. Sie kritisierte: „Männliches Verhalten auf der Tanzfläche nimmt viel Raum ein.“ Das Tanzverhalten von einzelnen Jusos sei auch kommentiert und belächelt worden. „Sind wir hier im Kindergarten?“
Es gibt offenbar auch Unstimmigkeiten unter den Landesverbänden. Ein Juso sagt auf dem Flur: „Baden-Württemberg hat echt so einen an der Klatsche.“
Letzter Tag beim Bundeskongress der Jusos in der Braunschweiger Stadthalle hat begonnen
10:25 Uhr: Die Jusos reden jetzt über ein „sozialistisches Steuersystem“. Der Antrag trägt den Namen „Ich will nich’ dein Haus Opi, aber deine Villa würd’ ich nehmen!“ Es geht unter anderem um die Erbschaftssteuer, die den Jusos nicht weit genug geht. Reiche treiben den Klimawandel an, kritisiert ein Juso-Mitglied am Rednerpult. Vermögen sorgen für Macht und Einfluss.
„Alles ist kapitalistisch, alles ist patriarchal“, sagt ein weibliches Juso-Mitglied namens Sarah. Sie wünscht sich eine Umverteilung von Mann zu Frau, von West nach Ost. Und sie fordert, dass das Ehegattensplitting komplett gekippt wird. Die Gewerbesteuer soll durch eine Körperschaftssteuer ersetzt werden, um den „bundesweiten Unterbietungswettbewerb der Kommunen“ zu stoppen. Ähnlich steht es so auch im Antrag, den die Jusos beschließen wollen.
Ein weiterer Redner kritisiert, dass viele Vermögen schon vor vielen Jahrzehnten angehäuft worden seien und immer weiter vererbt würden. „Viele Vermögen der reichsten Deutschen sind vor 100 Jahren und mehr entstanden“, ruft er. Die untere Hälfte der Bevölkerung hingegen besitze so gut wie gar nichts.
9:45 Uhr: Die Jusos legten einen am Samstag einen Marathon-Tag in der Stadthalle hin. Start um 9 Uhr, zwölf Stunden später erst sprach SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert. Es gab noch eine Aussprache mit Kühnert, um 22 Uhr war Schluss. Danach feierten die Jusos in der Disco Stereowerk. Es ging bis 4 Uhr nachts, wie zu hören war. Und doch sind die Reihen in der Stadthalle am Sonntagmorgen schon wieder voll.
Bundeskongress der Jusos in Braunschweig: Diskussion über Europa- und Landtagswahlkämpfe
Die Jusos diskutieren gerade über den richtigen Weg für die Europawahl und in den Landtagswahlkämpfen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Vor allem die drei Ostwahlen bereiten den Jusos Kopfzerbrechen. In den Umfragen liegt die AfD bei 30 Prozent und mehr. Es ist immer wieder die Rede vom „antifaschistischen Kampf der Juso-Ostverbände“. Es heißt: „Wir werden da sein, wir werden euch helfen. Wir werden alle da sein. Versprochen“, sagt ein weibliches Juso-Mitglied aus dem Westen. „Unsere Demokratie wird angegriffen“, sagt ein weibliches Juso-Mitglied aus vom Landesverband Schleswig-Holstein am Rednerpult. Auch sie sagt zu den Ost-Jusos: „Wir stehen an eurer Seite.“
Das kommt aber auch mal etwas weniger inhaltsschwer daher. Ein weiteres weibliches Juso-Mitglied sagt zum dann bevorstehenden Straßenwahlkampf in den drei Ost-Bundesländern: „Kling-Klang, du und ich die Straße entlang. Ich habe Bock, Frieden.“
8:30 Uhr: Der neue Bundesvorsitzende ist mit Philipp Türmer bereits seit Freitagabend gewählt. Saskia Esken war da und hatte bei den Jusos auf deren Bundeskongress in der Stadthalle in Braunschweig keinen leichten Stand, sondern wurde ordentlich in die Mangel genommen. Hubertus Heil glättete anschließend bei seinem „Heimspiel“ die Wogen und am Samstagabend dann teilte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert Teile der Kritik, die die Jusos zuvor in Braunschweig geäußert hatten. Kurzum: Viel los auf dem Bundeskongress – und die „Großen“ waren da. Am Sonntag nun folgt der finale Tag des Juso-Kongresses und wir sind mit unserem Live-Ticker wieder vor Ort in der Stadthalle.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert am Samstag beim Juso-Bundeskongress auf der Bühne
21:00 Uhr:SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sieht Kritik der Jusos an der Rolle der SPD in der Ampel-Koalition als teils gerechtfertigt. „Ihr habt auch an einigen Stellen recht“, sagte Kühnert am Samstag auf dem Bundeskongress der SPD-Jugend. „Dass wir zu zufrieden geworden sind in dieser Koalition und uns zu oft verstecken hinter Argumenten.“ Die Sozialdemokratie brauche ein bisschen mehr „Hummeln im Hintern“. „Ich hoffe, dass ihr dazu beitragen könnt und bitte euch darum, diesen Impuls mitzutragen“, sagte Kühnert zu den Jusos.
