San Francisco. Die Verkaufsgerüchte um Twitter kommen in Schwung: Jetzt wird auch Disney als Interessent gehandelt. Der Medienkonzern hätte das Geld, ein Kauf des Kurznachrichtendienstes würde aber auch Herausforderungen bringen.

Der Unterhaltungsriese Disney prüft laut Medienberichten ein Gebot für den Kurznachrichtendienst Twitter. Die jüngsten Experimente von Twitter mit Live-Übertragungen von Sportereignissen hätten die Aufmerksamkeit von Disney-Chef Robert Iger auf sich gezogen.

Das schrieb das "Wall Street Journal" unter Berufung auf informierte Personen. Bereits am Montagabend hatte der Finanzdienst Bloomberg berichtet, Disney habe Berater engagiert, die einen Deal durchrechnen sollen. Während die Disney-Aktie danach 1,4 Prozent verlor, kletterte der Twitter-Kurs um weitere 3,3 Prozent.

Nach dem Kursverfall seit dem vergangenen Jahr wurde Twitter schon länger als Übernahmekandidat gehandelt. Am vergangenen Freitag waren Medienberichte aufgekommen, wonach Google und der Unternehmenssoftware-Spezialist Salesforce an einer Übernahme von Twitter interessiert seien. Die Twitter-Aktie sprang daraufhin um gut ein Fünftel hoch und das verlustreiche Unternehmen war an der Börse zuletzt knapp 20 Milliarden Dollar wert. Das ist immer noch erst die Hälfte des Werts vor Beginn der Kurs-Talfahrt.

Twitters Mitgründer und aktueller Chef, Jack Dorsey, sitzt schon seit 2013 im Verwaltungsrat von Disney. Er hatte zuletzt das Ziel ausgegeben, Twitter stärker zum Ort zu machen, an dem sich Menschen über aktuelle Ereignisse informieren und will noch mehr auf Video setzen. Zu Disney gehören neben Kinderkanälen auch der Sender ABC und der Sportkanal ESPN.

Wie auch der Rest der amerikanischen Fernsehbranche haben die Disney-Sender mit der Abwanderung von Zuschauern zu kämpfen, die ihre teuren Kabel-Abos kündigen und Video online schaun. Twitter könnte in dieser Situation ein weiterer Übertragungsweg sein. Allerdings dürften mit Disney als Eigentümer Deals mit konkurrierenden Programmanbietern schwieriger werden. Zudem könnte es einen Konflikt zwischen dem Disney-Image der Familienunterhaltung und Twitters Problem mit Hassrede und Beleidigungen.

Andere Medienunternehmen wie Time Warner, 21st Century Fox mit seinen Fox-Sendern und Comcast mit NBC sowie der Telekom-Konzern AT&T wollten Twitter nicht kaufen, schrieb Bloomberg. Microsoft sei als möglicher Käufer angesprochen worden, habe aber kein Interesse, hieß es unter Berufung auf unterrichtete Personen.

Iger zeigte in seiner gut zehnjährigen Amtszeit ein exzellentes Gespür bei Übernahmen im Kreativ-Bereich, hatte aber weniger Glück bei Deals im Online-Bereich. Die Übernahmen des Comic-Spezialisten Marvel und des "Star-Wars"-Studios Lucasfilm für jeweils rund vier Milliarden Dollar erwiesen sich als Goldgrube. Und der Kauf des Computer-Animationsstudios Pixar für 7,4 Milliarden Dollar brachte 2006 frischen Schwung in Disneys schwächelnde Trickfilm-Sparte. Dagegen gab es bei dem für 500 Millionen Dollar übernommenen Onlinevideo-Produzenten Maker Studios in diesem Jahr Entlassungen. Und auch die Spiele-Sparte kam trotz Zukäufen nicht aus den roten Zahlen und wurde zuletzt gestutzt.