Braunschweig. Der Europäische Gerichtshof stärkt die Rechte von Fluggästen und schreibt Entschädigungen bis zu 600 Euro vor.

Flug verspätet oder abgesagt – beides ärgert die Passagiere. Die obersten EU-Richter setzen diese Fälle gleich. Nach ihrem Urteil hat ein Kunde auch bei großen Verspätungen Anrecht auf Ausgleich. Fluggästen stehen bis zu 600 Euro Erstattung zu.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat erneut die Rechte von Fluggästen gestärkt: Schon bei einer Flugverspätung von mehr als drei Stunden müssen Airlines ihren Passagieren einen Ausgleich zahlen. Eine solche Verspätung sei mit der Annullierung eines Fluges gleichzusetzen.

In beiden Fällen habe der Kunde Anspruch auf Entschädigung zwischen 250 und 600 Euro, entschied das oberste europäische Gericht gestern in Luxemburg.

Eine Ausnahme von dieser Regel gebe es nur dann, wenn der Grund für die Verspätung außergewöhnliche Umstände seien, die die Airline nicht beeinflussen könne, erklärten die Richter. Dazu zählten extreme Wetterverhältnisse und in der Regel auch ein Streik.

Fluggesellschaften verweigerten Zahlung

Mit dem Urteil bestätigte der EuGH seine frühere Rechtsprechung aus dem Jahr 2009. In der Praxis beklagen Verbraucherschützer immer wieder, dass die Fluggesellschaften sich weigern, bei Verspätung Entschädigungen zu zahlen. Auch im konkreten Fall hatten sich unter anderem die Fluglinien British Airways und EasyJet an die Gerichte gewandt, weil sie nicht zahlen wollten; Lufthansa wurde von mehreren Passagieren verklagt.

Bereits vor gut drei Wochen hatten die EU-Richter Verbrauchern den Rücken gestärkt. In zwei Urteilen schrieben sie fest, dass Airlines Entschädigungen zahlen müssen, wenn sie Kunden aus betrieblichen Gründen nicht auf dem gebuchten Flug mitnehmen.

Dies betrifft etwa Umbuchungen auf einen anderen Flug als Spätfolge eines Streiks. Der Anspruch gelte auch dann, wenn eine Fluggesellschaft Passagiere auf einen deutlich späteren Anschlussflug umbuche, obwohl die Kunden den Flugsteig rechtzeitig erreichten.

In dem Urteil von gestern legten die Richter eine EU-Verordnung von 2004 aus. Sie staffelt die Entschädigungssummen je nach Entfernung. Der Mindestbetrag von 250 Euro fällt bei Flügen über von 1500 Kilometern oder weniger an; maximal können es 600 Euro sein.

Laut Gerichtshof gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung. Bei mehr als drei Stunden Verspätung seien Fluggäste in der gleichen Situation wie Passagiere, deren Flug gestrichen worden sei, „da sie ähnliche Unannehmlichkeiten hinnehmen müssen, nämlich einen Zeitverlust“. Das Urteil gilt zeitlich unbegrenzt.

Flug hatte 24 Stunden Verspätung

Die Richter fassten zwei Fälle zusammen. In dem einen hatten mehrere Fluggäste die Lufthansa verklagt, weil ihr Flug 24 Stunden Verspätung hatte.

In der anderen Rechtssache, über die das Gericht entscheiden hat, hatten die Unternehmen TUI Travel, British Airways, EasyJet Airline und die International Air Transport Association in Großbritannien geklagt, weil sie sich nicht zu Ausgleichszahlungen an Gäste verpflichten wollten und mit diesem Ansinnen bei der Behörde für Ziviluftfahrt gescheitert waren.dpa