Zuvor hatte der SPD-Nachwuchs insbesondere Bundeskanzler Olaf Scholz scharf kritisiert. Die Menschen, denen die SPD im Wahlkampf mehr Respekt versprochen habe, wendeten sich von der Partei ab, sagte Juso-Chef Philipp Türmer. Es entsetze ihn, „wie wenig sich dieser Kanzler für diejenigen ins Zeug legt, die seinen Respekt so sehr verdient hätten“.
Juso-Bundeskongress in Braunschweig: Nach zehn Stunden ist noch immer nicht Schluss
19:00 Uhr: Bei den Jusos geht es nach zehn Stunden Bundeskongress in der Stadthalle immer noch weiter. Jetzt stellen sich die Kandidaten für den stellvertretenden Bundesvorsitz vor. Unter den Kandidaten ist auch Sarah Mohamed, die Philipp Türmer im Kampf um die Juso-Spitze am Freitagabend unterlegen war.
Auffällig: Die Mehrheit der Kandidaten hat einen Migrationshintergrund. Bei der Jungen Union, die vor vier Wochen ihren „Deutschlandtag“ in der VW-Halle beging, hatte so gut wie keiner der Delegierten einen Migrationshintergrund.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert ist zwar schon in der Halle, er soll aber erst nach 20 Uhr sprechen. Dann gibt es noch die Aussprache mit den Jusos. Zwischendurch werden zur Überbrückung Fußball-Ergebnisse vorgelesen. Schließlich wollen die 300 Delegierten aus ganz Deutschland heute Abend in der Disco Stereowerk feiern. Am Sonntagmorgen geht es dann um 9 Uhr in der Stadthalle weiter.
Lang anhaltender Applaus: Hubertus Heil wird in Braunschweig von den Jusos gefeiert
16:00 Uhr: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat ein Heimspiel in der Stadthalle in Braunschweig. Heil hat bis vor einem halben Jahr noch den SPD-Bezirk Braunschweig geführt. Vor allem aber kommt er gut an bei den Jusos. An ihm arbeiten sie sich nicht ab wie vorher an SPD-Chefin Saskia Esken.
Heil bekommt sogar langen Applaus, die Jusos stehen von ihren Stühlen auf. Viele machen nach seiner Rede und nach der Aussprache noch Selfies mit ihm. Selbst eine ZDF-Journalistin will ein Selfie mit ihm.

Heimspiel für Hubertus Heil in Braunschweig: Das sagt er in seiner Rede beim Juso-Bundeskongress
„Mein Name ist Hubertus Heil und ich will mit euch über Arbeit sprechen“, sagt er zu Beginn seiner Rede. Er bekommt viel Beifall, als er sagt: „Öffentliche Aufträge des Bundes gehen bald nur noch an tarifgebundene Unternehmen.“ Dafür will er bald ein neues Gesetz in den Bundestag einbringen. Das Tariftreuestärkungsgesetz.
