Bagan. Ballonfahrten sind beliebt – bei Betrachtern am Boden wie bei Mitreisenden. Weltweit kann man mit heißer Luft mit den Wolken schweben.

Der Mond steht noch klar am Himmel über Bagan, als die Ballonfahrer am Startplatz eintreffen. Es ist ein sehr ­früher und angenehm frischer Tropenmorgen im heiligen Herzen von Myanmar, dem alten Burma. Drei riesenhafte Hüllen liegen ausgebreitet am Boden. Während sie von einem Helferteam in knapp zehn Minuten zu prall-bunten Heißluftvehikeln aufgeblasen werden, rötet sich im Osten der Horizont. Eine Viertelstunde später hat das Tageslicht die Scheinwerfer ausgeknipst, die eben noch die goldene Kuppel der Shwezigon-Pagode, der heiligsten von Bagan, anstrahlten.

Mark gehört zu den erfahrensten Ballonpiloten. Seit Jahrzehnten gleitet der Engländer über die grünen Hügel seiner Heimat und nun auch schon ­jahrelang über die gelbbraune Ebene von Bagan, aus der so viel steingewordene Gläubigkeit und Schönheit leuchtet. Jeden Tag im Winterhalbjahr fährt er über dieses eindrucksvolle Tempelfeld, noch immer hat er das Staunen nicht der Routine geopfert. Jetzt aber erklärt der Veteran die Sicherheitsregeln, flößt Vertrauen ein, zeigt, wie man den Korb entert, demonstriert, wie man sich bei der Landung verhält, nämlich in die Hocke gehen, um mögliche Stöße abzufangen, und erinnert daran: „Immer auf meine Anweisungen hören!“

Die Fahrt mit dem Ballon gehört zu den Höhepunkten einer Myanmar-Reise

Die Fahrt mit dem Ballon über ­Bagan und seit einiger Zeit auch über Mandalay oder den Inle-See gehört zu den Höhepunkten einer Myanmar-Reise. Billig ist so ein Erlebnis nicht: mindestens 330 Dollar pro Person kostet der einstündige Spaß; die meisten Reisenden sind der Meinung, dass dieses Erlebnis den Preis wert ist, und beschreiben es als unvergesslich.

Seit drei Jahren ist der Himmel vor allem über Bagan bunt geworden. Mindestens ein Dutzend Ballons steigt dort im Winterhalbjahr – zwischen Oktober und April – an fast jedem Morgen auf, und das traditionelle Sektfrühstück nach der Landung wird nicht selten als hektisch und dürftig beschrieben. Da belebt Konkurrenz zum rechten Zeitpunkt das Geschäft. Wo viele Jahre Balloons over Bagan dominierte, haben sich gleich mehrere neue Firmen eta­bliert. Einige wie Oriental verlangen etwa 400 Dollar, dafür sind ihre Körbe nur mit vier oder sechs Passagieren gefüllt.

Mehr als zehn Gäste sollten sich ­ohnehin nirgendwo einen Korb teilen, besser: maximal acht, ob in Myanmar oder in anderen beliebten Himmelfahrtsregionen wie Namibia, Kappa­dokien, Arizona, im Outback von Aus­tralien oder in Château-d’Oex. In diesem kleinen Ort in der Schweiz mit lediglich 3000 Einwohnern treffen sich jedes Jahr im Januar an die 100 Ballonfahrer aus aller Welt.

Niemand muss Höhen- oder Flugangst fürchten

Bemannte Ballons nutzen den sta­tischen Auftrieb heißer Luft, in der Regel von Propan- oder Butan-Gasbrennern erzeugt. Aber warum gilt es nahezu als Todsünde, vom Fliegen anstatt vom Fahren eines Ballons zu sprechen? Vielleicht deswegen: Als die Brüder Montgolfier um 1780 die ersten Heißluft­ballons, anfangs ohne Menschen im Korb, in die Lüfte schickten, gab es noch keine Flugzeuge; der Sprachgebrauch orientierte sich an der Schifffahrt. Daraus wurde ein Leckerbissen für Besserwisser, der heute aber nicht mehr richtig zündet. Inzwischen weiß es jeder: Ein Ballon fährt – und zwar ausschließlich mit dem Wind.

Nicht jeder Premierengast steigt ohne Herzklopfen in den Korb. Dabei muss niemand Höhen- oder Flugangst fürchten. Auch Turbulenzen sind nicht zu erwarten, denn die Piloten, wie sich auch die professionellen Ballonfahrer nennen, starten nur bei guten Wind- und Wetterverhältnissen. An das heftige Zischen und das feurige Fauchen zu Anfang und in Abständen zwischendurch gewöhnt man sich schnell. Leider hat es auch schon tödliche Ballonunfälle gegeben; auf die Zeit und die Teilnehmerzahl umgerechnet aber weit weniger als im Luftverkehr. 2016 sind laut Braunschweiger Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen (BFU) 99,9 Prozent aller Ballonfahrten in Deutschland pro­blemlos verlaufen.

Zum Ritual gehört mancherorts eine Taufe an Bord

Deshalb werden auch hierzulande Ballonfahrten immer öfter zu besonderen Anlässen verschenkt. Das Motto heißt „Einmal in aller Ruhe die Heimat von oben bestaunen“. Das ist in vielen Regionen möglich, in Bayern, an Rhein und Ruhr, an Küsten und Seen und über Städten wie Hamburg und Berlin. Kinder dürfen übrigens erst ab einer Körpergröße von etwa 1,30 Metern mitfahren; sie müssen auf jeden Fall über den Korbrand sehen können.

