Berlin. VW begrüßt eine neue Tochterfirma. Moia soll mit Innovationen urbanes Flair nach Wolfsburg bringen und von der Dieselaffäre ablenken.

Dass dies ein ernst gemeinter Neuanfang ist, daran sollten schon allein Ort, Person und Ambiente keine Zweifel lassen. Volkswagen-Manager Ole Harms stellte am Montag auf einer Technologiekonferenz in London die neue Konzerntochter Moia vor, mit dem das Wolfsburger Unternehmen nicht mehr nur Autobauer, sondern auch Mobilitätsdienstleister werden will. Mit Absicht wurde ein weiblicher Kunstname für die Marke gewählt, abgeleitet aus dem Sanskrit-Wort „Maja“, was so viel wie Magie bedeutet.

Mit den Adidas-Sneakern, dem Polo-Shirt und dem Hipster-Bart wirkte der künftige Moia-Chef Harms jedenfalls eher der anwesenden Start-up-Community entsprungen, denn als ein Manager des behäbigen VW-Konzerns. An dessen Spitze hoffte man wohl, dass das aufregende London, weit weg von der Wolfsburger Provinz, jeglichen Gedanken an die lästige Diesel-Affäre überlagern würde.

Berlin wird wichtigster Standort von Moia

Moia ist ein weiterer Versuch des Autobauers, die Altlasten aus dem Abgas-Skandal abzuschütteln. Die neue Konzerntochter soll den Ausbau von neuen Mobilitätskonzepten, wie etwa Carsharing oder die Vermittlung von Fahrdiensten vorantreiben. Ein Markt, für den Experten Milliardenumsätze voraussagen.

In Berlin will Moia seine Unternehmenszentrale aufbauen – zunächst mit rund 50 Mitarbeitern. Weiterer wichtiger Standort in Deutschland werde Hamburg sein. Zunächst plant Moia Fahrten zu vermitteln und zudem einen Shuttle-Service aufzubauen, bei dem sich mehrere Fahrer ein Auto teilen. Die Buchungen sollen per App abgewickelt werden. An einem Start-up, das Fahrten vermittelt, hat sich der Konzern bereits beteiligt. Gett heißt das israelische Unternehmen, das bereits in 100 Städten Lieferdienste und Logistikleistungen anbietet, unter anderem zusammen mit VW in Moskau. Nun wird Gett auch in Deutschland aktiv.

Moia will kein neues Uber werden

Eine Kopie des umstrittenen US-Taxidienstes Uber soll Moia aber nicht werden. Vielmehr streben die Wolfsburger eine enge Zusammenarbeit mit den Behörden an. Im Hamburg etwa hat Volkswagen gemeinsam mit der Stadt eine „strategische Mobilitätspartnerschaft“ vereinbart, die drei Jahre dauern und den Verkehr der Hafenstadt effizienter gestalten soll. Zweites Geschäftsfeld von Moia wird das sogenannte Pooling. Dabei können sich via App mehrere Fahrer zusammentun, um so unnötige Einzelfahrten zu vermeiden.

„Bis zum Jahr 2025 solle ein „sub­stanzieller Teil des Konzern-Umsatzes mit dem neuen Geschäftsbereich erzielt werden“, kündigte Harms an. Für die Dienste will Moia mittelfristig nur elektrisch betriebene Fahrzeuge einsetzen. Zu Beginn werde man auf bestehende Modelle der VW-Gruppe zurückgreifen, später sollen Fahrzeuge von Moia entworfen werden.

Innovation außerhalb des Silicon Valley, aber nicht in Wolfsburg

„Wir wollen beweisen, dass innovative Mobilitätslösungen auch außerhalb des Silicon Valley möglich sind“, sagte Harms bei der Präsentation der mittlerweile 13. Konzernmarke. Der Manager sprach von dem „Day one“ – der Stunde null, die die Gründung von Moia nun markiere. Moia habe „den Charakter eines Start-ups“, sagte Harms, aber mit der Finanzstärke und Stabilität von Volkswagen im Rücken. Der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer lobt den Plan: bereits „Das Konzept ist absolut richtig und zukunftsweisend“, sagte er unserer Redaktion. Es sei zudem richtig, dass man das Start-up dort aufbaue, wo man diese neue Welt am besten verstehe. Und das sei sicher nicht in Wolfsburg.

Doch egal wo an der Zukunft getüfelt wird, der Konzern hat in dem Geschäftsfeld einiges aufzuholen. Autobauer wie BMW und Daimler verdienen längst nicht mehr nur mit der Produktion von Fahrzeugen. Mit Drive Now und Car2go haben sie deutschlandweit erfolgreiche Carsharing-Angebote etabliert. Volkswagen allerdings kann in diesem Segment bislang keine Erfolgsgeschichte vorweisen.

Seinen 2011 gestarteten Carsharing-Dienst „Quicar“ stellte das Unternehmen im Januar dieses Jahres ein. Zuletzt brachte es nicht mehr als 80 Fahrzeuge auf die Straße. Zwar ist zudem VW Financial Services mit 60 Prozent an dem niederländischen Car­sharing-Anbieter Greenwheels beteiligt. Allerdings ist dieser im Vergleich zu den Angeboten der Konkurrenz winzig. In Deutschland gibt es etwa 250 Fahrzeuge. Zum Vergleich: Car2go setzt allein in Deutschland über 3500 Fahrzeuge ein.