Rochester. Ein US-Forscherteam hat Kindern und Erwachsenen während der Sesamstraße ins Gehirn geschaut.

Mit den erstellten neuronalen Landkarten konnten die Forscher schon vor einem anschließenden Test sagen, wie gescheit die Probanden sind. Zudem erkannte das Team von der Universität Rochester (US-Staat New York) damit, ob ein Kind eher sprachlich oder mathematisch begabt ist. Die Wissenschaftler um die Neurobiologin Jessica Cantlon hatten die Gehirne mittels funktioneller Kernspintomographie (fMRI) beobachtet, während die Sesamstraße über einen Bildschirm flimmerte.

In Zukunft solle diese Methode helfen, die Entwicklung des Gehirns besser zu verstehen, berichtete die Universität am Donnerstag. Außerdem erhoffen sich die Forscher Erfolge bei der Diagnose und der Therapie von Kindern mit einer Lernschwäche.

Während der Messung betrachteten die Kinder Ausschnitte der Sesamstraße bei denen es um Zahlen, Wörter und geometrische Formen ging. Je nach Thema waren im Gehirn der Kinder unterschiedliche Bereiche aktiv. Wörter und Sprache führten zu einer Zunahme der Aktivität in einem Bereich der als Broca-Areal bezeichnet wird, während mathematische Themen zu einer Aktivierung im sogenannten Intraparietalen Sulcus führten. Damit belegt die Studie frühere Erkenntnisse über diese Hirnregionen.

Die Auflösung der Kernspintomographie war erstaunlich hoch: Insgesamt erfassten die Forscher 40 000 Punkte im Gehirn der Kinder und bestimmten dort alle zwei Sekunden die neuronale Aktivität. Aus dieser Datenflut erstellten sie hochauflösende Landkarten von den Gehirnen der kleinen Probanden. Nach der Messung wurden die Kinder auf ihre sprachlichen und mathematischen Fähigkeiten getestet.

Danach verglichen die Forscher die Daten der Kinder mit denen der Erwachsenen. Kinder, deren Gehirn beim Schauen der Sesamstraße eine vergleichbare Aktivität wie das Gehirn von einem Erwachsenen zeigte, schnitten im Test deutlich besser ab. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Entwicklung des Gehirns klaren Regeln folgt und sogar messbar ist.

Neu ist diese Methode nicht - im Gegensatz zu früheren Studien setzten die Forscher aber diesmal bei der Bestimmung der Gehirnaktivität auf eine alltägliche Situation: Fernsehen. Bisher wurden den Probanden in ähnlichen Studien nur einzelne Bilder gezeigt: Gesichter, Formen, Wörter oder Zahlen. Diese weit weniger komplexe Situation, ermöglichte keine verlässliche Aussage über die geistigen Fähigkeiten der Testpersonen. Die Ergebnisse präsentiert das Team in der Fachzeitschrift «PLOS Biology». (dpa)

Arbeitsgruppe Jessica Cantlon