Reykjavik. Die robusten Island-Pferde eignen sich auch für Reitanfänger. Wem es auf der Insel zu kalt ist, der wärmt sich in heißen Quellen auf.

Auf Bogis Rücken sitzt es sich angenehm. Der Ritt ist so gemütlich, dass sich in einer Hand ein gefülltes Wasserglas halten ließe, ohne dass der Inhalt verschüttet. Bogis (sprich: Boojees) Geheimnis – er ist ein Islandpferd und somit ein Naturtölter. Der Tölt ist ein Viertakt und für den Reiter sehr angenehm, weil nahezu erschütterungsfrei. Den Trick mit dem Glas Wasser zeigen Isländer gern bei ihren sogenannten Horseshows, wenn sie ihre Pferde den Touristen präsentieren.

Der Wind peitscht, der Regen prasselt. Die Hände sind trotz der Handschuhe kalt. Zehn Grad, Starkregen und dennoch draußen unterwegs. Willkommen in Island! Aber in der Ölkleidung, die der Reitbetrieb Eldhestar bereitstellt, lässt sich das nordische Wetter aushalten. Und Bogi, Ella, Nökkvi und die anderen Pferde auf diesem kleinen Ausritt kämpfen sich tapfer durch das Mistwetter.

Bleibt die Gruppe beim Ritt über die Wiesen stehen, weil Tourguide Marianne Gießwein ein Gatter öffnen muss, nutzen die Pferde diesen kleinen Stopp. Sie wissen, Wind und Regen zu trotzen, und stellen sich mit ihren breiten Hintern einfach gegen den Wind.

Die Ausritte heißen „Elfentour“ oder „Zauber der Landschaft“

Die Eldhestar-Farm mit Hotel des Isländers Hródmar Bjarnason hat 350 Pferde. Das Unternehmen gehört zu den großen Anbietern auf der Insel und veranstaltet seit 1986 Trekkingtouren per Pferd. Die 40 Ausritte haben so einladende Namen wie „Zauber der Landschaft“, „Die Elfentour“ oder „Pferde und heiße Quellen“.

Manche Ausritte dauern ein bis zwei Stunden, andere führen an Vulkanen und Gletschern vorbei, gehen durchs Hochland und dauern sieben Tage. Wer sicher im Sattel sitzt und auch im Galopp bergab reitet, kann beim jährlichen Schafabtrieb dabei sein, wenn Islands Schafe in ihre Winterquartiere gebracht werden. Definitiv nichts für Anfänger.

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Erfahrene und ruhige Pferde für Anfänger

Heute aber steht lediglich ein kurzer Ausritt mit den Anfängerinnen Lea aus Hamburg und Birgit aus München auf dem Programm. Lea saß zuletzt als Kind auf einem Pony, Birgit ist noch nie geritten. Für sie gibt es erfahrene und ruhige Pferde. Und die Reitnovizen schlagen sich wacker. Schon nach kurzer Zeit fragt Marianne: „Wollen wir ein bisschen schneller reiten?“ Ja, na klar. Und ab geht es im Tölt durch die Graslandschaft.

Typisch Island: Auf der größten Vulkaninsel der Welt gab es zunächst Reit- und erst später Wanderwege. „Die Pferde haben immer Vorrang“, sagt Marianne, die wie so viele der internationalen Helfer auf den Farmen als Reitermädchen in jungen Jahren nach Island gekommen war, um in den Schulferien zu arbeiten.

Seit 1999 lebt die Reiseleiterin in ­Island, und wenn die Österreicherin von dem Land und den Pferden berichtet, gerät sie ins Schwärmen. „Ich mag das Ursprüngliche. Die Islandpferde haben sich ihre Stärke und ihren besonderen Charakter erhalten.“ In Island, sagt sie, lebt man mit der Natur. Mit Geologie und Vulkanismus kennt sie sich ebenso gut aus wie mit den Islandpferden.

Auf der Insel leben viele Ponys noch frei und wild

Das Besondere an denen ist die fünfte Gangart, der Tölt. „Anderen Pferderassen wurde das im Laufe der Zeit weggezüchtet, weil der Tölt nicht geeignet ist, um Kutschen zu ziehen“, erzählt Marianne, die einen dicken Pullover aus Islandwolle unter der Regenjacke trägt. Genau das Richtige bei diesem Wetter.

