Frankfurt/Main. Die Hälfte der Deutschen setzt bei Finanzfragen eher auf die Technik als auf das persönliche Gespräch. Der Hausbank vertrauen sie aber.

Bei der Geldanlage sind Deutsche aufgeschlossener beim Einsatz von Computern als Bürger der USA – die sich vermeintlich im Allgemeinen deutlich offener für neue Technologien zeigen. Und sie sind internationaler unterwegs als die Amerikaner. Das zeigt eine Studie der Berliner Quirin Bank.

Das Geldhaus befragte in Zusammenarbeit mit dem Institut YouGov zeitgleich je 1000 Anleger in den USA und Deutschland. Die Antworten sind erstaunlich, lassen sich aber auch durch die Unterschiede in der Geldanlagepraxis diesseits und jenseits des Atlantik erklären.

Unabhängige Berater sind vielen zu teuer

Laut Studie glauben fast doppelt so viele Deutsche wie Amerikaner (51 zu 26 Prozent), dass die Auswahl guter Geldanlagen ohne den Einsatz von Computern nicht mehr möglich sei. Vorsichtig stehen die US-Amerikaner auch einem Schritt über die Grenzen gegenüber: nur 14 Prozent der Befragten kann sich vorstellen, auch außerhalb des eigenen Landes Geld anzulegen – gegenüber knapp einem Viertel der Deutschen (23 Prozent).

Andererseits aber sind fast sechs von zehn Deutschen misstrauisch gegenüber Beratern und Vermögensverwaltern. In den USA sind das nur 23 Prozent. Dieser starke Unterschied zeige sich in allen Altersgruppen, und sowohl unter Frauen wie unter Männern, erläutert Quirin-Bank-Chef Karl Matthäus Schmidt. Das Misstrauen der Deutschen bekommen auch Finanzexperten zu spüren. Die durchschauten auch immer weniger die Zusammenhänge, weil die Finanzmärkte immer komplizierter würden – dieser Aussage stimmen 58 Prozent der Deutschen und nur 41 Prozent der Amerikaner zu.

In Umfragen sind Deutsche kritischer als in der Realität

In solchen Studien geben die Deutschen sich bei allgemeinen Fragestellungen jedoch häufig kritischer als sie tatsächlich sind. Denn sobald es konkret wird, urteilen sie gnädiger. So hatte eine Studie der Unternehmensberatung EY jetzt ergeben, dass zwei von fünf Deutschen der Finanzbranche misstrauen – das ist weit mehr als im Rest der Welt. Gleichzeitig aber vertraut jeder zweite Deutsche seiner Hausbank „voll und ganz.“ Weltweit liegt der Wert bei 40 Prozent.

Unabhängige Geldanlageberater aber werden zwar von Verbraucherschützern immer wieder empfohlen, aber viele Deutsche scheuen vor den Kosten zurück und lassen sich von der Hausbank „kostenlos“ beraten – ohne dabei wahrnehmen zu wollen, dass diese Beratung eben letztlich über Provisionen bezahlt wird.

Robo-Advisor helfen, sind aber nichts für Anfänger

Offenheit gegenüber digitalen Hilfsmitteln, Misstrauen gegenüber Beratern – das müsste eigentlich die jungen digitalen Anlageunternehmen freuen: „Robo-Advisor“ etwa, spezielle Computerprogramme, bei denen jeder zu Hause die Vermögensanlage nach einem Algorithmus planen kann. „Anlageberatung muss eigentlich unabhängig sein, und das kann sie nur, wenn sie in unabhängiger Flagge geführt wird“, sagt Lars Reiner, Gründer des Frankfurt Robo-Advisors Ginmon. Er will Kunden einfache, effiziente Geldanlagen bieten.

Das geschieht auch bei anderen Robo-Advisorn häufig über Indexfonds, den börsengehandelten Fonds, die die Wertentwicklung von Aktien- oder Anleiheindizes nachbilden. Die sind transparent und günstig, und man kann unterschiedliche Anlageprofile nachbilden – vom sicherheitsorientierten bis zum spekulativen Anlegertyp. „Es ist nichts, was ein gänzlich unerfahrener Anleger machen sollte“, warnt jedoch Dirk Eilinghoff, Geldanlageexperte des Verbraucherportals Finanztip: „Man sollte schon die Grundprinzipien der Geldanlage kennen, bevor man zum Robo-Advisor geht.“