Er kündigt an, dass es im Paketdienst bald bessere Bedingungen für die Arbeitnehmer geben soll. Ähnliches hatte Heil während der Corona-Pandemie bereits in der Fleischindustrie geschaffen. Es ging um Werkverträge und Leiharbeit.
Heil schießt gegen die Union, die das von ihm eingeführte Bürgergeld madig macht. Heil sagt: „20 Prozent derjenigen, die in Bürgergeld sind, sind Menschen, die in Arbeit sind, aber zu wenig verdienen. Sind die faul? Oder ist die CDU falsch gewickelt?“ Das ist Balsam für die Juso-Seele.
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Er kommt anders an als Saskia Esken: Ovationen für Hubertus Heil beim Juso-Kongress in Braunschweig
Heil schreibt den Jusos aber auch ins Stammbuch: „Kompromiss ist kein Schimpfwort.“ Die Jusos hatten zuvor den zu starken Stellenwert der FDP in der Ampel-Koalition kritisiert.
Keiner der Jusos kritisiert Heil namentlich. Er bekommt hier und da in der Aussprache sogar Dank von einzelnen Jusos. Heil selbst sagt aber: „Ich bin nicht hier, nur um netten Applaus zu bekommen.“ Und, angesichts der vielen Anträge, die die Jusos beim Bundeskongress verabschieden: „Die schärfste Waffe der Sozialdemokratie ist der Eingriff in die Realität und nicht die Weltresolution.“
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Auch den Streit um die schärfere Flüchtlingspolitik hat Heil natürlich mitbekommen. Er erinnert sich daran, dass er als Juso Anfang der 90er Jahre die Verschärfung des Asylrechts erdulden musste. „Das hat mir damals das Herz zerrissen“, sagt Heil. Und: „Wenn man etwas falsch findet, dann kämpft man in der SPD für Veränderungen und tritt nicht aus.“
Hubertus Heil hat es inzwischen auf die Bühne in der Braunschweiger Stadthalle geschaft. In unserem Video fällt auf: Ganz anders als SPD-Chefin Saskia Esken bekommt der Arbeitsminister stehende Ovationen.
Juso-Bundeskongress in Braunschweig: Gegenwind für SPD-Chefin Saskia Esken
11.30 Uhr: Es passiert genau das, was der neue Juso-Chef Philipp Türmer angekündigt hat: Die Jusos werden unter seiner Führung kritischer, lauter, linker. Als erste bekam das SPD-Chefin Saskia Esken zu spüren, die sich den Jusos am Samstagvormittag in der Stadthalle in Braunschweig beim Bundeskongress stellte.
Esken wurde vor vier Jahren SPD-Vorsitzende. Sie führt die Partei nun gemeinsam mit Lars Klingbeil. Türmer sagte: „Damals habe ich so etwas wie Aufbruch in dieser Partei gespürt.“ Er ergänzte: „Liebe Saskia, ich sehe diesen Aufbruch jetzt nicht. Ich sehe nicht, wo dieser sein soll.“ Auch an Kanzler Olaf Scholz übte Türmer noch einmal Kritik: „Wir haben ja eigentlich noch einen sozialdemokratischen Kanzler. Er ist nicht wegen seines gigantischen Charismas gewählt worden, sondern als Gesicht eines sozialdemokratischen Aufbruchs.“

Eine Mindestlohnerhöhung von nur 41 Cent sei „lachhaft“, so Türmer. „Es ist eine Schande, dass wir das haben durchgehen lassen.“ Die SPD sei nur ein ganz kleiner Stachel im Fleisch des Bundeskanzlers. „Das muss mehr werden. Ich erwarte von euch, von dir und Lars, dass ihr Motor seid.“
Jusos lassen in der Aussprache mit SPD-Chefin Saskia Esken ordentlich Dampf ab
Auch andere Jusos nutzten die Aussprache mit Esken, um Dampf abzulassen. Die SPD sei vielerorts nur noch zweistellig, sagte eine junge Frau aus NRW. „Wenn es jemals so etwas wie eine Schonfrist gab, nun ist sie vorbei.“ Vor allem an der von Kanzler Scholz vorgegebenen strengen Asylpolitk reiben sich die Jusos. Und daran, dass sich in der Sozialpolitik zu wenig ändere. Die Jusos fordern deutlich mehr Umverteilung – gerade angesichts der Krise.
