Braunschweig. Niedersächsische Forscher sehen die Pflanze als wichtige Ergänzung zum Mais. Imker hoffen, dass Bienen sich an ihr für den Winter stärken.

Ist die „Durchwachsene Silphie“ der neue Star in der Landwirtschaft? Zumindest fällt der Name dieser aus der nordamerikanischen Prärie stammenden Pflanze immer häufiger, wenn es um erneuerbare Energien und um eine nachhaltige Landwirtschaft geht. Forscher wie Jens Dauber vom Thünen-Institut für Biodiversität in Braunschweig sehen in der Pflanze eine gute Ergänzung zu dem in Verruf geratenen Mais. Vor allem, weil ein Projekt mit 15 verschiedenen Praxisbetrieben in Niedersachsen erfolgreich verlief.

„Deutschland setzt stark auf Biogas. Dabei ist der Mais die Pflanze der Wahl, weil er sich in den Biogasanlagen gut vergären lässt“, sagt Dauber. Der Silomais liefere sehr hohe Biomasse und einen sehr hohen Methanertrag, erklärt der Wissenschaftler. Durch diese Vorzüge sei der Anbau aber in manchen Gebieten überproportional gestiegen. „Da, wo er dominiert, bekommen wir langfristig Probleme mit der Bodenfruchtbarkeit, weil der Mais eine Humus zehrende Pflanze ist“, begründet Dauber. Außerdem könne er die Erosion fördern und es gebe zum Teil Probleme mit dem Grundwasser. „Mais ist in Verruf, weil er für die Biodiversität wenig bietet“, fasst der Wissenschaftler zusammen.

Die Silphie, wegen ihrer Form auch Becherpflanze genannt, könne je nach Standort ähnliche Biomassen erzeugen und komme an eine vergleichbare Methanausbeute heran. Dazu verweist Dauber auf ökologische Vorteile wie eine verbesserte Bodenfruchtbarkeit durch weniger Bearbeitung. Dadurch gebe es wieder mehr Regenwürmer. Die dicht wachsende Pflanze sorge auch für eine dauerhafte Bodenbedeckung und mindere so die Erosion. Für Dauber ist Silphie aber keine Konkurrenz zum Mais, sondern vielmehr eine sinnvolle Erweiterung.

So sieht man es auch im Landwirtschaftsministerium in Berlin. Silphie könne als Ergänzung zum Silomais einen Beitrag zur Anbau-Diversifizierung bei der Biomasse und damit zur Vermeidung negativer ökologischer Effekte von Monokulturen leisten. Als Energiepflanze also eine echte Alternative für die nach Ministeriumsangaben rund 9000 Biogasanlagen in Deutschland.

Für das Fachpublikum ist das Silphie-Potenzial nicht ganz neu. Sie kommt schon lange auch in Europa vor, etwa als einfache Zierpflanze. Versuche in Osteuropa, sie als Tierfutter zu etablieren, scheiterten. Außer den erfolgreichen Tests in Niedersachsen leistet in Thüringen die Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL) seit einigen Jahren Pionierarbeit im Versuchsanbau. In Baden-Württemberg wird der Durchbruch der Silphie vom Energiepark Hahnennest weiter forciert. Dort wird ein Gesamtpaket mit dem Namen „Donau-Silpie“ vermarktet und in diesem Jahr nach eigenen Angaben auf mehr als 1000 Hektar bundesweit gesät.

Für die Verwendung zur Energiegewinnung warnt Wissenschaftler Dauber davor, von einer Wunderpflanze zu sprechen. Daraus entstehe oft eine Mythenbildung. „Dann werden auf einmal Pflanzen gesucht, die kein Wasser und kein Nährstoff brauchen und trotzdem überall ganz toll wachsen.“ Langfristig werde meist festgestellt, dass die Pflanzen keine Wunder vollbringen. Der Anbau solch junger Pflanzen sollte nicht überschätzt werden, weil die langfristigen Erfahrungen fehlen. Auch beim Silphie-Anbau gebe es durchaus offene Fragen. Etwa ob bei intensiver Bewirtschaftung doch mehr Pflanzenschutz nötig werde? Ungeklärt sei auch die Umweltwirkung, was die Invasibilität der Pflanze, also ein ungewolltes Aussamen und Ausbreiten in der Landschaft betrifft. Dauber erwähnt auch, dass Silphie nicht genau die Erträge erreicht wie der Mais, weder bei der Biomasse, noch bei Methan. In einer Landwirtschaft, in der es auch um Gewinnmaximierung geht, sicherlich ein wichtiger Aspekt.

Nach Auffassung des Deutschen Maiskomitees (DMK) sollten Kulturpflanzenarten prinzipiell nicht in „gut“ oder „schlecht“ eingeteilt werden. Es komme darauf an, ob sie in einem nachhaltigen Anbausystem etabliert sind, sagt DMK-Sprecherin Susanne Kraume. Wenn die Verwertung von pflanzlicher Biomasse in Biogasanlagen dazu führe, dass sich das Spektrum für die Landwirte erweitere und neue Pflanzenarten wie die Silphie einen Platz in der Agrarlandschaft finden, sei das sehr begrüßenswert.

Was die Silphie auf jeden Fall auszeichnet, ist die Blüte. Das satte Gelb leuchtet etwa von Juli bis zur Ernte im September. Damit liefert Silphie den Imkern eine Antwort, die nach Blüten in der Landschaft in diesem Zeitraum fragen. Der Deutsche Imkerbund (DIB) bewerbe die Pflanze seit zehn Jahren in der Politik und vor allem in der Landwirtschaft, sagt DIB-Präsident Peter Maske. Die Silphie diene den Honigbienen als ideale Nahrung von Pollen und Nektar bis in den September. „Gerade in dieser Zeit bekommen Blütenbesucher in der Agrarlandschaft fast keine Nahrung“, betont Maske. Er fordert deshalb, dass der Anbau in den nächsten Förderleitlinien der EU ab 2020 zu den „ökologischen Vorrangflächen“ zählt, damit auch entsprechend große Flächen angebaut werden. dpa