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    Die Wikinger brachten die kleinen Pferde – sie haben ein Stockmaß von rund 1,40 Metern – mit. Auf der Insel leben derzeit noch 80.000 Tiere. Die meisten frei und wild. Auf vier Einwohner kommt etwa ein Pferd. Das Beson­dere: Die Pferde werden nicht geimpft. Verlässt ein Tier die Insel, darf es niemals zurückkehren, weil die Gefahr zu groß ist, Krankheiten einzuschleppen. Außerdem soll die Rasse rein bleiben. Ganz wichtig: „Es sind Pferde, keine Ponys“, sagt Marianne. Ponys seien etwas für Kinder. In Island reiten sie viele Männer, auch wenn es lustig aussieht, wie die großen Kerle mit ihren ausgestreckten Beinen auf den kleinen Pferden sitzen.

    So wie Knútur Rafn Ármann. Der Vater von fünf Kindern besitzt wie so viele Isländer auch Pferde und züchtet diese. Den Touristen, die meisten kommen aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den USA und China, präsentieren er und seine Helfer Pferdeshows in 14 verschiedenen Sprachen. Nelly Bubenheim aus Hamburg hilft zurzeit auf dem Hof aus. Für immer will die 30-Jährige nicht in Island bleiben. „Island ist toll, aber auch weit weg vom Rest der Welt. Der Brexit, der hat hier niemanden interessiert.“ Als Politikwissenschaftlerin würde ihr der Blick über den Tellerrand auf Dauer fehlen.

    17 Stunden am Tag leuchten in den Glashäusern die Lampen

    Neben den Ställen hat Knútur Rafn Ármann Gewächshäuser stehen. Der Landwirt baut mit seiner Frau Elena Hermundardóttir Tomaten an, außerdem Paprika, Blumen, Gurken und Pilze, und zwar das ganze Jahr über in vier großen Gewächshäusern. Auch im langen, dunklen Island-Winter. Gäbe die Regierung mehr Subventionen für die Energiekosten, würde Knútur Rafn Ármann noch weitere Gewächshäuser bauen und seine Firma Fridheimar erweitern. Immerhin: Das 95 Grad heiße Wasser zum Beheizen stammt aus geother­malen Quellen und ist umsonst.

    Der Strom für die Beleuchtung nicht. Immerhin 17 Stunden am Tag leuchten in den Glashäusern die Lampen. An einem trüben Regentag sind die Gewächshäuser daher schon von Weitem zu sehen, warm und heimelig ist es drinnen. Es ist ein „verstecktes Paradies“, sagt Mitarbeiterin Jónína bei einer Tour durch die Gewächshäuser. Dass die Isländer Gemüse essen, ist noch gar nicht so lange eine Selbstverständlichkeit. „Früher gab es nur Fleisch, Kartoffeln und Fisch – und manchmal Tiefkühlgemüse“, sagt Jónína.

    Die Hummeln für die Bestäubung der 10.000 Tomatenpflanzen werden aus den Niederlanden importiert. 2000 Blüten am Tag schaffen die 600 aktiven Insekten. Frischer geht es nicht: Was heute geerntet wird, ist am selben Tag in einem isländischen Supermarkt. Exportiert wird nicht. Und aus den Tomaten, die nicht verkauft werden, wird Tomaten­suppe gekocht und vor Ort im Café verkauft. Nachhaltigkeit wird großgeschrieben.

    Entspannung für die Muskulatur finden Reiter in einem Hot Pot

    Der Besuch eines Gewächshauses, dazu eine heiße Suppe für 2290 isländische Kronen (umgerechnet etwa 15 Euro), ist eine Möglichkeit sich aufzuwärmen. Aber die Isländer haben noch mehr zu bieten, wenn es darum geht, es warm und behaglich zu haben.

    Sie steigen gern in Hot Pots. Ein Hot Pot (auf Isländisch „heitur pottur“) ist eine natürliche oder künstliche Badegelegenheit, ein Freiluftpool und ein Segen. Häufig werden die Hot Pots von heißem Thermalwasser gespeist – bei angenehmen 39 bis 41 Grad lassen es sich die Isländer darin gut gehen.

