Wolfenbüttel. Ab Herbst kommt es zu ordnungsrechtlichen Schritten, wird nicht zurückgebaut. Bis dahin haben Landkreis und Stadt folgende Ideen.

Noch setzt die städtische Bauverwaltung auf ein Einsehen bei den Besitzern von Schottergärten. Ein Jahr will die Stadt noch Aufklärungsarbeit betreiben, erklärte Florian Jürgens in der Sitzung des städtischen Umweltausschusses. Ab Oktober 2024 wird die Verwaltung dann aber auch ordnungsrechtliche Schritte unternehmen, wenn bis dahin die Besitzer von Schottergärten ihre Vorgärten nicht naturnah umgestaltet haben. Ansonsten würde man sich auch unglaubwürdig machen, erklärte der Vertreter der Bauverwaltung.

Wie jetzt aus der Verwaltung zu erfahren war, haben sich Stadt und Landkreis Wolfenbüttel darauf verständigt, bis Oktober 2024 die Bürger zu informieren und auf ein Umdenken bei den Grundstücksbesitzern zu setzen, die versiegelten Schotter-, Kies-, oder Plattenflächen freiwillig zu beseitigen und ihre Gärten naturnah zu gestalten.

Negativer Einfluss auf das Mikroklima und kaum Versickerung

Unter einem sogenannten „Schottergarten“ versteht die Bauverwaltung eine „in der Regel mit Folie oder Vlies, also ganz oder teilweise versiegelte und anschließend mit Schotter, Splitt, Kies oder Platten bedeckte Fläche, die gar keine oder nur eine spärliche Bepflanzung aufweist. Solche Flächen bieten kaum bis keinen Lebensraum für Flora und Fauna, sie zerstören die natürliche Bodenfunktion und beeinflussen das Mikroklima negativ“.

Derartig versiegelte Vorgärten sollen künftig in Stadt und Landkreis wieder der Vergangenheit angehören.
Derartig versiegelte Vorgärten sollen künftig in Stadt und Landkreis wieder der Vergangenheit angehören. © FMN | Karl-Ernst Hueske

Und gerade in diesen Tagen mit sehr viel Regen wird noch ein weiterer Nachteil von Schottergärten deutlich: In Schottergärten kann Regen kaum versickern. Das Wasser von diesen Flächen fließt somit schnell auf Straßen und in die Kanalisation, die insbesondere bei Starkregen nicht immer alle Wassermassen aufnehmen kann. Überschwemmungen auf den Straßen sind somit die Folge. Auf entsiegelten Flächen kann das Oberflächenwasser dagegen besser versickern und entlastet auf diese Weise die Kanalisation. Die Anlage von naturnahen Gärten sei somit auch eine „wichtige Anpassungsmaßnahme an den Klimawandel“, teilte die Bauverwaltung den Mitgliedern des städtischen Umweltausschusses mit.

Urteil bestätigt Rechtswidrigkeit von Schottergärten

Die Stadt, aber auch der Landkreis wollen nun gemeinsam dafür sorgen, dass die Schottergärten bald wieder aus den Ortsbildern verschwinden. Schotterflächen sind baurechtlich auch nicht zulässig: Laut Paragraf 9, Absatz 2 der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) müssen nicht überbaute Flächen von Baugrundstücken Grünflächen sein, soweit sie nicht für eine andere zulässige Nutzung erforderlich sind.

Allerdings gab es zum Umgang mit Schottergärten lange Zeit keine gesicherte Rechtsprechung. Das hat sich vor einigen Monaten geändert: Inzwischen hat das niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg durch ein Urteil bestätigt, dass das Anlegen von „versiegelten Schotterflächen“ grundsätzlich rechtswidrig ist. Damit haben die Bauaufsichtsbehörden die Möglichkeit, im Wege bauaufsichtlicher Ordnungsverfügungen die Beseitigung von Schottergärten anzuordnen und auf gärtnerische Gestaltung der Außenflächen hinzuwirken.

Wettbewerb soll wiederbelebt werden

Doch mit Ordnungsverfügungen und Bußgeldbescheiden will die Stadtverwaltung vorerst nicht agieren. Sie setzt zunächst auf Aufklärungsarbeit, was Ratsmitglied Ulrike Krause von den Grünen im Ausschuss als „ersten wichtigen Schritt“ bezeichnete. Sie forderte zudem eine direkte Ansprache der Besitzer von Schottergärten durch die Verwaltung, um so die Umgestaltung der Gärten voranzubringen.

Und wie sieht die geplante Aufklärungsarbeit von Stadt und Landkreis aus? Zunächst soll der vorhandene Flyer „Blühende Gärten – Lebensräume für Mensch und Tier“ aktualisiert werden, unter anderem mit dem Hinweis auf die Rechtsvorschriften. Dann ist Mitte Februar eine Informationsveranstaltung geplant, bei der sich Bürger über mögliche und gesetzeskonforme Alternativen statt grauer Schottervorgärten informieren können. Die Beseitigung der Schotterfläche etwa durch die Anlage einer Rasenfläche ist im Sinne des Umweltschutzes auch nicht besonders zielführend. Reine Rasenflächen seien zwar zulässig, aber nicht umweltfreundlich, schreibt dazu die Verwaltung. Und die Stadt plant eine Wiederbelebung des Wettbewerbs „Naturnahe Gärten und Vorgärten“. Damit will die Stadt positive Beispiele für bürgerliches Engagement im Bereich Natur- und Klimaschutz vor der eigenen Haustür hervorheben. Die Verwaltung schlug zudem die Vergabe eines Sonderpreises für den schönsten Vorgarten vor, der eine naturnahe Umgestaltung erfahren hat.

Auch die Stadt muss ihre Hausaufgaben machen

Aber nicht nur die Bürger sollen dafür sorgen, dass versiegelte Flächen – wo es möglich ist – in naturnahe Gartenanlagen umgewandelt werden. Auch die Stadt Wolfenbüttel muss jetzt schauen, wo sie welche Flächen entsiegeln und anschließend naturnäher gestalten kann. Bis Ende 2028 muss die Stadt ein Entsiegelungskataster erstellen. Das schreibt das neue Klimaschutzgesetz vor. Somit muss auch die Stadt Flächen ihres Gebietes ermitteln und erfassen, für die die Möglichkeit zur Entsiegelung besteht.