Genf. Nicht nur Billigflieger, sondern auch teure Airlines fahren ihren Bordservice zurück. Dabei begann alles vor 30 Jahren mit einer Olive.
- Nicht nur Billigflieger, sondern auch teure Airlines fahren ihren Bordservice zurück
- Dabei begann alles vor 30 Jahren mit einer Olive
Nur eine Olive und 40.000 US-Dollar sparen – mit dieser Berechnung hat die US-Gesellschaft American Airlines schon vor 30 Jahren die Kosten der Verpflegung an Bord in den Fokus gerückt: Wenn jeder Passagier nur eine Olive weniger im Salat hat, konnte die Airline 40.000 Dollar sparen. Billigflieger langen Passagieren für Essen an Bord längst in die Tasche. Nun streben auch Premium-Airlines auf Kurz- und Mittelstrecken in diese Richtung.
Wer auf einem Flug der spanischen Iberia Hunger hat, muss schon die Kreditkarte zücken, bei British Airways wird in der Economy-Klasse seit Anfang des Jahres selbst für die Flasche Wasser kassiert. Die zur Lufthansa gehörende Swiss denkt über Bezahlessen zumindest nach. Die Airline will die Überlegungen jetzt nicht weiter ausführen, aber Operativchef Markus Binkert sagte dem „Tagesanzeiger“ schon: „Vorstellbar ist, dass man zuerst einmal irgendwo im Lufthansa-Konzern einen Test macht, um zu sehen, wie es ankommt.“
2,60 Euro für eine einfache Tasse Tee
Die Airlines verkaufen das als Win-win. Statt fade Pasta gebe es künftig edle Auswahl. Etwa British Airways: „Die erste Airline, die frischere, gesündere Snacks und Leckereien auf Kurzstrecken anbietet“, hieß es da. Von 2,60 Euro für eine Tasse Tee war nicht die Rede. Swiss-Mann Binkert lobt das Bezahlmodell ebenfalls: „Mir wäre als Passagier manchmal lieber, für ein hochwertiges Angebot mit Auswahl zu bezahlen als etwas inklusive zu bekommen, das ich gar nicht haben möchte“, meint er.
Schinken und Bier: Bordservice früher
„Es gibt viel Preisdruck durch die Billigkonkurrenz“, sagt Ruxandra Haradau-Döser, Airline-Analystin vom Finanzdienstleister Kepler Chevreux. Für viele Kunden sei gerade auf kurzen Strecken der Preis das wichtigste Kriterium. Der Airlineverband IATA in Genf schätzt zudem, dass zwei bis drei Prozent der Kosten bei Fluggesellschaften auf Essen und Trinken entfallen. Zudem werde ohne eine Mahlzeit für jedermann an Bord Gewicht gespart, was den Treibstoffverbrauch senkt, und die Maschinen seien schneller wieder startklar – alles Kostenfaktoren.
Skeptiker glaube nicht an sinnvolle Kostenreduzierung
Das sei eine Milchmädchenrechnung, kritisiert Jeremy Clark, Catering-Berater für Airlines. Das kulinarische Angebot an Bord sei ein Imagefaktor. „Was sie durch ein gutes Essensangebot gewinnen, übersteigt bei weitem die Kosten“, sagte er bei einer Lebensmittel-Messe in Paris. „Fragen Sie, was jemand gestern in der Kantine gegessen hat, und er weiß es nicht mehr. Aber was er vor sechs Monaten im Flugzeug hatte? Da erinnert sich der Gast meist genau.“
Reto Hess, Analyst der Schweizer Bank Credit Suisse, ist ebenfalls skeptisch: „Die Premium-Airlines bewegen sich damit weiter in Richtung Niveau der Low Cost-Anbieter“, sagt er. Auch ohne freie Snacks und Getränke könnten sie kaum so billige Tickets anbieten wie die Billigflieger. „Man muss achtgeben, welchen Mehrwert man bietet, damit der Kunde sich wohlfühlt und bereit ist, mehr zu zahlen.“
In den USA geht der Trend wieder zum kostenlosen Essen
Den Imagefaktor hatten Fluglinien zwischen den 1960er und 1980er Jahren wesentlich stärker im Blick. An Bord von Lufthansa-Maschinen gab es damals frisch aufgeschnittenen Schinken und Bier vom Fass. Die Fluglinien versuchten sich mit ihrem Bordservice damals zu überbieten. Ab den 1950er Jahren überquerten laut Heiko Triesch vom Deutschen Technikmuseum jährlich mehr Menschen mit dem Flugzeug den Atlantik als mit dem Schiff. Mehr Fluggäste bedeuteten auch einen größeren Wettbewerb, in dem sich Kunden wohl oft für den Anbieter mit dem besten Service entschieden. Erst mit größeren Maschinen teilten die Airlines ihre Gäste in unterschiedliche Klassen mit zum Teil geringeren Zusatzangeboten.
In den USA beobachten die Caterer der Lufthansa-Tochter LSG Sky Chefs und Konkurrent Gate Gourmet jedoch die Rückkehr zu kostenloser Verpflegung an Bord. In den Staaten war das Geschäft mit der Bordverpflegung nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 nahezu zusammengebrochen. Zumindest auf den Flügen von Küste zu Küste gebe es inzwischen in allen Klassen wieder freie Mahlzeiten, berichtet LSG-Sprecherin Josefine Corsten. In anderen Märkten wie Afrika oder Asien besitze Essen ohnehin einen viel höheren Stellenwert. Daher werde dort die Vollverpflegung weder von den Fluggesellschaften noch von den Passagieren in Frage gestellt. Eine Rückkehr zu Schinken und Fassbier wird es aber wohl nicht geben. (dpa/ac)