Esken, die beim Bundesparteitag im Dezember zusammen mit Klingbeil wiedergewählt werden will, verteidigte sich. Tatsächlich sei nicht die Migration das Problem, sondern die Ungleichheit im Land. Und: „Wir haben nicht nur lauwarme Kompromisse gemacht.“ Auf der Habenseite nannte Esken: „Wir haben das Bürgergeld gegen Widerstände eingeführt. Wir haben das Wohngeld deutlich erhöht, wir bringen die Kindergrundsicherung auf den Weg.“ Und das angesichts der vielen Krisen.
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Mit Blick auf die Flüchtlingsdebatte machte sie aber auch klar: „Individuelles Asylrecht ist individuell, deswegen heißt es ja so. Es kann nicht für jeden gelten.“ Deshalb müsse es auch Abschiebungen geben. Dazu hatte Kanzler Scholz dem „Spiegel“ zuletzt gesagt, man müsse „im großen Stil abschieben“. Die Titelseite des Spiegel druckten die Jusos auf Plakate, strichen das Wort abschieben durch. Die Plakate hielten sie hoch, als Esken verabschiedet wurde. Dazu hallten laute „Refugees are welcome here“-Rufe durch die Stadthalle. Zuvor gab es auch nur braven Applaus für die SPD-Chefin.
11.23 Uhr: Die Parteivorsitzende Saskia Esken ist heute Gast auf dem Juso-Parteitag in Braunschweig und spricht dort. Die Jusos sind sauer und halten Saskia Esken einen geänderten Spiegel-Titel entgegen. Das Wort „abschieben“ ist durchgestrichen
9:45 Uhr: Die Braunschweigerin Manon Luther ist die neue Spitzenkandidatin der Jusos für die Europawahl im Juni. Luther ist seit vier Jahren stellvertretende Bundesvorsitzende der Jusos. In ihrer Bewerbungsrede in der Stadthalle Braunschweig rief Luther den 300 Delegierten zu: „Es muss ein verdammter Ruck durch das Land gehen. Wir brauchen keine Schönwetter-Demokraten, die mit der AfD sympathisieren.“

Ihre Kritik richtete sie an CDU und CSU, die ihrer Meinung nach in der Kommunalpolitik hier und da zu eng mit der AfD kooperieren. Luther wurde mit großer Mehrheit gewählt. Das Lager der Desinteressierten werde immer größer. „Ich verstehe nicht, warum diese Menschen nicht wählen gehen, um Nazis zu verhindern“, sagte Luther. „Wir müssen diesen Menschen wieder den Glauben an die Sozialdemokratie zurückgeben.“
Luther sprach von „Geldadel“ und kritisierte, dass die reichsten 20 Prozent in Europa mehr besitzen als der gesamte Rest. Das müsse unbedingt geändert werden, etwa durch eine Vermögenssteuer und eine Erbschaftssteuer, die ihren Namen verdient. Sie sagte: „Wir akzeptieren keinen Stillstand in der SPD.“

Die von Kanzler Scholz und den Ministerpräsidenten jüngst verschärfte Asylpolitik bereite ihr „schlaflose Nächte“, sagte sie. Luther und Delara Burkhardt, die bereits im Europaparlament sitzt, sollen die Gesichter der Jusos für die Europawahl werden.
Wahl zum neuen Bundesvorsitzenden der Jusos: Philipp Türmer setzt sich gegen Sarah Mohamed durch
19:35: Philipp Türmer aus Hessen ist der neue Bundesvorsitzende der Jusos. Er setzte sich am Freitagabend in Braunschweig in einer Kampfabstimmung gegen Sarah Mohamed aus Nordrhein-Westfalen durch.
