Braunschweig. Dr. Gunter Wilhelm vom Klinikum Wolfsburg sieht keinen Grund dafür, dass Sportler Nahrungsergänzungsmittel einnehmen.

Hobby- und vor allem Leistungssportler setzen ihren Körper besonderen Anforderungen aus. Aber heißt das auch gleichzeitig, dass die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln deshalb zwingend notwendig ist? Henning Thobaben fragte dazu Dr. Gunter Wilhelm, Leiter der Abteilung Sportmedizin/Sporttraumatologie am Klinikum Wolfsburg und Mannschaftsarzt des VfL Wolfsburg, der zusammen mit Dr. Volkmar Nerreter, Leitender Oberarzt der Medizinischen Klinik des Herzogin Elisabeth Hospitals in Braunschweig, die Fragen beantwortete.

Herr Dr. Wilhelm, wer sich gesund ernährt, braucht keine Pillen und Pülverchen – gilt das auch für Sportler?

In unseren Breiten gibt es ein Überangebot aller Nahrungsbestandteile, so dass nicht der Mangel das Problem darstellt, sondern die richtige Zusammensetzung. Eine sinnvolle Sportlerernährung sollte zu ungefähr 75 Prozent aus Kohlenhydraten, zu 15 Prozent aus Eiweiß und nur zu zehn Prozent aus Fett bestehen. Eine bekannte Studie belegt, dass es keine Beweise dafür gibt, dass Supplementierungen einer ausgewogenen und gesunden Ernährung gegenüber Vorteile bringen. Als Sportler sollte man sich über eine ausgewogene Ernährung informieren oder beraten lassen.

Wie ist es mit Sportlern, die sich

vegetarisch oder vegan ernähren?

Das Problem bei der vegetarischen und erst recht der veganen Ernährung ist die Eiweißzufuhr. 15 bis 25 Gramm Eiweiß nach jeder Trainingseinheit sind hilfreich für Aufbau und Reparaturmechanismen der Muskulatur. Selbstverständlich kann diese Eiweißzufuhr beispielsweise auch durch Sojaprodukte sichergestellt werden. Es bedarf hier aber einer sehr überlegten Auswahl der Nahrungsmittel, da auch die Eiweißzusammensetzung von Bedeutung ist. Auch hier ist eine fachkundige Beratung sinnvoll.

In Bezug auf den Muskelaufbau werden Sportlern oft Eiweißpräparate ans Herz gelegt. Was halten Sie von diesen Produkten?

Untersuchungen zeigen, dass selbst bei Sportlern im Kraftsport oder Langstreckenlauf die täglich mit der Nahrung aufgenommene Eiweißmenge über dem tatsächlichen Bedarf liegt. Und: Jemand, der körperlich hart arbeitet oder trainiert, bekommt auch mehr Hunger und isst mehr. So führt er dem Körper auch genug Eiweiß zu. Zu viel Eiweißpulver oder zu viele Eiweißriegel zu sich zu nehmen, kann schädlich sein. Bei zu geringer Flüssigkeitszufuhr drohen schwere Nierenschäden. Zudem sind häufig minderwertige Eiweißbestandteile enthalten, die dem Sportler nicht helfen. Viele Riegel enthalten außerdem übermäßig viele Kohlenhydrate – also Zucker oder dessen Austauschstoffe. Spitzensportler kennen auch die Gefahr gelegentlich in Eiweißpulvern enthaltener, im Wettkampfsport verbotener (Doping-) Substanzen.

Was halten Sie von beliebtenLeistungsförderern oder ergogenen Stoffen wie Kreatin, Carnitin oder Aminosäuren?

Stoffe wie Kreatin und Carnitin werden mit der Nahrung eigentlich in ausreichender Form aufgenommen oder vom Körper selbst hergestellt. Kreatin wird in der Muskulatur benötigt. Carnitin spielt eine Rolle im Fettstoffwechsel. Kreatin könnte in bestimmten Sportarten wie im Kraftsport oder in Sprint-Sportarten einen leistungsfördernden Einfluss auf die Muskulatur haben. Carnitin soll die Erholung nach dem Wettkampf positiv beeinflussen. Ob die übermäßige Zufuhr dieser Stoffe wirklich die Leistung oder Erholung in bestimmten Sportarten günstig beeinflusst, ist wissenschaftlich umstritten. Beachtet werden sollten mögliche Nebenwirkungen auf den Magen-Darmtrakt wie Übelkeit, Blähungen oder Durchfall. Zudem können auch hier auf der Dopingliste stehende Stoffe enthalten sein.

Magnesium gilt als klassisches Sportler-Mineral. Wie wichtig isteine zusätzliche Einnahme?

Leistungssportler nehmen vor allem hierzulande häufig Magnesium ein, um Krämpfe zu vermeiden oder ihre Leistungsfähigkeit zu steigern. Es gibt jedoch gute Arbeiten, die nachweisen, dass beide Effekte durch Magnesium nicht erzielt werden können. Sinnvoll kann dagegen eine Magnesiumzufuhr im Verletzungsfall sein.

Haben Getränke mit isotonischer Wirkung wie das alkoholfreieWeizen nach Wettkämpfen wirklich einen positiven Effekt?

Viel wichtiger ist bei diesem Aspekt die richtige Ernährung, auch vor dem Wettkampf. Während des Wettkampfes oder in der Pause kann dem Körper zusätzliche Energie durch kurzstreckige Kohlenhydrate wie im Traubenzucker oder durch isotonische, also elektrolythaltige Getränke zugeführt werden. Nach dem Wettkampf kann es dann auch mal ein alkoholfreies Weizen sein. Gelegentlich soll auch mal ein normales Bier mit den Sportfreunden wahre Wunder bewirken.