Berlin. Millionen Haushalte in den Städten sollen von subventionierten Solardächern profitieren. Das sieht ein Gesetzentwurf der Regierung vor.

Erstmals sollen auch Mieter von Solaranlagen auf dem Hausdach profitieren: Geht es nach der Regierungskoalition, könnten bald 3,8 Millionen Haushalte günstigeren Sonnenstrom bekommen – das entsprechende Gesetz soll noch vor der Sommerpause durchs Parlament gebracht werden. Die Stadtbewohner in größeren Mietshäusern sind momentan die Zahlmeister der Energiewende. Das Geschäft mit Windrädern wird von Großinvestoren gemacht.

Von der Anlage auf dem Einfamilienhaus profitieren nur Eigenheimbesitzer. Beim Bezahlen der Energiewende-Subvention werden die Städter allerdings voll beteiligt: Die Umlage für grüne Elektrizität, die auf den Strompreis aufgerechnet wird, macht derzeit 6,88 Cent pro Kilowattstunde aus, das sind 20 Prozent der Stromrechnung.

Was genau regelt das Mieterstrom-Gesetz in Zukunft?

Kern des Vorhabens ist eine finanzielle Förderung für Solarstrom, der vom Hausbesitzer an die Mieter verkauft wird. Der Verkauf war auch bisher schon möglich, lohnte sich aber kaum. Nun gibt es einen Bonus dafür, der je nach Anlagengröße zwischen 2,2 und 3,8 Cent pro Kilowattstunde beträgt. Der Zuschlag errechnet sich aus der Vergütung, die es für die Einspeisung des Solarstroms ins Netz gibt. In Zukunft wird die Subvention leicht sinken.

Warum ist es für Hausbesitzer interessant, Mietern Strom anzubieten?

Weil ein gutes Geschäft winkt. Denn die Hausbesitzer können den Strom, der direkt aus der Solaranlage auf dem Dach erzeugt und vor Ort verbraucht wird, an die Mieter gewinnbringend verkaufen. Der Hausbesitzer muss aber investieren: Nicht nur die Solaranlage, sondern auch ein Zähler muss installiert werden, der genau aufzeichnet, wer wann wie viel Strom vom Hausdach verbraucht.

Was haben die Mieter davon, wenn der Vermieter eine Anlage installiert?

Das Mieterstrom-Gesetz soll vor allem Solarstrom fördern.
Das Mieterstrom-Gesetz soll vor allem Solarstrom fördern. © dpa | Julian Stratenschulte

Zunächst gilt: Die Mieter werden auf keinen Fall schlechter gestellt. Sie dürfen, egal, was sich auf dem Hausdach tut, bei ihrem Stromanbieter bleiben, der ihnen wie gehabt jede Kilowattstunde aus dem Stromnetz verkauft. Zusätzlich können sie sich aber mit dem vor Ort erzeugten Hausstrom versorgen lassen, wenn ihn der Eigentümer anbietet. Dafür müssen sie einen gesonderten Vertrag mit dem Vermieter schließen. Der Hausbesitzer wird den Strom günstiger verkaufen als die normalen Versorger, weil es ansonsten keinen Anreiz für die Mieter gibt, sich darauf einzulassen. Vorstellbar für die Mieter sind Einsparungen im niedrigen Cent-Bereich pro Kilowattstunde, also maximal etwa ein Zehntel der Stromkosten, wird in der Branche erwartet.

Kommt es nun zu einem Solarboom in den großen Städten?

Ein starker Aufschwung ist durchaus denkbar. Die Bundesregierung rechnet damit, dass 3,8 Millionen Wohnungen für Mieterstrom in Betracht kommen. Das sind 18 Prozent aller vermieteten Wohnungen in Deutschland. Besonders attraktiv ist das Modell für große Wohnhäuser. Für kleine Einheiten ist der Aufwand zu hoch. Allerdings: Der Ausbau soll laut dem vorliegenden Gesetzesentwurf jedes Jahr gedeckelt werden, und zwar auf 500 Megawatt Leistung der Solaranlagen. Das entspricht 20.000 mittelgroßen Solaranlagen mit 25 Kilowatt Maximalleistung.

Wer unterstützt den Plan in der Politik und bei den Verbänden?

Die Grünen hatten eine Unterstützung für Mieterstrom schon lange gefordert. In der großen Koalition wird der Plan nun breit unterstützt. Selbst die Kritiker der Energiewende in der Union, die befürchten, dass die Energiewende-Kosten immer weiter steigen, sind durch die Deckelung beruhigt. Auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) findet das Gesetz „sehr gut“, wie Energieexperte Thomas Engelke sagt, denn die Beteiligung der Stadtbewohner an der Energiewende sei positiv. Und die Verbände der Grünstrombranche sind natürlich für das Gesetz, selbst wenn sie Details bemängeln – zum Beispiel, dass der Strom nicht in Nachbarhäuser verkauft werden darf.

Gibt es überhaupt grundsätzliche Kritik am Mieterstrom?

Durchaus. Skeptisch äußern sich vor allem die angestammten Energieversorger, die sich im Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) organisiert haben. Hauptgeschäftsführer Stefan Kapferer sagte unserer Redaktion, es sei nachvollziehbar, dass auch Mieter von der Energiewende profitieren sollten. Letztlich verschärfe das aber die Umverteilungsprobleme: „Denn am Ende können nicht alle Mieter gleichermaßen vom Mieterstrommodell Gebrauch machen.

Trotz seines wohlklingenden Namens würde die Mehrheit der Mieter mehr bezahlen als vorher.“ Der BDEW lehnt das Vorhaben deshalb ab. Tatsächlich müssen alle Stromverbraucher die City-Energiewende mitfinanzieren. Da die Solarenergie inzwischen recht günstig ist, hält sich die Belastung in Grenzen. Die Regierung rechnet mit maximal 130 Millionen Euro pro Förderjahr. Das würde die Umlage um 0,1 Cent pro Kilowattstunde erhöhen.