Essen. Donald Trump will eine Mauer zwischen den USA und Mexiko bauen lassen. Der Auftrag könnte womöglich an ein deutsches Unternehmen gehen.

Deutschlands größter Baukonzern kann sich vorstellen, die Grenzmauer zwischen den USA und Mexiko zu bauen. Hochtief-Chef Marcelino Fernandez Verdes schloss bei der Vorlage der Bilanz eine Beteiligung seines Unternehmens an dem Projekt, das US-Präsident Donald Trump angekündigt hat, ausdrücklich nicht aus. „Ist es vorteilhaft für uns und ist es unser Markt? Dann bieten wir für alles“, sagte der spanische Chef des Konzerns aus Essen. Er sei für alles offen.

Damit wirft schon der zweite deutsche Konzern seinen Hut in den Ring für das höchst umstrittene Lieblingsprojekt von Trump. HeidelbergCement hatte bereits Ende 2016 Interesse bekundet, am Mauerbau als Baustofflieferant mitzuwirken, der Konzern hat Zementwerke in Texas und Arizona. Vorstandschef Bernd Scheifele war dafür von Politik und Gewerkschaften scharf kritisiert worden, die Börse reagierte dagegen positiv, die Aktie stieg.

Konzern will alle Möglichkeiten nutzen, die sich bieten

Auch Hochtief hofft auf neue Milliardenaufträge in den USA durch Trumps Pläne. „Wenn sich Möglichkeiten ergeben, sind wir da und nutzen sie“, sagte Verdes. Er setze aber vor allem auf Infrastrukturprojekte, etwa im Straßenbau. Der neue US-Präsident hat Bau- und Konjunkturprogramme im Milliardenwert angekündigt, ohne bisher ins Detail zu gehen. Das gilt auch für die Mauer, die an der 3100 Kilometer langen Grenze zu Mexiko illegale Einwanderer fernhalten soll. Trump gab sich zuletzt mehrfach entschlossen, den bestehenden Grenzzaun zu ersetzen – auf Kosten von Mexiko.

Die IG BAU reagierte empört auf die Äußerungen des Hochtief-Chefs. „Wir haben in Deutschland jahrzehntelange, leidvolle Erfahrungen mit einer Grenzmauer gemacht. Auch börsennotierte Unternehmen dürfen nicht nur auf die Zahlen schauen, sondern tragen auch eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung“, erklärte die Gewerkschaft.

Reputation könnte unter Auftrag leiden

Auch der Wirtschaftsethiker Dominik Enste vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln sieht eine Beteiligung am Mauerbau zu Mexiko kritisch. Unternehmerisch spräche vieles dafür, könnte ein Engagement Arbeitsplätze und Gewinne sichern, sagte er. Zudem drohten womöglich Sanktionen in den USA, wenn der Regierung auffalle, dass sich ein Unternehmen aus politischen Gründen nicht an der Ausschreibung beteilige.

Andererseits könne die Reputation unter einer Beteiligung leiden. Gerade Großkonzerne müssten in politisch schwierigen Zeiten „nicht nur im Eigeninteresse agieren, sondern über den eigenen Horizont hinausblicken und dafür auch mal auf Geschäft verzichten“, sagte Enste. Der Experte des arbeitgebernahen IW rät daher, eine solche Entscheidung auf Basis einer „sorgfältigen, unternehmensethischen Analyse“ zu fällen und nicht aus rein ökonomischen Gründen.

Hochtief verdient nur noch geringe Anteile in Deutschland

Hochtief gehört mehrheitlich dem spanischen ACS-Konzern und erzielt keine fünf Prozent seiner Umsätze mehr in Deutschland. Neue Aufträge sammelte Hochtief schon 2016 vor allem in Nordamerika ein – die Eingänge stiegen dort um 26 Prozent auf umgerechnet 13,7 Milliarden Euro –, etwa für ein Stadion und ein Flughafenprojekt in Los Angeles sowie für eine Brücke in Texas. Konzernchef Verdes will sich daher offenbar mit der neuen US-Regierung gut stellen. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) hat dafür auch Verständnis. Roland Klose, Hochtief-Experte der DSW, betonte die große Abhängigkeit der US-Töchter Turner und Flatiron von öffentlichen Infrastrukturaufträgen. „Da ist es verständlich, dass sich Fernandez Verdes zum jetzigen Zeitpunkt ergebnisoffen orientiert“, sagte er.

Hamburg probt Mexico-Mauer

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    Mit diesem Kurs steht Hochtief nicht allein. Unlängst warb Bayer-Chef Werner Baumann bei Trump persönlich für die geplante Übernahme des US-Saatgutriesen Monsanto. Einige US-Konzerne verkündeten nach Terminen im Weißen Haus, Tausende neue Arbeitsplätze zu schaffen, etwa der Online-Versandhändler Amazon und die Autobauer Ford und GM. Sie ließen Trump zum Teil lange geplante Investitionen als seine Erfolge verkaufen.

    Anders als vergangenen November bei HeidelbergCement half die Aussicht auf eine Beteiligung am Mauerbau dem Hochtief-Papier nicht auf die Sprünge. Dabei waren die Zahlen gut: Der Gewinn stieg um 54 Prozent auf 321 Millionen Euro, die Dividende soll um 30 Prozent auf 2,60 Euro angehoben werden.