    Mit Glück sieht man Nordlichter, während man badet

    Hot Pots gibt es ganz natürlich in der Landschaft, in den Freibädern, in den Gärten der Wohnhäuser, auch der Reiterhof Eldhestar hat solche Hot Pots. Mit etwas Glück lassen sich bei einem Bad Nord­licher am Himmel sehen. Nach dem Ausritt entspannt das heiße Wasser ungemein. Vielleicht gab es deshalb nur einen ganz kleinen Muskelkater am nächsten Tag.

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    Wasser, egal ob eiskalt, als Dampf oder kochend heißt, gibt fast überall den Ton an. Die heißen Quellen werden auch zum Kochen und Backen genutzt. Es gibt Hotels wie das Frost and Fire in Hveragerdi mit eigener Quelle vor der Tür, eingebettet in diese mys­tische Landschaft mit den moosbewachsenen Hügeln und dem aufsteigenden Dampf.

    Sollte sogleich eine Elfe hinter dem Hügel auftauchen – das würde nicht verwundern. Das Hotelrestaurant bereitet unter anderem Fleisch, Suppen und Soßen in der eigenen heißen Quelle zu. „Unsere Gäste lieben es, dort morgens ihr Frühstücksei zu kochen, und wir backen unseren Kuchen darin“, sagt Hotelchefin Emma Gullbrandson. Kleiner Haken daran: Die Temperaturen variieren, so dass man nie genau weiß, wann das Ei, wann der Kuchen fertig ist.

    Trubelig wird es rund um den Wasserfall Gulfoss

    Besonders beeindruckend ist das Nass ­allerdings, wenn es genau senkrecht herabstürzt. So wie beim wohl bekanntesten Wasserfall des Landes, dem Gulfoss – dem „goldenen Wasserfall“. Das mag er bei Sonnenschein sein. Heute regnet es wieder einmal in Strömen.

    Der Gulfoss liegt im Südwesten, in der Nähe der heißen Quellen und Geysire des Haukadalur. Über zwei gewaltige Kaskaden stürzt das Wasser des Gletscherflusses Hvítá in eine 2,5 Kilometer lange und 70 Meter tiefe Schlucht. So einsam die Insel sein kann, so still und beschaulich, wenn man mit dem Pferd ausreitet, so trubelig wiederum ist es hier.

    Ein Muss jeder Island-Reise: der Golden Circle

    Ganze Busladungen mit Touristen werden herangekarrt. Die Felsentreppen rund um den imposanten Wasserfall sind voller Menschen, die mit Selfiestick und Handykamera, mit Tablets ihre Fotos machen. In den ver­gangenen Jahren sind die Touristenzahlen auf der Insel angestiegen. Rund 1,8 Millionen Besucher kamen 2016 – das sind rund 500.000 mehr als im Vorjahr. Es lohnt sich trotz der vielen Menschen – das Naturspektakel bleibt beeindruckend.

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      Mit dem Auto dauert es nur zehn Minuten bis zur nächsten Attraktion, dem bekann­testen Heißquellengebiet mit dem Großen Geysir, Namensgeber aller Springquellen. Es riecht nach Schwefel. Alle fünf bis zehn Minuten schießt kochend heißes Wasser empor. Die Versuchung, bei diesen nasskalten Bedingungen die Hände in das Wasser zu halten, ist groß. Aber Schilder warnen genau davor: Verbrennungsgefahr!

      Gulfoss und Geysir gehören zur Golden-Circle-Tour, einem Muss jeder ­Island-Reise. Hinter Reykjavík erstreckt sich eine der eindrucksvollsten Panoramastrecken Europas – an einem Tag geht es vorbei an heißen Quellen und Vulkankratern.

      „Vulkanische Kontraste“ heißt eine Reittour mit Bad in einem heißen Fluss. Beim nächsten Mal. Dann auch im Galopp.

      Tipps & Informationen

      Anreise z. B. Icelandair fliegt neu von Tegel nach Island, Wow Air fliegt ab Berlin-Schönefeld.

      Wohnen Frost & Fire Hotel in Hveragerdi im Süden der Insel, ein DZ ab 23.900 isländischen Kronen (ca. 191 Euro), www.frostogfuni.is.

      Wohnen und Reiten Eldhestar, DZ ab umgerechnet ca. 105 Euro in der Nebensaison. Einstündiger Ausritt ca. 64 Euro. www.eldhestar.is; Efstidalur in Blaskogabyggd, DZ ab 140 Euro, www.efstidalur.is

      (Die Reise erfolgte mit Unterstützung durch Island Pro Travel.)