Frankfurt/Main. Die Vorstandschefs der Großkonzerne verdienen oft das Hundertfache ihrer Mitarbeiter. Das befeuert Forderungen nach einer Begrenzung.

Die Vorstandschefs der deutschen Dax-Konzerne haben im vergangenen Jahr mit einer Rekordvergütung von den guten Geschäften profitiert. Nach einer Untersuchung des Beratungsunternehmens hkp-Group verdienten die Vorsitzenden der 30 Dax-Firmen im Schnitt 7,14 Millionen Euro. Das waren 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Zugleich sei der Nettogewinn der Konzerne im Schnitt um 37 Prozent gestiegen – so stark wie seit 2010 nicht mehr.

„Damit zeigen sich die guten Geschäftszahlen der letzten Jahre nun auch in der Vergütung – das ist sachgerecht“, sagt hkp-Partner Michael Kramarsch. Spitzenreiter ist der Studie zufolge der Chef des Softwarekonzerns SAP, Bill McDermott, mit einer Gesamtvergütung von 15,3 Millionen Euro. Er verwies Daimler-Chef Dieter Zetsche auf Rang zwei, der 13,78 Millionen Euro verdiente. Den mit 2,84 Millionen dünnsten Gehaltscheck bekam Reinhard Ploss von Infineon. Die Analyse berücksichtigt alle Vergütungselemente, unter anderem auch die Altersversorgung.

Post-Chef verdiente das 233-Fache eines Durchschnittsgehalts

Die Dax-Chefs verdienen damit oft das Hundertfache eines durchschnittlichen Angestellten ihres Unternehmens. Beim Chef der Deutschen Post, Frank Appel, ist es etwa das 233-Fache, bei Bernd Scheifele, Chef von Heidelberger Cement das 226-Fache des durchschnittlichen Personalaufwandes pro Mitarbeiter. Das liegt am hohen Vorstandsgehalt – aber auch an einem niedrigen Durchschnittsgehalt im Konzern. Bei der Post liegt dieses bei gut 40.000 Euro.

Postchef Frank Appel hat zuletzt 233 Mal mehr verdient als der Durchschnitts-Postangestellte.
Postchef Frank Appel hat zuletzt 233 Mal mehr verdient als der Durchschnitts-Postangestellte. © dpa | Soeren Stache

Bei SAP dagegen treiben die meist gut qualifizierten Mitarbeiter das Durchschnittsgehalt auf rund 130.000 Euro. Dadurch kam der Chef Bill McDermott nur auf das 126-Fache des im Konzern gültigen Durchschnittsverdienstes, obwohl er die Gehaltsliste anführt. Die Untersuchung zeigt auch, dass sich die Gehälter der Chefs wieder stärker am Unternehmenserfolg orientieren – was wegen der guten Geschäftslage bei vielen Konzernen die Gehälter in die Höhe trieb.

Diskussion um Begrenzung von Managergehältern reißt nicht ab

Wohl auch deshalb reißt die Diskussion um die Begrenzung von Managergehältern nicht ab. Michael Kramarsch warnt davor, die Entscheidung über die Vergütung aus dem Aufsichtsrat in die Hauptversammlung, also zu den Eigentümern, zu verlagern. Dann würde nicht mehr ein mitbestimmter, deutscher Aufsichtsrat über die Vorstandsvergütung entscheiden, „sondern ein Hedgefondsmanager auf den Cayman-Islands“, warnt er.

Die Politik gehe davon aus, dass der Aktionär ein langfristig am Unternehmenserfolg interessierter Eigentümer sei. Tatsache sei jedoch, dass in Europa Aktien im Durchschnitt acht Monate gehalten werden – und zwar meist von Vermögensverwaltern, Hedgefonds und anderen Kapitalsammelstellen, „nicht von dem Idealbild des am Unternehmenserfolg interessierten Eigentümers“, sagte Kramarsch. Deshalb müssten Verantwortung, Haftung und Entscheidung auch beim Aufsichtsrat bleiben.

Arbeitnehmervertreter fordern die Begrenzung auf ein „angemessenes Niveau“

Ähnlich sehen das die Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten etwa von Daimler, ThyssenKrupp und Siemens. Sie hatten diese Woche verlangt, die Vorstandsvergütung auf ein „angemessenes, gesellschaftlich akzeptiertes Niveau“ zu begrenzen. Die Gehälter müsse der Aufsichtsrat beschließen und öffentlich begründen. Dafür solle das Verhältnis von Vorstandsvergütung und durchschnittlichem Entgelt der Beschäftigten maßgeblich sein.

Die Betriebsratschefs hatten das Vielfache der Vergütung des gesamten Vorstandes, nicht nur des Vorstandsvorsitzenden, zur Orientierung berechnet. Das liege derzeit bei 57. Das „verletzt das allgemeine Gerechtigkeitsempfinden“, teilten sie in einer gemeinsamen Erklärung mit, und „gefährdet die Integrität unserer Unternehmen“.