Türmer überzeugte die Mehrheit der 300 Delegierten in der Stadthalle. Er erhielt 162 Stimmen. Der 27-Jährige steht für einen deutlich lauteren und kämpferischeren Kurs als seine Vorgängerin Jessica Rosenthal.
Türmer will den Jusos zu alter Strahlkraft verhelfen - wie unter Kevin Kühnert. Der neue Juso-Chef erhielt nach seiner Bewerbungsrede bereits minutenlangen, trommelnden Applaus.

Türmer hat Wirtschaft studiert, auf Jura umgesattelt und promoviert zurzeit im Strafrecht. Folglich gehören zu seinen Themen Finanzen, Wirtschaft und Industrie. Seine Konkurrentin Mohamed steht mehr für Klimapolitik, antirassistische Themen und Feminismus.

Nach Wahl in Braunschweig zum neuen Bundesvorsitzenden: Türmer will SPD-Nachwuchs eigenständiger machen
Türmer will den SPD-Nachwuchs wieder eigenständiger machen. Er versprach, keinem Konflikt mit der Partei aus dem Weg zu gehen. Der neue Juso-Chef wandte sich an Kanzler Olaf Scholz und sagte: „Lieber Olaf, falls dich in deiner Burg noch irgendetwas erreicht. Falls du dich daran erinnerst, wofür du angetreten bist: Ändere deinen Kurs!“ Er fuhr fort: „Olaf, mach den Kampf gegen Armut endlich zur Chefsache.“
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Das Gerede über Abschiebungen von Flüchtlingen sei eine reine Symboldebatte. „Es hilft den Kommunen nicht“, so Türmer. Türmer sprach auch über den Unmut der Jusos mit dem Ampel-Koalitionspartner FDP. Er sagte: „Welche Partei stellt eigentlich den Kanzler? Warum lasst ihr euch von dieser Kleinstpartei so treiben?“
Schließlich sprach sich Türmer deutlich gegen die Schuldenbremse aus. „Kippt endlich diese gottlose Schuldenbremse“, rief er.
17:50: Auch Philipp Türmer (27) aus Offenbach in Hessen legte eine kämpferische Rede um den Juso-Bundesvorsitz hin. Mit Blick auf die 20 Prozent der AfD in Umfragen sagte er: „Es kommt etwas ins Rutschen. In diesem Land kippt die Stimmung immer mehr.“
Er warnte davor, dass die AfD bei den drei Landtagswahlen in Ostdeutschland im kommenden Jahr noch stärker werde. „Euer Kampf ist unser Kampf. Wir geben euch nicht auf. Wir stehen in der Verantwortung für all diejenigen, die auf der Abschussliste dieser Faschistinnen stehen. Denen schulden wir es, dass wir diesen Kampf gewinnen“, sagte Türmer.
Nie habe es so viele weitere Verlierer gegeben wie in den letzten drei Jahren. Das sei ein bitteres Armutszeugnis für die SPD.
In Braunschweig zum Juso-Chef gewählt: Türmer richtet sich an Bundeskanzler Olaf Scholz
Türmer richtete sich direkt an Bundeskanzler Olaf Scholz und sagte: „Lieber Olaf, falls dich in deiner Burg noch irgendetwas erreicht. Falls du dich daran erinnerst, wofür du angetreten bist: Ändere deinen Kurs!“
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Er fuhr fort: „Olaf, mach den Kampf gegen Armut endlich zur Chefsache. Sonst brauchst du im kommenden Jahr, wenn es darum geht, Plakate zu kleben, gar nicht erst zu uns zu kommen und um Hilfe zu bitten.“ Türmer ergänzte: „Euer Versagen in der Arbeits- und Sozialpolitik ist fatal. Es treibt die AfD von Wahlerfolg zu Wahlerfolg.“
Das Gerede über Abschiebungen von Flüchtlingen sei eine reine Symboldebatte. „Es hilft den Kommunen nicht“, so Türmer. Er adressierte die SPD-Spitze und rief: „Die Rechten werden euch niemals wählen. Traut euch wieder, sozialdemokratische Politik zu machen und hört auf, die Werte der Sozialdemokratie zu verraten.“
Philipp Türmer spricht in Braunschweig über Unmut der Jusos mit dem Ampel-Koalitionspartner FDP.
