Braunschweig. Klassische Spieleverlage setzen auch auf das Smartphone. Allerdings floppte schon manche Reihe.

Die App „Galaxy Trucker“ gibt es bereits als Brettspiel und ist auch als App sehr erfolgreich.
Die App „Galaxy Trucker“ gibt es bereits als Brettspiel und ist auch als App sehr erfolgreich. © Britta Pedersen/dpa

Der Name klang modern: Smart-Play. Die Experten bei Branchenprimus Ravensburger waren sich sicher: Die Zukunft der Gesellschaftsspiele ist die Verquickung von klassischem Brettspiel mit digitalen Elementen. Also starteten sie vor zwei Jahren die neue Reihe. Smart-Play-Spiele kamen mit einer App, die das Spiel erklärte und über die Kamera des Smartphones verfolgte. Dazu musste das Telefon in ein Stativ einspannt werden, so dass das gesamte Spielbrett aufgenommen werden konnte. Beim größten deutschen Spieleverlag hoffte man, „die Revolution am Brettspielemarkt“ im Angebot zu haben.

Bei den Smart-Play-Brettspielen ist ein Smartphone in den Spielablauf integriert. Die Reihe war ein teurer Flop.
Bei den Smart-Play-Brettspielen ist ein Smartphone in den Spielablauf integriert. Die Reihe war ein teurer Flop. © Daniel Karmann/dpa

So kam es allerdings nicht. Smart-Play wurde ein kolossaler Flop, flog schon nach einigen Monaten wieder aus dem Verlagsprogramm. Obwohl jährlich rund 1000 Gesellschaftsspiele auf dem deutschen Markt erscheinen, sind seitdem kaum noch Spiele mit App-Unterstützung veröffentlicht worden, Kinder- und Lernspiele einmal ausgenommen. Die Experten bei Ravensburger hatten unterschätzt, dass sich viele Brettspieler bewusst für eine analoge, kommunikative Art des Spielens entscheiden und zumindest während des Spiels gerne mal handyfrei sein wollen. Was nicht heißt, dass diese Menschen etwas gegen Spiele-Apps hätten, ganz im Gegenteil: Viele begeisterte Brettspieler sind ebenfalls glühende Anhänger von Apps, nämlich dann, wenn sie entweder alleine sind, auf Reisen, nicht viel Zeit haben oder ein neues Spiel einmal günstig ausprobieren wollen.

Spieleverlage haben dies erkannt und App-Umsetzungen zu vielen Gesellschaftsspielen entwickelt. So bekommen Fans der Spiele das Beste aus beiden Welten geboten: große Brettspiele mit viel Material, wenn ein Spieleabend mit der Familie oder den Freunden anliegt, und schnell zu spielende separate Apps, wenn gerade einmal keine Mitspieler zur Hand sind oder diese schlicht keine Lust haben, ein Spiel herauszukramen und sich für eine Stunde an den Tisch zu setzen. Fünf Spiele, die sowohl als richtiges Brettspiel als auch als gut funktionierende App existieren, stellen wir hier vor.

Splendor: Die perfekte Kombi

Bei „Splendor“ schlüpfen die Spieler in die Rolle von Edelsteinhändlern, die darum wetteifern, Rohdiamanten in Juwelen umzuwandeln. Dazu benötigen sie Minen, Transportwege und Kunsthandwerker, die im Laufe des Spiels eingesammelt werden. Das Spielmaterial im analogen Spiel ist unschlagbar: dicke Pokerchips, die sich tatsächlich wie schwere Diamanten anfühlen, und grandios gestaltete Karten. „Splendor“ ist eines dieser wenigen „Noch-Mal-Spiele“, die meistens mehrfach hintereinander gespielt werden, weil immer jemand eine Revanche fordert. Die App transportiert das Spielgefühl aufs Smartphone und bietet eine Reihe an gelungenen Herausforderungen für Solospieler. Sowohl als Brett- als auch App-Spiel top.

Zug um Zug: Der Trendsetter

„Zug um Zug“, das „Spiel des Jahres 2004“, dürfte eines der bekanntesten Brettspiele seit „Monopoly“ sein. Was weniger bekannt ist: Days of Wonder, Verleger von „Zug um Zug“, erkannten als erste, dass gute App-Umsetzungen eine tolle Ergänzung und hervorragende Werbung für die Originalspiele sind. Erst nachdem die „Ticket to Ride“-App ein voller Erfolg war, wurde das Brettspiel zum weltweit millionenfach verkauften Bestseller. Viele Spieler haben das Brettspiel über die App kennengelernt. Kürzlich wurde die etwas in die Jahre gekommene App noch einmal komplett überarbeitet. Zum Brettspiel erscheinen jährlich Erweiterungen. „Zug um Zug“ ist noch immer ein fantastisches Familienspiel.

Patchwork: Spielen für Verliebte

Brettspiele sind berühmt-berüchtigt für ihre teils abstrusen Themen. Im Zwei-Personen-Spiel „Patchwork“ flicken die Kontrahenten an ihren Tagesdecken herum. Wer die ausliegenden Flicken am geschicktesten und schnellsten so zusammennäht, dass möglichst keine Löcher in der eigenen Patchwork-Decke entstehen, gewinnt. Klingt langweilig, abstrakt und eher nerdig, ist aber durchaus spannend und eines der schönsten Spiele für Paare, die sich abends gerne noch mal für eine halbe Stunde an den Spieletisch setzen. Das Spiel geht flott von der Hand und kann in einen ziemlich aufreibenden Wettkampf ausarten. Und hat man einmal kein Date zur Hand, macht „Patchwork“ auch in der neuen App Spaß.

Galaxy Trucker: Raumschiffbau

Apps bieten gegenüber Brettspielen noch weitere Vorteile: Sie übernehmen sämtliches Kopfrechnen und lassen verbotene Spielzüge gar nicht erst zu. Aus diesem Grund ist die App zum anarchischen Weltraum-Wettrennen „Galaxy Trucker“ vielleicht sogar besser als das Brettspiel. In beiden Versionen bauen die Spieler zuerst in Echtzeit, also gleichzeitig und super hektisch, Gaga-Raumschiffe aus Weltraumschrott zusammen, bevor sie zu einem Wettflug ansetzen, bei dem fast alle Schiffe zu Bruch gehen. Im analogen Spiel kommt es leider häufig zu Fehlern, weil Regeldetails übersehen werden, in der App läuft alles glatt. „Galaxy Trucker“ beweist, dass aus einem guten Gesellschaftsspiel eine noch bessere App werden kann.

Small World: Für Fantasyfreunde

DIE SPIELE

„Splendor“ von Marc André, Brettspiel von Space Cowboys/Asmodee, App (iOS und Android) von Days of Wonder Digital, 6,99 Euro.

„Zug um Zug“ von Alan R. Moon, Brettspiel von Days of Wonder/Asmodee, App „Ticket to ride“ (iOS, 2,99 Euro oder 9,99 Euro, je nach Version, und Android, 6,99 Euro) von Days of Wonder Digital.

„Patchwork“ von Uwe Rosenberg, Brettspiel von Lookout Spiele, App (iOS und Android)

von Digidiced, 2,99 Euro.

„Galaxy Trucker“ von Vlaada Chvatil, Brettspiel vom Heidelberger Spieleverlag, App (iOS und Android) von Galaxy Trucker Digital, 4,99 Euro.

„Small World“ von Philippe Keyaerts, Brettspiel von Days of Wonder/Asmodee, App „Small World 2“ (iOS, Android, Days of Wonder Digital, 6,99 Euro.