Wolfsburg. Die Wolfsburger Polizeiführung stellte die Kriminalstatistik für das Jahr 2021 vor. So wenig Autodiebstähle und Einbrüche wie noch nie.

Einmal jährlich im Frühjahr zählt es: Dann stellt die Polizeiinspektion (PI) Wolfsburg die Kriminalitätsstatistik fürs abgelaufene Jahr vor und liefert ihren Arbeitsnachweis ab. Montag berichteten Polizeichefin Petra Krischker und die Leiterin des Zentralen Kriminaldienstes, Heike Heil, zum Einsatzgeschehen 2021 im Stadtgebiet. Für Krischker war es die erste Pressekonferenz, seit sie zum 1. Oktober die PI-Leitung übernommen hat. Vergangenes Jahr erstattete Heike Heil als Interimschefin Bericht.

Damals konnte sie für das Jahr 2020 einen Rückgang der Straftaten in vielen Kernbereichen verkünden: Einbrüche und Autodiebstähle waren kräftig rückläufig. Die Anzahl der Straftaten ging auf 8586 zurück (minus 3,5 Prozent im Vergleich zu 2019). Und so lief es 2021: Erneut wurde im Stadtgebiet ein leichter Rückgang der

Frauenpower an der Polizeispitze: Inspektionsleiterin Petra Krischker (links) und Kripochefin Heike Heil.
Frauenpower an der Polizeispitze: Inspektionsleiterin Petra Krischker (links) und Kripochefin Heike Heil. © regios24 | LARS LANDMANN

registrierten Straftaten um 8,7 Prozentpunkte auf 7839 Taten registriert. „Mit 60,54 Prozent erreicht die Aufklärungsquote den höchsten Wert im Vergleich der vergangenen fünf Jahre“, erklärt Krischker. „Man kann eindeutig sagen, dass objektiv die Sicherheit im Bereich des Kriminalitätsgeschehens in der Stadt Wolfsburg erneut erfreulicherweise gestiegen ist.“

Tatverdächtige

3387 Tatverdächtige wurden ermittelt. Davon besaß ein Drittel nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Jugendkriminalität, so schreibt das Justizministerium, stelle einen Gradmesser für die Lage von Kindern und Jugendlichen in der Gesellschaft dar. 15 Prozent der Tatverdächtigen waren Kinder, Jugendliche und Heranwachsende (unter
21 Jahren). 887 Tatverdächtige gab es in 2019, 753 in 2020 und 555 in 2021. Gleichzeitig stieg indes die Anzahl der Taten von 439 in 2019, 493 in 2020 auf 628 in 2021. Im vergangenen Jahr ermittelte die Polizei junge Serientäter bei Einbrüchen und Moped-Diebstählen, aber auch bei Ladendiebstählen, so Heil. „Darunter ist eine geringe Zahl von Intensivtätern.“ Krischker lobte die Zusammenarbeit mit der Stadt, um junge Straftäter aufzufangen, so im Projekt Street Life.

Tötungsdelikte

Straftaten gegen das Leben prägen das Sicherheitsgefühl der Bürger. 2021 gab es acht Fälle (vier in 2020), doch kein vollendetes Tötungsdelikt. Im April schlug ein 19-Jähriger im Streit seine 29-jährige Freundin mit einem Metallblock hinterrücks beinahe tot. Der Angeklagte wurde im November zu 5 Jahren und 6 Monaten Jugendstrafe verurteilt. Im Mai kam es in einem Betrieb im Heinenkamp zu einem Angriff eines offenbar psychisch auffälligen 26-Jährigen auf seinen Arbeitskollegen. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage erhoben. Im November wurde ein Mann leblos an der Braunschweiger Straße entdeckt. Die Todesursache ist weiterhin unklar, eine Straftat scheint aber wenig wahrscheinlich. Die Polizei ermittelte auch wegen möglichen Behandlungsfehlern im Klinikum oder Vernachlässigung eines Pflegebedürftigen.

Einbrüche

Im Rückblick aufs Jahr 1992 sprach Queen Elisabeth damals von einem „annus horribilis“, einem schrecklichen Jahr. Was die Einbruchskriminalität angeht, hatte die Polizei in den Jahren 2015, 2016 und 2017 gleich drei schreckliche Jahre am Stück mit 875 Einbrüchen und Einbruchsversuchen. Die Bürger waren auf der Zinne, wenngleich das hohe Einbruchsaufkommen keine Wolfsburger Besonderheit, sondern bundesweites Phänomen war.

Die Bekämpfung dieses Kriminalitätsphänomens ist bis heute Schwerpunkt der polizeilichen Arbeit in Wolfsburg geblieben, sagt Heil. 2016 wurde die Ermittlungsgruppe „Haus“ eingerichtet, in der zentral die Fälle bearbeitet werden.

