Braunschweig. Wissenschaftler der TU Braunschweig erforschen die Mysterien der Nano-Welt.

Gold ist golden – möchte man meinen. Doch das Rot vieler Kirchenfenster und alter gläserner Trinkgefäße geht ebenfalls auf Gold zurück. In solchen Gläsern befinden sich Goldpartikel von wenigen Nanometern Größe. Ein Nanometer ist ein Millionstel eines Millimeters. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist 50-tausend Mal dicker. Und während massives Gold vor allem den Blau-Anteil des weißen Sonnenlichts verschluckt und darum gelb wirkt, filtern die winzigen Goldpartikel auch grünes Licht heraus. Übrig bleiben vor allem die Rottöne.

Seit dem 17. Jahrhundert nutzen Menschen diese Form der Nano-Technologie. Deutlich jünger ist die Erklärung des Phänomens. Die große Erkenntnis in der Welt des Winzigen: Im Nano-Kosmos entscheidet nicht nur das Material über physikalische und chemische Eigenschaften, sondern auch Größe und Form.

Einer der sich auskennt in der Nano-Welt ist Georg Garnweitner. Der Chemiker hielt vor kurzem seine Antrittsvorlesung als Professor für Nanomaterialien am Institut für Partikeltechnik der TU Braunschweig. Titel: „Mysterien der Nano-Welt“. Denn davon gibt es noch jede Menge, trotz der Fortschritte der vergangenen Jahre. „Ein umfassendes Verständnis der Nano-Welt ist in weiter Ferne“, sagt Garnweitner.

Ein Beispiel für die Mysterien des Winzigen: 1947 synthetisierten amerikanische Forscher den Stoff Tetraacetyl-ribofuranose. Er bildete winzige, plättchenförmige Kristalle. Dreimal führte die Synthese zu identischen Ergebnissen. Beim vierten Mal entstanden plötzlich nadelförmige Kristalle – und seitdem gelang es in diesem Labor nie wieder, die Plättchen herzustellen. Mehr noch, die alten Proben wandelten sich ebenfalls in nadelförmige Kristalle um. Auch die Pharmaindustrie hatte schon mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Medikamente ließen sich plötzlich nicht mehr in ihrer erprobten Form herstellen. Die Labore waren durch andere Formen „verseucht“.

Noch stehen Wissenschaft und Technik im Eingangsbereich des Nano-Kosmos. An Garnweitners Institut werden Partikel aus Verbindungen von Metallen und Sauerstoff erzeugt. Die Natur sei in der Lage, solche Partikel zu komplexen Strukturen zusammenzusetzen. Als Beispiel nennt er Kieselalgen. Diese winzigen Lebewesen umgeben sich mit einem Skelett, das nicht nur vor Feinden schützt, sondern auch das Meerwasser nach Nährstoffen filtert.

Es gibt bereits Versuche, solche Schalen als Ganzes zu kopieren. Garnweitner verfolgt einen anderen Weg. An seinem Institut arbeitet er daran, einfache Partikel zu komplexeren Strukturen zusammenzubauen. Schon für die einfachen Partikel gibt es jede Menge Anwendungen. So können etwa magnetische Partikel mit Andockstellen ausgestattet werden, die in einem Gemisch von Proteinen an ganz spezielle Antikörper binden. Mit einem Magneten können diese Antikörper dann aus der Masse „herausgefischt“ werden.

Doch der „Nano-Hype“ sei mittlerweile vorbei, so Garnweitner. Er plädiert für eine nüchterne Herangehensweise: „Wir brauchen maßgeschneiderte Lösungen für spezifische Probleme“. Doch dafür müsse man die Partikelbildung und die chemischen und physikalischen Vorgänge an der Partikeloberfläche genau verstehen. Das ist es, woran Garnweitner und seine Kollegen forschen.