Zum Ritual einer Ballonfahrt gehört mancherorts eine „Taufe“ an Bord, oft aber eine Urkunde und das traditionelle Frühstück nach der Landung, mal mit Sekt, mal mit Champagner, mal, wie in Namibia üblich, mit einem Klapptisch, auf dem Brötchen, Butter, Käse, Marmelade und Eier stehen. Man schaut zu, wie die Hülle wieder verpackt, der Korb auf einen Unimog gehievt und festgezurrt wird, prostet sich gegenseitig und dem Piloten zu und ist sich einig: Es war ein großes Abenteuer, womöglich sogar „once in a lifetime“, einmalig im Leben.

Tipps: Die weltweit schönsten Ballonreviere

• In Asien
Kappadokien: Bis zum Rückgang des Türkei-Tourismus war das Land der bizarren Kegel und Feenkamine ein beliebtes Ballonziel, allerdings mit häufig großem Andrang, zu vielen Passagieren pro Korb, zu vielen Ballons. Das mag sich geändert haben. Zu den seriösen Anbietern gehört Anataolian Balloons. Einstündige Fahrt ab 150 Euro pro Person, anatolianballoons.com.

Myanmar: Gut einstündige Himmelfahrt über das Pagodenfeld von Bagan, Abstecher an den Strom Irrawaddy, die Lebensader des Landes. Saison: Anfang Oktober bis Ende Januar, Körbe für acht bis 24 Passagiere. Preise beim erfahrensten Anbieter ab 340 Dollar, www.balloonsoverbagan.com.

Indien: Reizvollstes Revier ist die Provinz Rajasthan. Eine Stunde über Städte wie Jaipur und Udaipur, über Paläste und Wüsten. Von September bis Juni. Maximal acht Personen teilen sich einen Korb. Preis: ab ca. 260 Euro, ­Buchung über Tischler-Reisen, Tel. 08821/93 17 40, www.tischler-reisen.de.

China: Fahrten über die Große Mauer werden oft wegen Dunst abgesagt oder sind überbucht. Schönstes Revier ist der Li-Fluss in der Provinz Guilin. Für vier bis acht Per­sonen – ab 160 Euro pro Person, www.chinareisedienst.de/guilin/ballonfahrt.htm.

• In Australien

Northern Territory: Das Outback um Alice Springs ist das beliebteste Ballonrevier des roten Kontinents. Dort werden von Dezember bis März halbstün­dige Touren ab ca. 200 Euro und einstündige Fahrten ab ca. 260 Euro angeboten. Buchung über Kangoroo Tours, www.kangaroo-tours.de.

• In Afrika

Serengeti: Über die berühmteste Steppe Ostafrikas zu schweben, gehört zu den Ballonklassikern in Afrika. Die Firma Serengeti Balloon Safaris bietet Körbe für acht, zwölf und 16 Passagiere an. Die Saison ist fast ganzjährig; die Kosten sind ähnlich hoch wie in an­deren Ferndestinationen und abhängig von der Teilnehmerzahl, www.­balloonsafaris.com.

Namibia: Auch ein Klassiker ist die Fahrt über die Dünen von Sossusvlei. Viel gelobt, aber teuer ist der Anbieter Namib Sky Balloon: 400 Euro pro Person. Die Touren dauern allerdings mit Abhol- und Rückfahrtservice zur Lodge und stilvollem Frühstück drei bis vier Stunden, balloon-safaris.com.

• In Amerika

USA/Kalifornien: Beliebt sind Touren über das sanft hügelige Weingebiet ­Napa Valley – ideal im Frühjahr und Spätsommer. Preis ab ca. 240 Dollar, napavalleyballoons.com.

Chile: Auch das Valle da la Luna (Mondtal) gehört zu den spektakulärsten Landschaften der Erde. Viele Südamerika-Veranstalter bieten Fahrten im Rahmen von Chile-Rundreisen an. Individuell buchen lässt sich eine solche Tour unter anderem bei Viator, Preis für eine dreistündige Tour mit Abhol­service: ca. 230 Euro.

• In Europa
Loire-Region: Hier dürfen Ballonfahrer viele Schlösser und viel Natur erwarten. Das dreistündige Abenteuer kostet ab ca. 210 Euro, www.france-voyage. com.

Mallorca: Ja, sogar Malle lässt sich sanft und gemütlich von oben betrachten, für 700 Euro exklusiv für zwei Personen. Auch über Palma kann man schweben: 600 Euro für zwei Personen, www.mallorcaballoons.com.

• In Deutschland
In großen Städten und Ferienregionen gibt es Ballonvergnügen: in Hamburg z. B. vom Ballonteam, ab ca. 180 Euro, www.ballonteamhamburg.com; in Berlin u. a. Ballonreisen Schäfer, ab 380 Euro für zwei Personen, www.ballonreise.de; Logenplätze am Himmel über Rhein und Ruhr verspricht Ballonfahrt.de, z. B. Romantiktouren für zwei für 388 Euro, www.ballonfahrt.de.

• Festivals

Am berühmtesten sind die Events in Château-d’Oex in der Schweiz, die vom 20. bis 28. Januar 2018 das 40. Mal stattfinden, und in Albuquerque in den USA.