Braunschweig. Die Deutschen kaufen mehr Nahrungsergänzungsmittel. Doch zu viel kann auch schaden.

Viele Deutsche gönnen sich eine Extraportion Vitamine, Mineralstoffe oder Spurenelemente. Dabei sind sie im Normalfall überflüssig – wie auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erklärt, das die Bundesregierung und die Länder zur Sicherheit von Nahrungsergänzungsmitteln berät.

Laut einer aktuellen Erhebung stieg die Nachfrage der Deutschen nach Nahrungsergänzungsmitteln im vergangenen Jahr um 4,4 Prozent. Insgesamt erwarben Verbraucher somit 165 Millionen Packungen im Wert von 1,1 Milliarden Euro – die Artikel bei Discountern wie Aldi oder Lidl sind da noch gar nicht mit eingerechnet. Bei der Nachfrage stehen Magnesiumpräparate auf Platz eins. Calcium und Eisenpräparate folgen auf Platz zwei und drei.

Dabei ist die Einschätzung des BfR unmissverständlich: „Nahrungsergänzungsmittel sind für gesunde Personen, die sich normal ernähren, in der Regel überflüssig. Bei ausgewogener Ernährung bekommt der Körper alle Nährstoffe, die er braucht“, heißt es dort. Aber warum kaufen dann so viele Menschen die Tabletten, Dragees oder Pülverchen?

„Dem liegt sicher auch die Annahme zugrunde, dass viel auch viel hilft“, erklärt Ernährungsberaterin Stephanie Mißler. Viele Menschen befürchteten offenbar, dass sie sich nicht gut genug ernähren, vermutet die Leiterin der Ernährungsberatung im Braunschweiger Schlosscarree. Ein Trend sei derzeit die Sorge, an einem Vitamin-D-Mangel zu leiden. Damit der Körper dieses bilden kann, benötigt er jedoch Sonnenlicht. Und so wächst gerade in der dunklen Jahreszeit die Angst, unterversorgt zu sein. Das sei in einzelnen Bevölkerungsgruppen möglich, so Mißler. Aber erst wenn eine ärztliche Untersuchung einen Mangel ergebe, solle zu entsprechenden Präparaten gegriffen werden. Lediglich Schwangere sollten generell zu Jod und Folsäure greifen, auch Veganer sollten Vitamin-B12-Produkte kaufen.

Überflüssig ist nach Ansicht der Ernährungsberaterin dagegen die Einnahme von Vitamin C oder Zink. Beides soll in Kombination vor Infekten schützen. „Zink kommt in der Nahrung reichlich vor. Die empfohlene Tagesdosis erreicht jeder“, betont Mißler. Und Vitamin C sei in vielen Obst- und Gemüsesorten enthalten. Die Einnahme von hohen Dosen in Pulver- oder Tablettenform könne negative Folgen für den Körper haben und beispielsweise Nierensteine verursachen, erklärt die Ökotrophologin.

Auch Britta Friedrich weiß um die Gefahren der übereifrigen Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln. Die Einnahme von Vitamin E habe bei Rauchern sogar zu einer erhöhten Krebsgefahr geführt, berichtet die Sportwissenschaftlerin und Ernährungsberaterin von einer Studie. Generell steht die 47-Jährige Nahrungsergänzungsmitteln jedoch positiv gegenüber. „Man kann damit viel Gutes tun, aber eben leider auch Schaden anrichten, wenn es einem an Know-How fehlt“, fasst sie ihre Haltung zusammen.

Eigentlich sei die Annahme richtig, dass der Mensch bei idealen Rahmenbedingungen keine Zusatzpräparate einnehmen müsse. Gute Ernährung, ausreichend Bewegung, kein Stress, wenig Umweltgifte – dann sei alles in Ordnung. „In der Realität sieht das meist anders aus und so gerät leicht etwas aus der Balance“, erklärt die Wendeburgerin. In dem Fall könne die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln Sinn machen – aber nur situations- und bedarfsgerecht. Bei Mangelerscheinungen könne dann sogar nützlich sein, die Präparate über die empfohlene Tagesdosis hinaus einzunehmen, so die Sportwissenschaftlerin. Allerdings solle nicht zu Drogerieprodukten gegriffen werden. Viele Apothekenprodukte seien qualitativ besser und Beratung gebe es obendrein.