Düsseldorf. Apps fürs Auto, „Zugpferd“ für den Rollstuhl – die Messe Rehacare zeigt Hilfsmittel, die Menschen mit Handicap den Alltag erleichtern.

Die neuesten technischen Hilfen und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen oder Patienten mit Pflegebedarf werden vom 28. September bis 1. Oktober 2016 auf der internationalen Fachmesse Rehacare in Düsseldorf vorgestellt. Sie erreicht in diesem Jahr ein Rekordniveau – mit 910 Ausstellern aus 36 Ländern auf 32.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Eine Auswahl von Neuheiten im Überblick.

Autos mit einer App bedienen

Behinderte Fahrer benötigen maßgeschneiderte Um- und Einbauten im Auto, damit sie sicher unterwegs sind. Spezialanbieter und große Automobilfirmen wie Audi, Fiat, Mercedes Benz und Volkswagen haben sich auf dieses Klientel eingestellt. So sind etwa 15 Fahrhilfen ab Werk für diverse Mercedes-Benz-Modelle (jetzt auch für die neue E-Klasse) erhältlich – dazu gehören Lenkhilfen, Handbediensysteme sowie Pedalveränderungen und Technik zum bequemen Ein- und Aussteigen.

Der schwäbische Fahrzeugumrüster Paravan hat ein Touch-Display fürs Cockpit entwickelt, über das Scheibenwischer oder Fensterheber gesteuert werden können. Viele Funktionen wie das Herausfahren des Rollstuhlliftes lassen sich jetzt auch mithilfe einer App ausführen – diese soll es demnächst ermöglichen, das Fahrzeug von außen aus einer Parklücke zu manövrieren.

Rollator in Kooperation mit Porsche entwickelt

Die Sodermanns GmbH stellt Lift- und Verladesysteme für Rollstühle vor, die auch von Menschen mit geschwächten Kräften bedient werden können – unter anderem mit einer App via Smartphone. Zudem hat der Anbieter den neuen VW Caddy 4 mit einem anpassbaren und drehbaren Sitz für Kinder mit Mehrfachbehinderungen ausgestattet.

Der Rollator wird stylish: Alevo heißt die neue Gehhilfe, die in Kooperation mit dem Porsche Design-Studio Berlin entwickelt wurde. Sie lässt sich mit einem Handgriff zusammenklappen und wiegt 5,8 Kilogramm, weil sie aus Carbon besteht – ein Werkstoff, den man aus dem Flugzeugbau und Rennsport kennt. Außerdem soll sich Alevo dank sechs verschiedener Höheneinstellungen an die Körpergröße des Benutzers anpassen.

Künstliche Intelligenz hilft Rollstuhl

Wer nach einer Operation sein Bein nur behutsam belasten darf, für den kann der Fußentlastungsrollator NH1 von Orthoscoot das Richtige sein: Der Unterschenkel wird auf einer Knieauflage gelagert, was verhindern soll, dass der Fuß anschwillt. Und damit Treppen auch unterwegs nicht zu unüberwindbaren Hindernissen werden, wurde der mobile Treppensteiger CR230 (Firma AAT) mit klappbarem Sitz und für den Transport von Personen bis 230 Kilogramm entwickelt. Er lässt sich zusammenklappen und passt in den Kofferraum.

Zu den Neuigkeiten für Rollstühle zählt Linx, ein Steuerungssystem mit Bluetoothtechnologie: Seine „künstliche“ Intelligenz lernt mit und passt sich laut dem Hersteller Invacare den Nutzergewohnheiten an.

App erinnert an Sitzposition

Ohne Anstrengung Bordsteinkanten und unwegsame Strecken meistern sollen Rollstuhlfahrer mit den Zuggeräten von Swiss-Trac , das sind batteriebetriebene Zusatzantriebe. Als Neuheit wird auf der Rehacare auch der Co-Seat des Remscheider Unternehmens Motion Solutions (moso) präsentiert: Dahinter verbirgt sich ein dynamisches Sitzsystem. Ähnlich wie bei einer Halbkugel, auf deren Rundung eine in alle Richtungen bewegliche Platte aufliegt, soll der Co-Seat flexibel sein. Dabei soll er allerdings stets vom Nutzer gesteuert und nach Wunsch kontrolliert werden können.

Apropos dynamisches Sitzen: Weil vor allem Elektrorollifahrer regelmäßig die Sitzposition wechseln sollen, um physische Belastungen und Komplikationen zu verhindern, können sie sich künftig über eine App daran erinnern lassen. Virtual Seating Coach (VSC) heißt diese und sie wurde mit Wissenschaftlern der US-Universität Pittsburgh entwickelt. Ihr liegt eine Steuerung durch eine Cloud zugrunde, in die der Arzt einen Therapieplan einpflegt.

Hilfe für Pflege und Rehabilitation

Gefährlich hoch ist so manches Bett – vor allem, wenn man hinausfällt. Deshalb lässt sich das barrierefreie Modell Practico Ultraniedrig 9,5/80 (von Hermann Bock) auf weniger als zehn Zentimeter absenken. Diese Position knapp oberhalb des Bodens schützt den Liegenden vor den Folgen eines Sturzes und man kommt sogar auf allen Vieren wieder hinein.

Ist man nicht mehr in der Lage, die Zahnbürste zu halten, kann die elektrische Zahnbürste t.brush (von Gripability) helfen: Sie soll dank eines rotationsfähigen Griffbügels sicher in der Hand liegen. Beim Essen unterstützt dann der neue iEAT Essroboter, wenn die Finger, Hände oder Arme nicht mehr richtig gehorchen wollen – er lässt sich automatisch oder halb automatisch am Tisch handhaben und reicht manierlich Suppenlöffel oder Nudelgabel an (von Assistive Innovations B. V. aus den Niederlanden).

Rauchmelder blitzt und vibriert

Wenn es brennt, kann der neue Rauchwarnmelder der Firma Ei Electronics für Hörgeschädigte lebensrettend sein: Er macht die Feuergefahr nicht mit Sirenentönen, sondern mithilfe von leuchtenden Blitzen und einem Vibrationskissen deutlich.

Damit auch Menschen, die sprachlich beeinträchtigt sind, ihre Anliegen verdeutlichen können, hat Rehavista (Experte im Bereich Hilfsmittelversorgung) Kommunikationsmöglichkeiten wie Bildkarten, -tafeln oder elektronische Sprachcomputer entwickelt. Neuestes Produkt: Ein Heft für geflüchtete Menschen, mit dem auf Arabisch oder Albanisch Situationen beim Arzt erklärt und Ängste genommen werden können.