2020 ging die Anzahl der Taten – Corona sei Dank – stark zurück. Der Trend setzte sich auch in 2021 fort. 57 Taten markiert das historische Allzeit-Tief. Doch es werden womöglich wieder andere Zeiten anbrechen, befürchtet Heil: „Wolfsburg liegt geografisch günstig an Autobahnen. Die Zahlen werden wieder ansteigen mit dem Ende vom Home-Office, vielleicht nicht gleich, aber in ein bis zwei Jahren.“ Die Polizei bleibe weiter an dem Thema dran, verspricht Heil, mit einem Mix aus „Prävention, Analyse, Kontrolltagen und operativen Maßnahmen“. Krischker lobte die Bürger: „Was Sicherheit angeht, hat sich das Verständnis der Hauseigentümer gewandelt. Das merken wir an unseren kostenlosen Beratungsangeboten, die verstärkt nachgefragt werden.“

Diebstähle von/an Autos

Nur 55 Autodiebstähle in 2021 – das ist vielleicht ebenfalls ein Rekord für die Ewigkeit. Die Polizei warnt davor, dass es Schlüssellos-Systeme (Keyless Go) den Dieben einfach machen. Tipp: Den Schlüssel daheim stets sicher verwahren, vielleicht in einer Schatulle oder Schublade. Eine Serie, die die Ermittler beschäftigt: Katalysatoren-Diebstähle. „Die Täter suchen sich oft ältere Autos aus, weil die Katalysatoren einfacher zu entfernen sind, dafür einen höheren Anteil an Edelmetallen haben“, sagt Heil. Das Kleber-Phantom bereitet den Ermittlern 2017 Kopfzerbrechen und es hört nicht auf: Fast 900 Fahrzeuge sind mittlerweile betroffen, alleine 95 im vergangenen Jahr. „Wir nutzen alle Ermittlungsmöglichkeiten aus, die uns das Gesetz bietet“, verrät Krischker.

Straftaten zum Nachteil von Älteren

Falsche Enkel, Polizisten, Handwerker, Stadtwerke-Mitarbeiter, Gewinnversprechen – die Trickkiste von Kriminellen, die an das Vermögen von älteren Mitbürgern ran wollen, ist reichlich gefüllt. Fast wöchentlich berichten wir in unserer Zeitung von neuen Maschen. Die Anzahl der Taten steigt weiterhin an, berichtet Heil, gleichwohl bleibe es erfreulicherweise oft nur beim Versuch, weil die Senioren zunehmend misstrauischer seien. 164 Versuche wurden 2021 gezählt. Lediglich sieben waren erfolgreich (angenommen wird, dass nicht alle Fälle bekannt werden aus Scham der Betroffenen). Dabei wurde ein Gesamtschaden von mehr als 300.000 Euro angerichtet. „Wir bilden eine neue Ermittlungsgruppe, um die Taten zentral zu bearbeiten“, so Heil. Davon erhofft sie sich schnellere Reaktion auf Alarmierungen. „Wir wollen nicht nur an Helfer, sondern auch an Hinterleute ran. Einfach wird es nicht, das sind oft professionelle Täter, die im Ausland sitzen.“

Kinderpornografie

Immer öfter hat die Polizei mit Kinderpornografie zu tun. 101 Fälle wurden 2021 gezählt. Im Jahr davor waren es 61. Heil berichtete, dass Wolfsburg neben Salzgitter hauptverantwortlich dafür ist, dass in diesem

Kinderpornografie Straftaten in Wolfsburg 2sp
Kinderpornografie Straftaten in Wolfsburg 2sp © Jürgen Runo | Jürgen Runo

Deliktbereich auch die Zahlen auf Ebene der übergeordneten Polizeidirektion Braunschweig mächtig angezogen haben (von 374 Fälle in 2020 auf 544 Fälle in 2021). „Dieser erhebliche Anstieg bereitet uns Sorgen“, bekennt Heil.

Die Polizei steht vor der Hürde, dass auf sichergestellten Datenträgern Terabytes an Daten überprüft werden müssen. „Wir stecken da sehr viel Kraft hinein, um hinterherzukommen“, so Heil. Dabei unterstützt künstliche Software-Intelligenz die Ermittler bei der Sichtung der Daten. „Wir achten darauf, dass es für die Auswertung genug Kapazitäten gibt. Tatsächliche Missbrauchsfälle wollen wir mit aller Kraft verhindern“, stellt Krischker klar. Verfahren bezüglich der Herstellung von Kinderpornografie gab es 2021 in Wolfsburg keins, so Heil. Vielleicht ist das die einzig gute Nachricht in diesem deprimierenden Kontext.

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„Impfpass-Fälschung ist kein Kavaliersdelikt“

Die Kriminalstatistik für das Stadtgebiet Wolfsburg in den Vorjahren

2020: So wirkt sich Corona auf Kriminalität in Wolfsburg aus

2019: Kriminalitätsstatistik- 2019 war für Wolfsburg ein gutes Jahr

2018: Die Fallzahlen in Wolfsburg steigen erstmals seit 2015

2017: Wolfsburg ist so sicher wie lange nicht mehr