Berlin. Immer mehr Menschen verzichten auf Fleisch und greifen zu Ersatzprodukten. Laut Stiftung Warentest nicht immer die beste Alternative.

Mal etwas Neues ausprobieren, der Gesundheit oder den Tieren zuliebe – die Gründe für Verbraucher, zu fleischlosen Schnitzeln, Buletten und Würstchen zu greifen, sind vielfältig. Zumindest in Sachen Gesundheits- und Umweltschutz liegen Käufer damit jedoch nicht unbedingt richtig, wie eine Untersuchung der Stiftung Warentest zeigt. Die Verbraucherschützer nahmen 20 Fleischersatzprodukte unter die Lupe – nur wenige sind lecker und ergänzen den Speiseplan sinnvoll.

Geschmack

Die Warentester stürzten sich auf Bratgut: Wurst, Schnitzel und Frikadellen. Am besten schnitt Hersteller Valess ab: Sowohl das fleischfreie Schnitzel als auch die Bratwurst schnitten „gut“ und jeweils als Produktgruppensieger ab. Bei den Buletten führt Rügenwalder Mühle die Tabelle an.

Auch geschmacklich konnten viele Fleischalternativen punkten. Prüfer im Labor verkosteten über Wochen Fleischersatzprodukte, um das Optimum bei Geschmack und Konsistenz festzustellen. Wenn das jeweilige Produkt fehlerfrei war, also sich im Mund etwa nicht breiig oder gummiartig anfühlte, vergaben die Tester das Urteil „gut“ für die sogenannte Sensorik. Neun Kandidaten bestanden den Test. Wenn ein Fleischersatz es zusätzlich schaffte, sich Fleisch geschmacklich anzunähern, gab es Pluspunkte. So brachten es die „leicht an Geflügelfleisch erinnernden“ Schnitzel von Valess und Rügenwalder Mühle im Punkt Sensorik sogar auf ein „sehr gut“.

Schadstoffe

Das Gesamturteil für das Rügenwalder-Schnitzel lautete dennoch „mangelhaft“. Die Tester wiesen darin sehr hohe Mengen von Mineralölbestandteilen nach, vor allem gesättigte Mineralöl-Kohlenwasserstoffe, kurz Mosh. 400 Milligramm pro Kilogramm – „einer der höchsten Werte, den wir je gefunden haben“, erklärt Ernährungsexpertin Isabella Eigner von Stiftung Warentest. In den vegetarischen Würsten von Taifun, Viana, Alnatura, Alberts und der Biobio-Eigenmarke von Netto wiesen die Tester Gehalte von 20 bis 60 Milligramm Mosh pro Kilogramm Wurst nach.

Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) bewertet die Aufnahme von Mosh durch die Nahrung als potenziell besorgniserregend. „Einige Verbindungen können sich in Leber oder Milz ansammeln und auf Dauer zu hohen Belastungen führen“, erklärt Eigner. Auf Nachfrage hätten alle Hersteller den Prüfern mitgeteilt, dass Weißöle die Ursache für ihren Fund seien. Es handele sich „um ein Paraffin, das nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand für den Menschen unschädlich ist“, teilt Rügenwalder Mühle als Reaktion auf den Test in einer Stellungnahme mit. Es sei für die Lebensmittelherstellung ausdrücklich zugelassen. Man habe den Rohstoff dennoch unverzüglich ausgetauscht.

Diese Einschätzung decke sich nicht mit der Bewertung der Efsa, kommentiert die Stiftung. Als Hilfsstoff bei der Herstellung seien Weißöle zwar zugelassen – etwa als Trennmittel – ins Lebensmittel müssten sie deshalb aber nicht zwangsläufig gelangen. Dass über die Hälfte der Produkte im Test in puncto Schadstoffe gut abschneide, belege, dass sich solche Einträge vermeiden ließen, so Eigner.

Gesundheit

Fast alle Schnitzel, Frikadellen und Würste enthalten Zusatzstoffe, etwa Aromen und Verdickungsmittel. „Per se problematisch ist keiner der Stoffe, die wir gefunden haben. Wer aber bewusst auf sie verzichten möchte, muss die Zutatenliste genau lesen“, sagt Eigner.

Der Gesundheit kann es grundsätzlich guttun, wenig oder gar kein Fleisch zu essen. Zwischen 300 und 600 Gramm empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) pro Woche. Wer sich abwechslungsreich und ausgewogen ernähre, könne auf Fleisch auch verzichten, als Proteinlieferant sei es nicht unbedingt nötig. Hochwertiges Eiweiß stecke etwa auch in Getreide und Hülsenfrüchten. Zwar enthält auch Fleischersatz oft Erbsen, Sojabohnen und Lupinen, doch in ihrer stark verarbeiteten Form bieten sie oft nicht mehr die gleichen Vorteile. „Wer sich die Nährwerttabelle genau anschaut, stellt fest, dass in einigen Produkten auch viel Fett und Salz enthalten ist“, sagt Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Auch im aktuellen Test haben nur zwei Produkte je Gruppe eine ausgewogene Zusammensetzung. „Bei den Veggie-Grillern von Meica überschreitet der Esser mit 100 Gramm Wurst den Gehalt an Fett, den Experten für eine Hauptmahlzeit als tolerierbar einstufen“, erklärt Eigner. Bei den Frikadellen von Berief liege der Verbraucher nach 100 Gramm bereits bei zwei Dritteln der empfohlenen Tageszufuhr an Salz.

Umwelt

Vom grünen Image der Produkte ist Stiftung Warentest nicht überzeugt. Zwar „müssen keine Tiere dafür sterben“, erklärt Eigner, viele enthalten aber Milch, zehn der Produkte das Eiweiß von Hühnereiern, „zwei davon nach eigenen Angaben aus Bodenhaltung“, erklärt Eigner: die Würste von Meica sowie die Buletten von Berief. Auf der Verpackung stehen muss die Info nicht, erklärt Verbraucherschützer Valet, „bei verarbeiteten Produkten ist das leider nicht verpflichtend“. Auch die Herkunft des oft enthaltenen Sojas fragten die Tester ab. „Stammt es etwa aus Brasilien, wurde dafür unter Umständen Regenwald gerodet, in puncto Umweltschutz sind Verbraucher dann nicht auf der sicheren Seite“, sagt Eigner. Nur zwei Anbieter gaben an, ausschließlich europäisches Soja einzusetzen.