Türmer sprach auch über den Unmut der Jusos mit dem Ampel-Koalitionspartner FDP. Er sagte: „Welche Partei stellt eigentlich den Kanzler? Warum lasst ihr euch von dieser Kleinstpartei so treiben?“
Schließlich sprach sich Türmer deutlich gegen die Schuldenbremse aus. „Kippt endlich diese gottlose Schuldenbremse“, rief er. „Wir sind das einzige Land, das sich aus der Krise heraussparen will.“ Und, über Finanzminister Christian Lindner (FDP): „Es gibt keine grüne Null, bis endlich diese gelbe Null aus dem Finanzministerium verschwindet.“
Trommelnder, minutenlanger Applaus der 300 Juso-Delegierten. Türmer scheint der Favorit auf den Juso-Vorsitz zu sein.
17:30: Juso-Chefin Jessica Rosenthal gibt ihr Amt ab. Nun kämpfen zwei Kandidaten um den Vorsitz der SPD-Jugend: Sarah Mohamed (31) aus Oberhausen in NRW und Philipp Türmer (27) aus Offenbach in Hessen. Mohamed hielt die erste Bewerbungsrede um den Juso-Vorsitz. Kämpferisch sprach sie zu den 300 Delegierten in der Stadthalle in Braunschweig.

In der Debatte um Flüchtlinge warf sie CDU und CSU einen Rechtsruck vor. „Ich bin im Ruhrgebiet aufgewachsen. Hier sieht man einen misslungenen Strukturwandel. Den Städten und Gemeinden hilft aber keine rassistische Hetze.“
Doch Mohamed ging auch mit der eigenen Parteispitze hart ins Gericht. „Auch die SPD tritt jetzt nach unten“, sagte sie. „Das ist der Sozialdemokratie unwürdig.“ Eine Sozialdemokratie kämpfe dafür, dass es allen Menschen bessergeht.
Mohamed steht für feministische Politik. Sie sagte: „Ich lasse mir von Mackern nicht mehr vorschreiben, wie ich zu sein habe. Ich lasse mir von Mackern nicht mehr den Raum nehmen. Wir werden feministisch die Welt befreien.“

Mohamed, die als Kind bei ihrer alleinerziehenden Mutter aufwuchs, sagte: „Ich kandidiere als erste Person of Colour in der Geschichte der Jusos für den Bundesvorsitz.“ Sie forderte: „Wir geben nicht auf, bis wir das Patriarchat brennen sehen.“
Mit ihr würden sich die Jusos wieder deutlich von der SPD abgrenzen, wieder lauter und deutlich kritischer, auch linker werden. Sie sagte: „Wir müssen als Jusos die SPD auf links drehen.“
Juso-Bundeskongress in Braunschweig: Scheidende Juso-Chefin Rosenthal mit Videobotschaft
16:30 Uhr: Die noch amtierende und hochschwangere Juso-Chefin Jessica Rosenthal wird per Videobotschaft eingeblendet. „Wir haben endlich durchgesetzt, dass die SPD um die 4-Tage-Woche streitet“, ruft sie den mehr als 300 Delegierten in der Stadthalle in Braunschweig zu. „Das ist nicht naiv oder utopisch.“ Es gehe darum, gesund zu altern.
Rosenthal sagt: „Die Cannabis-Legalisierung würde ohne uns nicht kommen.“ Auch das 9-Euro-Ticket würde es ohne die Jusos nicht geben, ist sich Rosenthal sicher. „Das 49-Euro-Ticket ist zu teuer“, ruft sie.
Rosenthal griff Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und sein Festhalten an der Schuldenbremse scharf an. „Nichts ist wohlstandsgefährdender als eine falsche Ideologie der Schuldenbremse“, sagte sie.
