Wolfenbüttel. Der aus Babylon Berlin und Polizeiruf bekannte Schauspieler präsentiert im Lessingtheater ein Werk von E.T.A. Hoffmann. So lief es.

Ort der Handlung: Falun in Schweden. Falun und seine Bergwerke, Gruben, Stollen. Abgründe. Erz wurde hier einstmals gefördert. Und Gold und Silber. Und die Gier danach. Matthias Brandt, der bekannte Fernseh-Schauspieler, erzählt, liest davon. Auf der Bühne des Lessingtheaters lässt er die alte Welt von Falun auferstehen, so, wie sie der Schriftsteller der Romantik, E.T.A. Hoffmann (1776-1822) erzählt hat. Jens Thomas ist ihm dabei am Flügel zur Seite.

E.T.A. Hoffmann, der große Erzähler, berichtet in seiner Novelle aus dem Jahr 1819 „Die Bergwerke von Falun“ von Elis Fröbom. Trugbilder ziehen Seefahrer Elis nach dem Tod seiner Mutter in die Faszination des Berginneren, die er sich als magische Zauberwelt denkt. Die Grube offenbart sich schnell allerdings als Schlund im Gestein. Aber immer wieder begleiten ihn Visionen. Streben nach blinkenden Kristallen des Glücks. Mystische Figuren schwedischer Legenden kommen ans Licht.

Matthias Brandt entdeckt die Welt der Romantiker neu

Oben auf der Erde sehnt sich Ulla Dahlsjö nach Elis Fröbom. Nach ihm, der sie auch liebt, dem aber prophezeit wird, diese Ehe werde nie stattfinden. Die Geschichte spielt mit Zeitlosem, mit Wirklichkeit und Traum. Wahnsinn stilisiert der Autor zur Kraft, andere Welten zu erkennen. In der Erzählung stürzt der Berg über Elis ein. Als Ulla eine alte Frau ist, wird der konservierte Leichnam ihres Elis geborgen.

Matthias Brandt schwingt sich hinein in die romantische Welt eines E.T.A. Hoffmann, hinein in die Tragik verhaltener Liebe. Der Autor der Romantik taucht in die lang vergangene Welt von Zauber und Mythen und eröffnet den schon lange vor Freud bestehenden Wunsch, in die Tiefen menschlichen Fühlens schauen zu können. In die Träume des Tages, und die der Nacht. Visionen bestimmen die Erzählung. Sie werden zu Orten tief in uns. Bewusstes und Unterbewusstes greift ineinander. Matthias Brandt, unter anderem als Polizeiruf-Kommissar und aus Babylon Berlin bekannt, entdeckt sie neu, diese Welt der Romantiker. Die Welt der Sehnsuchtsorte und Erfahrungsorte. Er präsentiert sie seinem Publikum allein durch die Sprache intensiv und träumerisch, verstohlen und leise, hingerissen, zweifelnd, wuttobend, angstzitternd, hoffnungssuchend und aufgewühlt im Dunkel totalen Verlustes der Realität.

Matthias Brandt gefesselt von der Magie des Hin und Her

Matthias Brandt steigt ein, gefesselt von der Magie des Hin und Her, in die Verschiebung von Orten und Zeitläufen. Schweigen und Reden, Sehnsucht und Ängste, Weite und Tiefe, Traum und Trauma bestimmen den Spannungsbogen.

Jens Thomas begleitet das mit Songs, die zu Balladen werden. Emotionen artikuliert er stimmlich: Er schnalzt, faucht, hechelt, schluchzt und quietscht. Er wispert, grunzt und lallt, pfeift, jauchzt, er stöhnt oder keucht. Er greift in den Flügel, hämmert das Holz und die Saiten.

Jens Thomas und Matthias Brandt in Wolfenbüttel im Zusammenspiel

Diese Lesung gelingt nur durch das Zusammenspiel von Jens Thomas, dem exaltierten Musiker am Flügel, und Matthias Brandt, der die Sprache des E.T.A. Hoffmann wieder lebendig werden lässt. Beide, jeder auf seine Art, binden das Publikum ein in diese Erzählung: Brandt, zutiefst geerdet. Und Thomas voller interpretativen Tastentaumels. Da wird aus alter Geschichte ganz viel aufwühlend Gegenwärtiges, Lebendiges.

Ein überwältigender, hochkarätiger, ganz großer Theaterabend. Ausverkauftes Haus. Stehende Ovationen.

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