Berlin. Ohne Münzen, nur ein Schwenk mit Kreditkarte: Die Technik, Einkäufe im Vorbeigehen zu zahlen, wird sich im Jahr 2017 weiter verbreiten.

Kleingeld kann nerven. An der Kasse kramt der Mann vor einem umständlich Cent für Cent aus der Hosentasche, bis er passend zahlt. Die Schlange, die sich hinter ihm bildet, kümmert ihn nicht. Das kann sich in diesem Jahr ändern: Kunden werden wohl viel öfter ohne Scheine und Münzen, auch ohne Unterschrift und PIN-Code zahlen.

Bisherige Versuche, den Deutschen das Bargeld abzugewöhnen, haben nicht viel geändert. Im Internet begleichen viele ihre Rechnung mit Paypal oder anderen neu entwickelten Verfahren. An der Kasse nicht. Doch nun prophezeien Experten den Wandel.

„Das geht jetzt schneller voran“

„Die neuen Bezahlverfahren kommen“, sagt Frank-Christian Pauli, der den Markt für den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) beobachtet. „Da ändert sich einiges, wir sind im Übergang“, meint auch Ulrich Binnebößel, Experte für Zahlungssysteme beim Handelsverband Deutschland (HDE). Und Marco Liesenjohann vom Digitalverband Bitkom erklärt: „Das geht jetzt schneller voran.“

Von „kontaktlosem Zahlen“ sprechen die Experten. Nötig ist dafür eine Girokarte – einst die EC-Karte –, eine Kreditkarte der modernen Generation oder ein Smartphone. Die Karten sind am aufgedruckten Wellensymbol zu erkennen. Das Emblem zeigt an: Sie sind mit einem Mikrochip und einer unsichtbaren Funkantenne ausgestattet.

Bis 25 Euro ohne Unterschrift oder Pin

Das Prinzip erklärt Digitalexperte Marco Liesenjohann: „Der Kunde hält die Karte an den Bezahlterminal, er muss sie nicht mehr in einen Schlitz schieben, wartet kurz – fertig. Es piept und das Geld ist abgebucht.“ Lesegerät und Kartenchip tauschten in einem Abstand von wenigen Zentimetern Daten wie Kartennummer, Gültigkeitsdatum und Betrag aus. So fix geht das allerdings nur bei Beträgen unter 25 Euro. Bei höheren Summen sind weiterhin PIN oder Unterschrift nötig.

Nicht mehr kramen oder stecken, nur noch hinhalten – das ist heute schon an vielen Kassen möglich. Der Handel habe schon vor einiger Zeit damit angefangen, auf „Tap&Go“ umzurüsten, sagt Branchenkenner Binnebößel. Zu den Ersten hätten etwa Discounter wie Aldi und Lidl gehört. Auch bei Drogerieketten wie dm und Rossmann, bei Supermärkten wie Rewe und Edeka oder in Parfümerien der Douglas-Gruppe könne bereits kontaktlos gezahlt werden. 60 Prozent der großen Ketten und 20 Prozent der kleineren Unternehmen böten dies an. Bis Ende 2017 soll das dann „fast überall“ möglich sein – in Gartencentern, Tankstellen, Kiosken.

So funktioniert das Prinzip

Die Funktechnik, die dahinter steckt, heißt kurz NFC für Near Field Communication. Diese Nahfeldkommunikation sei „schneller und robuster“ als alles bisherige, meint Binnebößel: „Sie müssen nicht mehr gucken, wie Sie die Karte in den Schlitz stecken. Sie hören auch nicht mehr den Satz ,Ihre Karte ist nicht lesbar‘“. Vor allem Kreditkarten, etwa die von Mastercard oder Visa, haben schon die neue Funktion. Volksbanken, Sparkassen und andere treiben das kontaktlose Bezahlen aber auch bei der Girocard voran. Die meisten Kunden hingegen nutzen das alles bisher kaum. So mancher Verbraucher hat Bedenken in Sachen Sicherheit.

Gebühren müssten Kunden nicht fürchten

Im Grunde ausgeschlossen sei, dass man aus Versehen zahlt, wenn man nur an einer Kasse vorbeigeht, sagt Pauli. Wer auf Nummer sicher gehen will, könne die Karte aber in eine speziell beschichtete Hülle verwahren, die jegliche Funkverbindungen verhindert. Zum Teil würden sie von den Banken selbst angeboten. In Online-Shops gebe es sie für rund 5 Euro.

Der Bezahlvorgang selbst wird zudem per EMV-System abgesichert, das auch schon die Chips auf EC- und Kreditkarten vor dem Kopieren schützt. Einfaches scannen und kopieren der Karten ist also nicht möglich.

Regelmäßig Auszüge checken

Trotzdem rät Verbraucherschützer Pauli, mit dem Einzug von immer mehr Technik regelmäßig seine Kontoauszüge durchzuschauen. „Melden Sie alle Überweisungen, die Ihnen komisch vorkommen, schnellstmöglich dem Finanzinstitut“, so Pauli. Der Kunde hafte in der Regel bis zu einem Betrag von 150 Euro. Schäden darüber hinaus müsse aber die Bank übernehmen, wenn etwa Betrüger es schafften, die Karten auszulesen und teuer im Internet einzukaufen. Werde die Karte von jemandem ergaunert, müsse man sie „sofort“ sperren lassen.

Verdeckte Gebühren müssten Kunden für die neuen Karten mit NFC-Funktion nicht fürchten. Die Regeln seien die für Kredit- oder Girokarten. Und das gelte auch für den Datenschutz.