Was Deutschland brauche, seien Investitionen. Die Jusos sollten beim Bundesparteitag im Dezember kämpfen, damit dies ins Programm der SPD aufgenommen werde.
Rosenthal ist seit 2021 Chefin der Jusos, wollte in Braunschweig aber nicht erneut für den Vorsitz kandidieren, weil sie ein Kind bekommt. Seit 2021 sitzt sie auch im Bundestag. Den Jusos sei es in ihrer Amtszeit gelungen, für Visionen zu streiten, für Gerechtigkeitsfragen einzustehen und echte Veränderungen zu erwirken, sagte die 31-Jährige.
Jusos sind sauer: Kanzler Scholz kann sich beim Bundeskongress in Braunschweig auf Kritik gefasst machen
Die Kandidaten für den Juso-Vorsitz sind Sarah Mohamed, 31, aus Nordrhein-Westfalen und Philipp Türmer, 27, aus Hessen. Sie scheuen keine Kritik am Kanzler und kündigten einen scharfen Kurs gegen Scholz an. Die Jusos müssten die SPD und den Kanzler vorantreiben, sagte Mohamed kürzlich. Türmer betonte: „Ich halte es für dringend notwendig, dass wir Jusos den Kanzler und seine Linie ab sofort deutlich kritischer begleiten.“
Vor allem der von Scholz angekündigte härtere Kurs in der Migrationspolitik kommt bei den Jusos nicht gut an. Manon Luther aus Braunschweig, die stellvertretende Juso-Bundesvorsitzende, sagte im Interview mit unserer Zeitung: „Olaf Scholz geht Kritik nicht aus dem Weg. Aber selbstverständlich werden wir unsere Kritik an den Kanzler und an die gesamte Bundesregierung adressieren. Wir werden der Regierung Beine machen“, sagte sie.
„Eine groß angelegte Debatte über Abschiebungen ist ein klarer Bruch mit dem Kernversprechen der SPD: Wir spielen die Schwächsten in der Gesellschaft nicht gegeneinander aus“, sagte Luther. Sie ergänzte: „Wir reden über Menschen, die auf der Flucht vor Kriegen, vor Hunger und Armut sind. Wir Jusos vertreten die Menschenrechte mit aller Kraft. Wir wollen nicht, dass das Grundrecht auf Asyl eingeschränkt wird, weil wir nicht in der Lage sind, das vor Ort zu finanzieren und auf die Beine zu stellen.“
Mehr als 300 Delegierte kommen zum Juso-Bundeskongress nach Braunschweig
Die Jusos erwarten in der Stadthalle in Braunschweig 300 Delegierte und 200 weitere Teilnehmer aus ganz Deutschland. Am Samstagabend will der SPD-Nachwuchs in der Braunschweiger Disco Stereowerk feiern. Vor den Jusos war vor vier Wochen schon die Junge Union in Braunschweig. Reiner Zufall, betonen die Jusos. Man habe sich nicht mit dem Nachwuchs von CDU und CSU vorher abgestimmt.
Die Sicherheitsanforderungen sind laut der Polizei weniger hoch als vor vier Wochen. Mitte Oktober kam neben CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder unter anderem auch der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, in die VW-Halle.
Thomas Bodendiek, Leiter der Polizeiinspektion Braunschweig, sagte auf Anfrage: „Die Braunschweiger Polizei wird auch an diesem kommenden Wochenende alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um die Sicherheit des Juso-Bundeskongresses und aller Teilnehmenden zu gewährleisten.“ Demonstrationen im Zusammenhang mit dem Juso-Kongress und der erwarteten SPD-Spitze sind der Polizei nicht bekannt. Es soll auch keine Straßensperrungen geben.
Der Jugendverband der SPD mit seinen rund 70.000 Mitgliedern stellt mit 49 Abgeordnete auch fast ein Viertel der Bundestagsfraktion. Die Jusos geben sich selbstbewusst. In Braunschweig wird ein Nachfolger für die scheidende Juso-Chefin Jessica Rosenthal gewählt.
red/dpa