Berlin. Bettina Landgrafe leistet Entwicklungsarbeit in Ghana. Sie hat mit ihrem Verein bereits mehr als 100 Kinder aus der Sklaverei befreit.
Kinderarbeit ist in Ghana offiziell verboten. Dennoch arbeiten viele Kinder unter sklavenähnlichen Bedingungen. Das musste Kinderkrankenschwester Bettina Landgrafe (40) persönlich miterleben, als sie im Jahr 2001 in ein Dorf am Voltasee kam. Dort traf sie kein einziges Kind an. Die Jüngsten waren nicht etwa im Kindergarten oder in der Schule – sie mussten arbeiten.
In der Region werden Kinder von Fischern als Sklaven gehalten. Sie müssen hart mitanpacken – und das bis zu 14 Stunden täglich, Misshandlungen sind an der Tagesordnung. Viele der Kinder werden von ihren Eltern an die Fischer verkauft – meist aus Geldnot. Bettina Landgrafe wollte etwas gegen die moderne Sklaverei tun. Nachdem ihre freiwillige Arbeit in einer Buschklinik in Apewu 2001 beendet war, kehrte sie nach Deutschland zurück. Dort hielt es sie aber nur für kurze Zeit. Die nutzte sie, um Spenden zu sammeln und mit frischer Energie nach Ghana zurückzukehren.
Über 110 Kinder aus der Sklaverei befreit
Bettina Landgrafe gründete den Verein „Madamfo Ghana“, zu Deutsch „Freunde Ghanas“, und konnte so in den vergangenen 15 Jahren nicht nur Brunnen errichten, sondern auch Kindergärten, Schulen und Krankenstationen bauen. Sie entwickelt Selbsthilfe-Projekte und hilft Familien mit der Vergabe von Mikorkrediten. Bis heute befreite sie bereits mehr als 110 Kinder aus der Sklaverei.
Für ihr Engagement wird die gebürtige Hagenerin nun mit der „Goldenen Bild der Frau“ ausgezeichnet. Den Preis verleiht die Frauenzeitschrift „Bild der Frau“ der Funke Mediengruppe jedes Jahr an Frauen, die sich in sozialen Projekten engagieren. Die Verleihung findet bereits zum elften Mal statt.
„Goldene Bild der Frau“-Preisträgerinnen
Landgrafe lebt seit 2010 komplett in Ghana
Das Engagement der Hagenerin ist groß. Seit 2010 lebt sie sogar komplett in Ghana. Dort werde sie gebraucht, wie sie sagt. Für die Einheimischen ist sie eine Königin, die weiße Nana, die Mutter des Stammes. Um eine Nana zu werden muss man entweder in eine ghanaische Adelsfamilie geboren werden oder man wird für seine persönlichen Verdienste zur Nana ernannt.
Die Ghanaer schätzen die Entwicklungsarbeit der 40-Jährigen sehr. „Einen Brunnen zu bauen oder einen Kindergarten stößt immer auf Wohlwollen“, sagt Landgrafe. Das trifft aber nicht auf alle Tätigkeiten des Vereins zu. „Kinderhandel zu thematisieren und in den Fokus zu rücken, das ist dann schon etwas anderes. Da werden wir auch angefeindet, verleumdet und bedroht. Da muss man schon ein breites Kreuz haben“, berichtet sie.
Landgrafe lässt sich nicht entmutigen
Entmutigen lassen sich Landgrafe und ihr Team aber nicht. „Wir fokussieren uns auf die Kinder und die Menschen, die unsere Hilfe benötigen und auf die Dörfer und Einwohner, die gemeinsam mit uns eine bessere Zukunft gestalten wollen.“
Vor allem das „Madamfo Ghana“-Team, mit dem sie teils schon seit 16 Jahren zusammenarbeitet, ist eine wichtige Kraftquelle für die 40-Jährige. „Wir arbeiten im Team, Seite an Seite, das gibt Kraft und Mut“, sagt sie.
Von der Auszeichnung berührt
Die Auszeichnung der „Goldenen Bild der Frau“ ist für Landgrafe und ihr Team in Ghana sehr bewegend. „Es mag sich wie eine Floskel anhören, aber unsere Arbeit wird durch das Fundament der Mitarbeiter von „Madamfo Ghana“ und den Menschen getragen, die mit uns das Projekt realisieren. Wir freuen uns sehr, dass dieses Engagement und gemeinsame Streben nach Verbesserung so gewürdigt wird“, freut sich die Gründerin des Vereins.
Obwohl sie in den vergangenen Jahren bereits viel erreicht hat, ist noch eine Menge zu tun. Wir haben den Leitspruch: ‚so little done, so much to do‘“, erzählt sie. „Bei uns kann man sehen, dass man mit kleinen Schritten, Willenskraft und Mut sehr viel bewegen kann.“
Das sind die anderen Preisträgerinnen:
Ninon Demuth macht mit ihrem Verein Fremde zu Freunden
Anja Gehlken macht das Leben von Schlaganfall-Kindern bunter
Barbara Stäcker gibt Krebspatienten Mut und Selbstbewusstsein
Julia Cissewski will Orang-Utans vor dem sicheren Tod bewahren