Berlin. Stiftung Warentest hat 20 fleischlose Würste, Schnitzel und Frikadellen untersucht, nur wenige sind gut. Zusatzstoffe und Rückstände von Mineralöl können Verbrauchern den Appetit verderben.

. Mal etwas Neues ausprobieren, der Gesundheit oder den Tieren zuliebe – die Gründe für Verbraucher, zu fleischlosen Schnitzeln, Frikadellen und Würstchen zu greifen, sind vielfältig. Allein 2015 wuchs der Umsatz um 30 Prozent auf 310 Millionen Euro. Stiftung Warentest hat 20 Produkte unter die Lupe genommen. Die Ergebnisse zeigen: Es gibt leckere Ersatzprodukte, die den Speiseplan sinnvoll ergänzen können. Gesundheits- und umweltbewusste Verbraucher liegen nach Ansicht der Tester mit den Produkten aber nicht unbedingt richtig.

Geschmack

Die Warentester stürzten sich auf Bratgut: Wurst, Schnitzel und Frikadellen. Am besten schnitt Hersteller Valess ab, dessen Veggie-Ware auf Milch basiert:
Sowohl das fleischfreie Schnitzel als auch die Bratwurst schnitten „gut“ und jeweils als Produktgruppensieger ab. Bei den Frikadellen führt Rügenwalder Mühle die Tabelle an. Auch geschmacklich konnten viele Fleischalternativen punkten. Wenn das jeweilige Produkt fehlerfrei war, also sich im Mund etwa nicht breiig oder gummiartig anfühlte, vergaben die Tester das Urteil „gut“ für die sogenannte Sensorik. Prüfer im Labor verkosteten dafür über mehrere Wochen Fleischersatzprodukte, um das Optimum bei Geschmack und Konsistenz festzustellen. Neun Kandidaten bestanden den Test. „Nach Fleisch schmecken mussten sie dafür nicht“, sagt Ernährungsexpertin Isabella Eigner von der Stiftung Warentest. Wenn ein Fleischersatz es aber schaffte, sich Fleisch geschmacklich anzunähern, gab es Pluspunkte. So brachten es die „leicht an Geflügelfleisch erinnernden“ Schnitzel von Valess und Rügenwalder Mühle im Punkt Sensorik sogar auf ein „sehr gut“.

Schadstoffe

Das Gesamturteil für das Rügenwalder-Schnitzel lautete dennoch „mangelhaft“. Die Tester wiesen darin sehr hohe Mengen problematischer Mineralölbestandteile nach, vor allem gesättigte Mineralöl-Kohlenwasserstoffe, kurz Mosh. 400 Milligramm pro Kilogramm – „einer der höchsten Werte, den wir je gefunden haben“, so Eigner. In den vegetarischen Würsten von Taifun, Viana, Alnatura, Alberts und der Eigenmarke von Netto Markendiscount Biobio wiesen die Tester Gehalte von 20 bis 60 Milligramm Mosh pro Kilogramm Wurst nach. Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) bewertet die Aufnahme von Mosh durch die Nahrung als potenziell besorgniserregend.

„Einige Verbindungen können sich in inneren Organen wie Leber oder Milz ansammeln und auf Dauer zu hohen Belastungen führen“, erklärt Eigner. Auf Nachfrage hätten alle Hersteller den Prüfern mitgeteilt, dass Weißöle die Ursache für ihren Fund seien. Es handele sich „um ein Paraffin, das nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand für den Menschen unschädlich ist“, teilt Rügenwalder Mühle als Reaktion auf den Test in einer Stellungnahme mit. Obwohl es gesundheitlich „völlig unbedenklich“ sei, habe man den Rohstoff unverzüglich ausgetauscht. Als Hilfsstoff bei der Herstellung seien Weißöle zugelassen, bestätigt die Stiftung, beispielsweise als Trennmittel. Ins Lebensmittel müssten sie deshalb aber nicht zwangsläufig gelangen. Dass über die Hälfte der Produkte im Test in puncto Schadstoffe gut abschneide, sei der Beweis, dass sich solche Einträge vermeiden lassen, so Eigner.

Gesundheit

Fast alle Schnitzel, Frikadellen und Würste enthalten Zusatzstoffe, etwa Aromen und Verdickungsmittel. „Per se problematisch
ist keiner der Stoffe, die wir gefunden haben. Wer aber bewusst auf sie verzichten möchte, muss die Zutatenliste genau lesen“, sagt Eigner.

Der Gesundheit kann es grundsätzlich guttun, wenig oder gar kein Fleisch zu essen. Zwischen 300 und 600 Gramm empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) pro Woche. Wer sich abwechslungsreich und ausgewogen ernähre, könne auf Fleisch auch verzichten, als Proteinlieferant sei es nicht unbedingt nötig. Hochwertiges Eiweiß stecke etwa auch in Getreide und Hülsenfrüchten. Zwar enthält auch Fleischersatz oft Erbsen, Sojabohnen und Lupinen, doch in ihrer stark verarbeiteten Form bieten sie oft nicht mehr die gleichen Vorteile. „Wer sich die Nährwerttabelle genau anschaut, stellt fest, dass in einigen Produkten auch viel Fett und Salz enthalten ist“, sagt Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg. Auch im aktuellen Test haben nur zwei Produkte je Gruppe eine Zusammensetzung, die gut in eine ausgewogene Ernährung passt.

„Bei den Veggie-Grillern von Meica überschreitet der Esser mit 100 Gramm Wurst den Gehalt an Fett, den Experten für eine Hauptmahlzeit als tolerierbar einstufen“, sagt Eigner. Bei den Frikadellen von Berief liege der Verbraucher nach 100 Gramm bereits bei zwei Dritteln der empfohlenen Tageszufuhr an Salz.

Umwelt

Vom grünen Image der Produkte ist Stiftung Warentest nicht überzeugt. Zwar „müssen keine Tiere dafür sterben“, erklärt Eigner, viele enthalten aber Milch, zehn der Produkte das Eiweiß von Hühnereiern, „zwei davon nach eigenen Angaben aus Bodenhaltung“, so Eigner: die Würste von Meica sowie die Frikadellen von Berief. Auf der Verpackung stehen muss das nicht, erklärt Verbraucherschützer Valet, „bei verarbeiteten Produkten ist das leider nicht verpflichtend“.

Auch die Herkunft des oft enthaltenen Sojas fragten die Tester ab. „Wenn Soja etwa aus Brasilien stammt, wurde dafür unter Umständen Regenwald gerodet, in puncto Umweltschutz ist der Verbraucher mit solchen Produkten nicht auf der sicheren Seite“, sagt Isabella Eigner. Nur zwei Anbieter gaben an, dass ihre Produkte ausschließlich europäisches Soja enthalten.