London. Der Streit um das Leben des todkranken Säuglings Charlie Gard bewegte Menschen weltweit. Jetzt haben seine Eltern den Kampf aufgegeben.

Die Eltern des schwerkranken britischen Säuglings Charlie Gard haben den juristischen Streit um das Schicksal ihres Kindes aufgegeben. Das sagte ein Anwalt der Eltern am Montag in London. Die schlimmsten Befürchtungen der Eltern bezüglich des Gesundheitszustandes des Kindes hätten sich bestätigt, sagte der Anwalt: „Es ist jetzt zu spät, Charlie zu behandeln.“

„Es tut uns so leid, dass wir dich nicht retten konnten“, sagte Mutter Connie Yates unter Tränen. So viel Zeit sei verschwendet worden. Etwa fünf Monate lang hatte sie gemeinsam mit ihrem Mann vor mehreren Gerichten um das Schicksal ihres Babys gekämpft.

Schwere, irreparable Hirnschäden

„Unser Sohn musste monatelang im Krankenhaus ohne Behandlung liegen“, sagt der Vater schluchzend nach dem Termin im High Court. „Charlie ist ein Kämpfer.“ Die jüngsten Untersuchungsergebnisse hätten jedoch gezeigt: Es sei es zu spät, Charlie zu behandeln. Sein Gehirn weise schwerste, irreparable Schäden auf. Wütende Unterstützer der Eltern beschimpften nach der Erklärung der Eltern vor dem Gericht die Justiz und Charlies behandelnde Ärzte: „Schämt euch!“.

Charlie leidet an einer seltenen genetischen Erkrankung, in der Fachsprache mitochondriales DNA-Depletionssyndrom (MDDS), wobei insbesondere das Gehirn in Mitleidenschaft gezogen wird. Die Folge der schweren Krankheit: Das elf Monate alte Kind hat nach Angaben seiner Ärzte keine normale Hirnfunktion mehr. Die Muskeln sind stark geschwächt; Charlie kann sich nicht bewegen. Er muss künstlich beatmet und ernährt werden, ist gehörlos und hat epileptische Störungen.

Die Ärzte wollten einen Tod in Würde

Charlies britische Ärzte im Londoner Great-Ormond-Street-Krankenhaus hatten sich dafür ausgesprochen, dass der Junge in Würde sterben soll. Seine Eltern wollten ihn dagegen für eine experimentelle Therapie in die USA bringen. Sie hatten dafür bereits rund 1,5 Millionen Euro an Spenden gesammelt, um den Krankentransport und die Behandlung finanzieren zu können.

Allerdings: Die Behandlung hätte Charlie nicht heilen können. Die Aussicht auf ein bisschen Besserung seines Leidens schätzte ein Experte von der Columbia University in New York auf nur zehn Prozent. Zudem ist die Therapie noch nie im Tierversuch oder bei Menschen angewandt worden, die ebenso wie Charlie eine RRM2B-Genmutation hatten.

Weltweite Anteilnahme

Der Fall hatte international Schlagzeilen gemacht, sogar Papst Franziskus und US-Präsident Donald Trump hatten sich dazu geäußert. Krankenhäuser in den USA und Italien hatten angeboten, Charlie weiter zu behandeln.

Das Great-Ormond-Street-Krankenhaus klagte zuletzt über Belästigungen und sogar Morddrohungen durch Unterstützer der Eltern gegen Ärzte und Krankenschwestern. Davon distanzierten sich Charlies Eltern am Montag aber eindeutig: Sie duldeten weder Drohungen noch beleidigende Bemerkungen. (dpa)